Die Überraschung spielt in der Strategie eine viel wich- tigere Rolle als in der Taktik; sie ist das wirksamste Prin- zip zum Siege. Der Kaiser von Frankreich, Friedrich II., Gustav Adolph, Cäsar, Hannibal, Alexander verdanken ih- rer Schnelligkeit die schönsten Strahlen ihres Ruhmes.
8. Endlich ist der vierte Grundsatz: die Erfolge welche wir erringen, mit der höchsten Energie zu benutzen.
Das Verfolgen des geschlagenen Feindes giebt allein die Früchte des Sieges.
9. Der erste dieser Grundsätze ist die Grundlage der drei andern. Man kann bei ihnen das Höchste wagen ohne Alles aufs Spiel zu setzen, wenn man den ersten Grundsatz befolgt hat. Er giebt das Mittel immer neue Kräfte hinter uns zu bilden, und mit neuen Kräften macht man jeden Unglücksfall wieder gut.
Hierin liegt diejenige Vorsicht welche man weise nen- nen kann, nicht darin daß man furchtsamen Schrittes vorwärtsschreitet.
10. Kleine Staaten können in der jetzigen Zeit keine Eroberungskriege führen. Für den Vertheidigungskrieg aber sind die Mittel auch kleiner Staaten unendlich groß. Darum halte ich mich fest überzeugt daß wer alle seine Kräfte aufbietet um mit immer neuen Massen aufzutreten, wer alle ersinnlichen Mittel der Vorbereitung trifft, wer seine Kräfte auf dem Hauptpunkte zusammenhält, wer so ausgerüstet mit Determination und Energie einen großen Zweck verfolgt, der hat Alles gethan was sich im Großen für die strategische Leitung des Krieges thun läßt, und wenn er dabei nicht ganz unglücklich im Gefechte ist, so wird er unausbleiblich in dem Maaße siegreich sein als sein Gegner hinter dieser Anstrengung und Energie zu- rückbleibt.
Die Überraſchung ſpielt in der Strategie eine viel wich- tigere Rolle als in der Taktik; ſie iſt das wirkſamſte Prin- zip zum Siege. Der Kaiſer von Frankreich, Friedrich II., Guſtav Adolph, Caͤſar, Hannibal, Alexander verdanken ih- rer Schnelligkeit die ſchoͤnſten Strahlen ihres Ruhmes.
8. Endlich iſt der vierte Grundſatz: die Erfolge welche wir erringen, mit der hoͤchſten Energie zu benutzen.
Das Verfolgen des geſchlagenen Feindes giebt allein die Fruͤchte des Sieges.
9. Der erſte dieſer Grundſaͤtze iſt die Grundlage der drei andern. Man kann bei ihnen das Hoͤchſte wagen ohne Alles aufs Spiel zu ſetzen, wenn man den erſten Grundſatz befolgt hat. Er giebt das Mittel immer neue Kraͤfte hinter uns zu bilden, und mit neuen Kraͤften macht man jeden Ungluͤcksfall wieder gut.
Hierin liegt diejenige Vorſicht welche man weiſe nen- nen kann, nicht darin daß man furchtſamen Schrittes vorwaͤrtsſchreitet.
10. Kleine Staaten koͤnnen in der jetzigen Zeit keine Eroberungskriege fuͤhren. Fuͤr den Vertheidigungskrieg aber ſind die Mittel auch kleiner Staaten unendlich groß. Darum halte ich mich feſt uͤberzeugt daß wer alle ſeine Kraͤfte aufbietet um mit immer neuen Maſſen aufzutreten, wer alle erſinnlichen Mittel der Vorbereitung trifft, wer ſeine Kraͤfte auf dem Hauptpunkte zuſammenhaͤlt, wer ſo ausgeruͤſtet mit Determination und Energie einen großen Zweck verfolgt, der hat Alles gethan was ſich im Großen fuͤr die ſtrategiſche Leitung des Krieges thun laͤßt, und wenn er dabei nicht ganz ungluͤcklich im Gefechte iſt, ſo wird er unausbleiblich in dem Maaße ſiegreich ſein als ſein Gegner hinter dieſer Anſtrengung und Energie zu- ruͤckbleibt.
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Die Überraſchung ſpielt in der Strategie eine viel wich-
tigere Rolle als in der Taktik; ſie iſt das wirkſamſte Prin-
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Guſtav Adolph, Caͤſar, Hannibal, Alexander verdanken ih-
rer Schnelligkeit die ſchoͤnſten Strahlen ihres Ruhmes.
8. Endlich iſt der vierte Grundſatz: die Erfolge welche
wir erringen, mit der hoͤchſten Energie zu benutzen.
Das Verfolgen des geſchlagenen Feindes giebt allein
die Fruͤchte des Sieges.
9. Der erſte dieſer Grundſaͤtze iſt die Grundlage der
drei andern. Man kann bei ihnen das Hoͤchſte wagen
ohne Alles aufs Spiel zu ſetzen, wenn man den erſten
Grundſatz befolgt hat. Er giebt das Mittel immer neue
Kraͤfte hinter uns zu bilden, und mit neuen Kraͤften macht
man jeden Ungluͤcksfall wieder gut.
Hierin liegt diejenige Vorſicht welche man weiſe nen-
nen kann, nicht darin daß man furchtſamen Schrittes
vorwaͤrtsſchreitet.
10. Kleine Staaten koͤnnen in der jetzigen Zeit keine
Eroberungskriege fuͤhren. Fuͤr den Vertheidigungskrieg
aber ſind die Mittel auch kleiner Staaten unendlich groß.
Darum halte ich mich feſt uͤberzeugt daß wer alle ſeine
Kraͤfte aufbietet um mit immer neuen Maſſen aufzutreten,
wer alle erſinnlichen Mittel der Vorbereitung trifft, wer
ſeine Kraͤfte auf dem Hauptpunkte zuſammenhaͤlt, wer ſo
ausgeruͤſtet mit Determination und Energie einen großen
Zweck verfolgt, der hat Alles gethan was ſich im Großen
fuͤr die ſtrategiſche Leitung des Krieges thun laͤßt, und
wenn er dabei nicht ganz ungluͤcklich im Gefechte iſt, ſo
wird er unausbleiblich in dem Maaße ſiegreich ſein als
ſein Gegner hinter dieſer Anſtrengung und Energie zu-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/256>, abgerufen am 24.11.2024.
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