p1c_101.001 seufzt zum Himmel und spricht kein Wort. Die Sonne p1c_101.002 kommt dreymal und geht. Er bleibt ohne Schlaf, ohne p1c_101.003 Speise. Am vierten Tage tritt die volle Raserey ein. Er p1c_101.004 zieht sich die Rüstung vom Rücken, daß die Waffen zerstreut p1c_101.005 liegen an allen Ecken des Waldes. Nachher zerreißt p1c_101.006 er sich die Kleider und zeigt nackt seine rauhhaarige Brust, p1c_101.007 seinen muskelvollen Leib. (Vergleiche Sophocl. Trachin. p1c_101.008 750. seq. Die Schilderung des sinnlichen Schmerzes p1c_101.009 gränzt dort an das Ekelhafte und bleibt hinter der des Ariosts p1c_101.010 zurück.) Mächtige Wuth umnebelt alle seine Sinnen. Er p1c_101.011 denkt nicht mehr an den gewaltigen Degen, der so wunderbare p1c_101.012 Thaten verrichten kann. Zur Probe seiner eignen p1c_101.013 Kraft packt er eine hohe Fichte und entwurzelt sie mit der p1c_101.014 ersten Erschütterung. - Jn Shakespears Othello ist das p1c_101.015 Wachsen der Leidenschaft nicht so romantisch, aber psychologisch p1c_101.016 feiner und für das Jnnere der Seele angreifender geschildert. p1c_101.017 Eine gewisse ruhige Stärke geht hier vorher, wie p1c_101.018 eine Stille vor dem Sturm. 'Tis not to make me jealous, p1c_101.019 to say - my wife is fair, feeds well, loves p1c_101.020 company, is free of speech, sings plays, and dances p1c_101.021 well, where virtue is, these are more virtuous; nor p1c_101.022 from mine own weak merits will i draw the smallest p1c_101.023 fear, or doubt of her revolt. For she had eyes, and p1c_101.024 chose me. No, Jago, i 'll see, before i doubt; p1c_101.025 when i doubt, prove, and, on the proof, there is p1c_101.026 no more, but this - away at once with love, or p1c_101.027 jealousy. Nach und nach wächst die Unruhe des Zweifelns, p1c_101.028 der stürmische Wunsch nach einem deutlichen Beweise. Vi-
p1c_101.001 seufzt zum Himmel und spricht kein Wort. Die Sonne p1c_101.002 kommt dreymal und geht. Er bleibt ohne Schlaf, ohne p1c_101.003 Speise. Am vierten Tage tritt die volle Raserey ein. Er p1c_101.004 zieht sich die Rüstung vom Rücken, daß die Waffen zerstreut p1c_101.005 liegen an allen Ecken des Waldes. Nachher zerreißt p1c_101.006 er sich die Kleider und zeigt nackt seine rauhhaarige Brust, p1c_101.007 seinen muskelvollen Leib. (Vergleiche Sophocl. Trachin. p1c_101.008 750. seq. Die Schilderung des sinnlichen Schmerzes p1c_101.009 gränzt dort an das Ekelhafte und bleibt hinter der des Ariosts p1c_101.010 zurück.) Mächtige Wuth umnebelt alle seine Sinnen. Er p1c_101.011 denkt nicht mehr an den gewaltigen Degen, der so wunderbare p1c_101.012 Thaten verrichten kann. Zur Probe seiner eignen p1c_101.013 Kraft packt er eine hohe Fichte und entwurzelt sie mit der p1c_101.014 ersten Erschütterung. ─ Jn Shakespears Othello ist das p1c_101.015 Wachsen der Leidenschaft nicht so romantisch, aber psychologisch p1c_101.016 feiner und für das Jnnere der Seele angreifender geschildert. p1c_101.017 Eine gewisse ruhige Stärke geht hier vorher, wie p1c_101.018 eine Stille vor dem Sturm. 'Tis not to make me jealous, p1c_101.019 to say ─ my wife is fair, feeds well, loves p1c_101.020 company, is free of speech, sings plays, and dances p1c_101.021 well, where virtue is, these are more virtuous; nor p1c_101.022 from mine own weak merits will i draw the smallest p1c_101.023 fear, or doubt of her revolt. For she had eyes, and p1c_101.024 chose me. No, Jago, i 'll see, before i doubt; p1c_101.025 when i doubt, prove, and, on the proof, there is p1c_101.026 no more, but this ─ away at once with love, or p1c_101.027 jealousy. Nach und nach wächst die Unruhe des Zweifelns, p1c_101.028 der stürmische Wunsch nach einem deutlichen Beweise. Vi-
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/159>, abgerufen am 27.11.2024.
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