schlossenheit und Schnelle wohl darauf rechnen sie mit mehr oder weniger Verlust über den Rhein zu treiben. Dies war aber auch alles; hätte sie auf mehr gerechnet, z. B. ein Verfolgen ihrer Vortheile über den Rhein, oder ein sol- ches moralisches Übergewicht daß die Franzosen es in demselben Feldzug nicht gewagt hätten wieder auf dem rechten Rheinufer zu erscheinen, so wäre diese Rechnung ganz ohne genügenden Grund gewesen.
1812 Anfangs August wollten die Russen von Smo- lensk her die französischen Quartiere überfallen, als Na- poleon in der Gegend von Witepsk seine Armee einen Halt hatte machen lassen. Es verging ihnen aber in der Aus- führung der Muth dazu und das war ein Glück für sie, da der französische Feldherr mit seinem Centro dem ihri- gen nicht allein um mehr als das Doppelte überlegen war, sondern auch der entschlossenste Feldherr der je da gewesen ist, da der Verlust von einigen Meilen Raum gar Nichts entscheiden konnte, gar kein Terrainabschnitt nahe genug lag um ihre Erfolge bis an denselben zu treiben und da- durch einigermaßen sichern zu können; da es auch nicht etwa ein Feldzug war der sich matt zu seinem Ende hin- schleppt, sondern der erste Plan eines Angreifenden der seinen Gegner vollkommen niederwerfen will. -- So können die kleinen Vortheile, welche ein Überfall der Quartiere gewähren kann, nicht anders als im äußersten Mißver- hältniß mit der Aufgabe erscheinen -- sie konnten unmög- lich so viel Ungleichheit der Kräfte und Verhältnisse gut machen. -- Dieser Versuch zeigt aber wie eine dunkle Vorstellung von diesem Mittel zu einer ganz falschen An- wendung desselben verleiten kann.
Das bisher Gesagte stellt den Gegenstand als strate- gisches Mittel ins Licht. Es liegt aber in der Natur
ſchloſſenheit und Schnelle wohl darauf rechnen ſie mit mehr oder weniger Verluſt uͤber den Rhein zu treiben. Dies war aber auch alles; haͤtte ſie auf mehr gerechnet, z. B. ein Verfolgen ihrer Vortheile uͤber den Rhein, oder ein ſol- ches moraliſches Übergewicht daß die Franzoſen es in demſelben Feldzug nicht gewagt haͤtten wieder auf dem rechten Rheinufer zu erſcheinen, ſo waͤre dieſe Rechnung ganz ohne genuͤgenden Grund geweſen.
1812 Anfangs Auguſt wollten die Ruſſen von Smo- lensk her die franzoͤſiſchen Quartiere uͤberfallen, als Na- poleon in der Gegend von Witepsk ſeine Armee einen Halt hatte machen laſſen. Es verging ihnen aber in der Aus- fuͤhrung der Muth dazu und das war ein Gluͤck fuͤr ſie, da der franzoͤſiſche Feldherr mit ſeinem Centro dem ihri- gen nicht allein um mehr als das Doppelte uͤberlegen war, ſondern auch der entſchloſſenſte Feldherr der je da geweſen iſt, da der Verluſt von einigen Meilen Raum gar Nichts entſcheiden konnte, gar kein Terrainabſchnitt nahe genug lag um ihre Erfolge bis an denſelben zu treiben und da- durch einigermaßen ſichern zu koͤnnen; da es auch nicht etwa ein Feldzug war der ſich matt zu ſeinem Ende hin- ſchleppt, ſondern der erſte Plan eines Angreifenden der ſeinen Gegner vollkommen niederwerfen will. — So koͤnnen die kleinen Vortheile, welche ein Überfall der Quartiere gewaͤhren kann, nicht anders als im aͤußerſten Mißver- haͤltniß mit der Aufgabe erſcheinen — ſie konnten unmoͤg- lich ſo viel Ungleichheit der Kraͤfte und Verhaͤltniſſe gut machen. — Dieſer Verſuch zeigt aber wie eine dunkle Vorſtellung von dieſem Mittel zu einer ganz falſchen An- wendung deſſelben verleiten kann.
Das bisher Geſagte ſtellt den Gegenſtand als ſtrate- giſches Mittel ins Licht. Es liegt aber in der Natur
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ſchloſſenheit und Schnelle wohl darauf rechnen ſie mit mehr
oder weniger Verluſt uͤber den Rhein zu treiben. Dies war
aber auch alles; haͤtte ſie auf mehr gerechnet, z. B. ein
Verfolgen ihrer Vortheile uͤber den Rhein, oder ein ſol-
ches moraliſches Übergewicht daß die Franzoſen es in
demſelben Feldzug nicht gewagt haͤtten wieder auf dem
rechten Rheinufer zu erſcheinen, ſo waͤre dieſe Rechnung
ganz ohne genuͤgenden Grund geweſen.
1812 Anfangs Auguſt wollten die Ruſſen von Smo-
lensk her die franzoͤſiſchen Quartiere uͤberfallen, als Na-
poleon in der Gegend von Witepsk ſeine Armee einen
Halt hatte machen laſſen. Es verging ihnen aber in der Aus-
fuͤhrung der Muth dazu und das war ein Gluͤck fuͤr ſie,
da der franzoͤſiſche Feldherr mit ſeinem Centro dem ihri-
gen nicht allein um mehr als das Doppelte uͤberlegen war,
ſondern auch der entſchloſſenſte Feldherr der je da geweſen
iſt, da der Verluſt von einigen Meilen Raum gar Nichts
entſcheiden konnte, gar kein Terrainabſchnitt nahe genug
lag um ihre Erfolge bis an denſelben zu treiben und da-
durch einigermaßen ſichern zu koͤnnen; da es auch nicht
etwa ein Feldzug war der ſich matt zu ſeinem Ende hin-
ſchleppt, ſondern der erſte Plan eines Angreifenden der
ſeinen Gegner vollkommen niederwerfen will. — So koͤnnen
die kleinen Vortheile, welche ein Überfall der Quartiere
gewaͤhren kann, nicht anders als im aͤußerſten Mißver-
haͤltniß mit der Aufgabe erſcheinen — ſie konnten unmoͤg-
lich ſo viel Ungleichheit der Kraͤfte und Verhaͤltniſſe gut
machen. — Dieſer Verſuch zeigt aber wie eine dunkle
Vorſtellung von dieſem Mittel zu einer ganz falſchen An-
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Das bisher Geſagte ſtellt den Gegenſtand als ſtrate-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/77>, abgerufen am 23.11.2024.
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