Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Massen welche bei der Entscheidung ein Hinderniß ist
(wiewohl auch diese absolute Größe etwas thut; 50 Mann
gegen 50 Mann können auf der Stelle zur Entscheidung
schreiten, aber nicht 50,000 gegen 50,000) sondern die
relative Größe. Wenn nämlich 5/6 des Ganzen im Zer-
störungsakt ihre Kräfte schon an einander abgemessen ha-
ben, so sind beide Feldherrn, wenn sie auch beide vollkom-
men im Gleichgewicht geblieben wären, dem endlichen Be-
schluß welchen sie zu fassen haben dennoch viel näher und
es gehört nur noch ein verhältnißmäßig kleiner Anstoß
dazu um die Entscheidung zu geben. So ist es, das übrig
gebliebene Sechstheil mag einer Armee von 30,000 Mann
angehören, also 5000 Mann sein, oder einer von 150,000,
also 25,000 Mann.

128. Aber die Hauptabsicht beider Theile im Zerstö-
rungsakt geht dahin, sich in demselben ein Übergewicht für
den Entscheidungsakt zu verschaffen.

129. Dieses Übergewicht kann in Vernichtung feind-
licher physischer Kräfte, aber auch in den übrigen unter
Nr. 4. angegebenen Gegenständen erreicht werden.

130. Es besteht also in dem Zerstörungsakt ein na-
türliches Bestreben alle Vortheile welche sich darbieten so
gut als es die Verhältnisse erlauben zu benutzen.

131. Nun zerfällt das Gefecht größerer Massen im-
mer in mehrere partielle Gefechte (Nr. 23) die mehr oder
weniger selbstständig sind und also häufig in sich einen Zer-
störungs- und einen Entscheidungsakt haben müssen, wenn
man die Vortheile welche man durch den ersten erhalten
hat benutzen will.

132. Durch diese geschickte und glückliche Einmi-
schung des Handgefechts wird man hauptsächlich die Vor-
theile erhalten welche man in Zerstörung des feindlichen

III 20

Maſſen welche bei der Entſcheidung ein Hinderniß iſt
(wiewohl auch dieſe abſolute Groͤße etwas thut; 50 Mann
gegen 50 Mann koͤnnen auf der Stelle zur Entſcheidung
ſchreiten, aber nicht 50,000 gegen 50,000) ſondern die
relative Groͤße. Wenn naͤmlich ⅚ des Ganzen im Zer-
ſtoͤrungsakt ihre Kraͤfte ſchon an einander abgemeſſen ha-
ben, ſo ſind beide Feldherrn, wenn ſie auch beide vollkom-
men im Gleichgewicht geblieben waͤren, dem endlichen Be-
ſchluß welchen ſie zu faſſen haben dennoch viel naͤher und
es gehoͤrt nur noch ein verhaͤltnißmaͤßig kleiner Anſtoß
dazu um die Entſcheidung zu geben. So iſt es, das uͤbrig
gebliebene Sechstheil mag einer Armee von 30,000 Mann
angehoͤren, alſo 5000 Mann ſein, oder einer von 150,000,
alſo 25,000 Mann.

128. Aber die Hauptabſicht beider Theile im Zerſtoͤ-
rungsakt geht dahin, ſich in demſelben ein Übergewicht fuͤr
den Entſcheidungsakt zu verſchaffen.

129. Dieſes Übergewicht kann in Vernichtung feind-
licher phyſiſcher Kraͤfte, aber auch in den uͤbrigen unter
Nr. 4. angegebenen Gegenſtaͤnden erreicht werden.

130. Es beſteht alſo in dem Zerſtoͤrungsakt ein na-
tuͤrliches Beſtreben alle Vortheile welche ſich darbieten ſo
gut als es die Verhaͤltniſſe erlauben zu benutzen.

131. Nun zerfaͤllt das Gefecht groͤßerer Maſſen im-
mer in mehrere partielle Gefechte (Nr. 23) die mehr oder
weniger ſelbſtſtaͤndig ſind und alſo haͤufig in ſich einen Zer-
ſtoͤrungs- und einen Entſcheidungsakt haben muͤſſen, wenn
man die Vortheile welche man durch den erſten erhalten
hat benutzen will.

132. Durch dieſe geſchickte und gluͤckliche Einmi-
ſchung des Handgefechts wird man hauptſaͤchlich die Vor-
theile erhalten welche man in Zerſtoͤrung des feindlichen

