allgemeinen Einrichtungen haben daß sie der erwarte[te]n Wir- kung entsprechen werden. Vorzüglich gehört hierher das Vertrauen zu seinen Unterfeldherren; durchaus muß man also Leute dazu wählen auf die man sich verlassen kann und jede andere Rücksicht nachsetzen. Hat man seine Ein- richtungen zweckmäßig getroffen, hat man dabei auf die möglichen Unglücksfälle Rücksicht genommen und sich also so eingerichtet daß wenn sie während der Ausführung ein- treten, man nicht gleich zu Grunde gerichtet ist: so muß man muthig fortschreiten durch die Nacht der Ungewißheit.
4. Will man mit großen Anstrengungen der Kräfte den Krieg führen, so werden die Unterbefehlshaber und selbst die Truppen (besonders wenn sie nicht kriegsge- wohnt sind) oft Schwierigkeiten finden die sie als unüber- windlich darstellen. Sie werden den Marsch zu weit, die Anstrengung zu groß, die Verpflegung unmöglich fin- den. Will man allen diesen Diffikultäten, wie Friedrich II. sie nannte, Gehör geben, so wird man bald ganz unter- liegen und anstatt mit Kraft und Energie zu handeln, schwach und unthätig sein.
Dem Allen zu widerstehen ist ein Vertrauen in die eigene Einsicht und Überzeugung erforderlich, welches in dem Augenblicke gewöhnlich das Ansehen des Eigensinns hat, aber diejenige Kraft des Verstandes und Charakters ist, die wir Festigkeit nennen.
5. Alle Wirkungen auf welche man im Kriege rech- net, sind nie so präcis wie sie Der sich denkt welcher den Krieg nicht selbst mit Aufmerksamkeit beobachtet hat und daran gewöhnt ist.
Oft betrügt man sich in dem Marsche einer Kolonne um viele Stunden ohne daß man sagen könnte woran der Aufenthalt gelegen; oft treten Hindernisse ein, die sich nicht
III 17
allgemeinen Einrichtungen haben daß ſie der erwarte[te]n Wir- kung entſprechen werden. Vorzuͤglich gehoͤrt hierher das Vertrauen zu ſeinen Unterfeldherren; durchaus muß man alſo Leute dazu waͤhlen auf die man ſich verlaſſen kann und jede andere Ruͤckſicht nachſetzen. Hat man ſeine Ein- richtungen zweckmaͤßig getroffen, hat man dabei auf die moͤglichen Ungluͤcksfaͤlle Ruͤckſicht genommen und ſich alſo ſo eingerichtet daß wenn ſie waͤhrend der Ausfuͤhrung ein- treten, man nicht gleich zu Grunde gerichtet iſt: ſo muß man muthig fortſchreiten durch die Nacht der Ungewißheit.
4. Will man mit großen Anſtrengungen der Kraͤfte den Krieg fuͤhren, ſo werden die Unterbefehlshaber und ſelbſt die Truppen (beſonders wenn ſie nicht kriegsge- wohnt ſind) oft Schwierigkeiten finden die ſie als unuͤber- windlich darſtellen. Sie werden den Marſch zu weit, die Anſtrengung zu groß, die Verpflegung unmoͤglich fin- den. Will man allen dieſen Diffikultaͤten, wie Friedrich II. ſie nannte, Gehoͤr geben, ſo wird man bald ganz unter- liegen und anſtatt mit Kraft und Energie zu handeln, ſchwach und unthaͤtig ſein.
Dem Allen zu widerſtehen iſt ein Vertrauen in die eigene Einſicht und Überzeugung erforderlich, welches in dem Augenblicke gewoͤhnlich das Anſehen des Eigenſinns hat, aber diejenige Kraft des Verſtandes und Charakters iſt, die wir Feſtigkeit nennen.
5. Alle Wirkungen auf welche man im Kriege rech- net, ſind nie ſo praͤcis wie ſie Der ſich denkt welcher den Krieg nicht ſelbſt mit Aufmerkſamkeit beobachtet hat und daran gewoͤhnt iſt.
Oft betruͤgt man ſich in dem Marſche einer Kolonne um viele Stunden ohne daß man ſagen koͤnnte woran der Aufenthalt gelegen; oft treten Hinderniſſe ein, die ſich nicht
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allgemeinen Einrichtungen haben daß ſie der erwarteten Wir-
kung entſprechen werden. Vorzuͤglich gehoͤrt hierher das
Vertrauen zu ſeinen Unterfeldherren; durchaus muß man
alſo Leute dazu waͤhlen auf die man ſich verlaſſen kann
und jede andere Ruͤckſicht nachſetzen. Hat man ſeine Ein-
richtungen zweckmaͤßig getroffen, hat man dabei auf die
moͤglichen Ungluͤcksfaͤlle Ruͤckſicht genommen und ſich alſo
ſo eingerichtet daß wenn ſie waͤhrend der Ausfuͤhrung ein-
treten, man nicht gleich zu Grunde gerichtet iſt: ſo muß
man muthig fortſchreiten durch die Nacht der Ungewißheit.
4. Will man mit großen Anſtrengungen der Kraͤfte
den Krieg fuͤhren, ſo werden die Unterbefehlshaber und
ſelbſt die Truppen (beſonders wenn ſie nicht kriegsge-
wohnt ſind) oft Schwierigkeiten finden die ſie als unuͤber-
windlich darſtellen. Sie werden den Marſch zu weit,
die Anſtrengung zu groß, die Verpflegung unmoͤglich fin-
den. Will man allen dieſen Diffikultaͤten, wie Friedrich II.
ſie nannte, Gehoͤr geben, ſo wird man bald ganz unter-
liegen und anſtatt mit Kraft und Energie zu handeln,
ſchwach und unthaͤtig ſein.
Dem Allen zu widerſtehen iſt ein Vertrauen in die
eigene Einſicht und Überzeugung erforderlich, welches in
dem Augenblicke gewoͤhnlich das Anſehen des Eigenſinns
hat, aber diejenige Kraft des Verſtandes und Charakters
iſt, die wir Feſtigkeit nennen.
5. Alle Wirkungen auf welche man im Kriege rech-
net, ſind nie ſo praͤcis wie ſie Der ſich denkt welcher den
Krieg nicht ſelbſt mit Aufmerkſamkeit beobachtet hat und
daran gewoͤhnt iſt.
Oft betruͤgt man ſich in dem Marſche einer Kolonne
um viele Stunden ohne daß man ſagen koͤnnte woran der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/271>, abgerufen am 27.11.2024.
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