III 20
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0319" n="305"/>
Ma&#x017F;&#x017F;en welche bei der Ent&#x017F;cheidung ein Hinderniß i&#x017F;t<lb/>
(wiewohl auch die&#x017F;e ab&#x017F;olute Gro&#x0364;ße etwas thut; 50 Mann<lb/>
gegen 50 Mann ko&#x0364;nnen auf der Stelle zur Ent&#x017F;cheidung<lb/>
&#x017F;chreiten, aber nicht 50,000 gegen 50,000) &#x017F;ondern die<lb/><hi rendition="#g">relative Gro&#x0364;ße</hi>. Wenn na&#x0364;mlich &#x215A; des Ganzen im Zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rungsakt ihre Kra&#x0364;fte &#x017F;chon an einander abgeme&#x017F;&#x017F;en ha-<lb/>
ben, &#x017F;o &#x017F;ind beide Feldherrn, wenn &#x017F;ie auch beide vollkom-<lb/>
men im Gleichgewicht geblieben wa&#x0364;ren, dem endlichen Be-<lb/>
&#x017F;chluß welchen &#x017F;ie zu fa&#x017F;&#x017F;en haben dennoch viel na&#x0364;her und<lb/>
es geho&#x0364;rt nur noch ein verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig kleiner An&#x017F;toß<lb/>
dazu um die Ent&#x017F;cheidung zu geben. So i&#x017F;t es, das u&#x0364;brig<lb/>
gebliebene Sechstheil mag einer Armee von 30,000 Mann<lb/>
angeho&#x0364;ren, al&#x017F;o 5000 Mann &#x017F;ein, oder einer von 150,000,<lb/>
al&#x017F;o 25,000 Mann.</p><lb/>
                <p>128. Aber die Hauptab&#x017F;icht beider Theile im Zer&#x017F;to&#x0364;-<lb/>
rungsakt geht dahin, &#x017F;ich in dem&#x017F;elben ein Übergewicht fu&#x0364;r<lb/>
den Ent&#x017F;cheidungsakt zu ver&#x017F;chaffen.</p><lb/>
                <p>129. Die&#x017F;es Übergewicht kann in Vernichtung feind-<lb/>
licher phy&#x017F;i&#x017F;cher Kra&#x0364;fte, aber auch in den u&#x0364;brigen unter<lb/>
Nr. 4. angegebenen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden erreicht werden.</p><lb/>
                <p>130. Es be&#x017F;teht al&#x017F;o in dem Zer&#x017F;to&#x0364;rungsakt ein na-<lb/>
tu&#x0364;rliches Be&#x017F;treben alle Vortheile welche &#x017F;ich darbieten &#x017F;o<lb/>
gut als es die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e erlauben zu benutzen.</p><lb/>
                <p>131. Nun zerfa&#x0364;llt das Gefecht gro&#x0364;ßerer Ma&#x017F;&#x017F;en im-<lb/>
mer in mehrere partielle Gefechte (Nr. 23) die mehr oder<lb/>
weniger &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;ind und al&#x017F;o ha&#x0364;ufig in &#x017F;ich einen Zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rungs- und einen Ent&#x017F;cheidungsakt haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn<lb/>
man die Vortheile welche man durch den er&#x017F;ten erhalten<lb/>
hat benutzen will.</p><lb/>
                <p>132. Durch die&#x017F;e ge&#x017F;chickte und glu&#x0364;ckliche Einmi-<lb/>
&#x017F;chung des Handgefechts wird man haupt&#x017F;a&#x0364;chlich die Vor-<lb/>
theile erhalten welche man in Zer&#x017F;to&#x0364;rung des feindlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III</hi> 20</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0319] Maſſen welche bei der Entſcheidung ein Hinderniß iſt (wiewohl auch dieſe abſolute Groͤße etwas thut; 50 Mann gegen 50 Mann koͤnnen auf der Stelle zur Entſcheidung ſchreiten, aber nicht 50,000 gegen 50,000) ſondern die relative Groͤße. Wenn naͤmlich ⅚ des Ganzen im Zer- ſtoͤrungsakt ihre Kraͤfte ſchon an einander abgemeſſen ha- ben, ſo ſind beide Feldherrn, wenn ſie auch beide vollkom- men im Gleichgewicht geblieben waͤren, dem endlichen Be- ſchluß welchen ſie zu faſſen haben dennoch viel naͤher und es gehoͤrt nur noch ein verhaͤltnißmaͤßig kleiner Anſtoß dazu um die Entſcheidung zu geben. So iſt es, das uͤbrig gebliebene Sechstheil mag einer Armee von 30,000 Mann angehoͤren, alſo 5000 Mann ſein, oder einer von 150,000, alſo 25,000 Mann. 128. Aber die Hauptabſicht beider Theile im Zerſtoͤ- rungsakt geht dahin, ſich in demſelben ein Übergewicht fuͤr den Entſcheidungsakt zu verſchaffen. 129. Dieſes Übergewicht kann in Vernichtung feind- licher phyſiſcher Kraͤfte, aber auch in den uͤbrigen unter Nr. 4. angegebenen Gegenſtaͤnden erreicht werden. 130. Es beſteht alſo in dem Zerſtoͤrungsakt ein na- tuͤrliches Beſtreben alle Vortheile welche ſich darbieten ſo gut als es die Verhaͤltniſſe erlauben zu benutzen. 131. Nun zerfaͤllt das Gefecht groͤßerer Maſſen im- mer in mehrere partielle Gefechte (Nr. 23) die mehr oder weniger ſelbſtſtaͤndig ſind und alſo haͤufig in ſich einen Zer- ſtoͤrungs- und einen Entſcheidungsakt haben muͤſſen, wenn man die Vortheile welche man durch den erſten erhalten hat benutzen will. 132. Durch dieſe geſchickte und gluͤckliche Einmi- ſchung des Handgefechts wird man hauptſaͤchlich die Vor- theile erhalten welche man in Zerſtoͤrung des feindlichen III 20

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/319
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/319>, abgerufen am 24.11.2024.