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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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welche nicht auf rein ästhetische, sondern auf subjektive p1c_242.002
empirische Urtheile sich gründen, die wir Modifikationen p1c_242.003
des Schönen nannten. Die oben erwähnten Fehler beym p1c_242.004
Schönen, d. h. der mindere Grad des Schönen in jeder p1c_242.005
Gattung entsteht, wenn die Materie, z. B. das Angenehme, p1c_242.006
das Jnteressante u. s. w. die ästhetische Form p1c_242.007
überwiegt.

p1c_242.008
Anmerk. 4. Diejenigen, welche das Schöne als p1c_242.009
Einheit im Mannichfaltigen, als Unendliches im p1c_242.010
Endlichen definiren, betrachten dasselbe nach der Quantität, p1c_242.011
diejenigen, welche es als eine sinnlich ausgedrückte p1c_242.012
Vollkommenheit beschreiben, betrachten es nach der Relation. p1c_242.013
Als Objektiv muß es seiner Qualität nach p1c_242.014
blos definirt werden. Ein Wiederschein des Jdealen p1c_242.015
im Realen.

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Anmerk. 5. Die Grade des Schönen folgen der p1c_242.017
Ordnung nach so: Das Niedliche ist der unterste Grad, p1c_242.018
mit dem man aus der bestimmten Verstandeswelt zu dem Gefühl p1c_242.019
des unbestimmt Zweckmäßigen übertritt. Dann p1c_242.020
folgt das Anschaun eines ruhigen gesetzmäßigen Seyns p1c_242.021
im Sanften. Dann das Anschaun einer gesetzmäßigen p1c_242.022
Bewegung
in der Grazie. Dann das Selbstgefühl p1c_242.023
der Natur von ihrer schuldlosen Gesetzmäßigkeit im Naiven. p1c_242.024
Das Naive ist das Höchste, weil in ihm die andern p1c_242.025
Grade enthalten sind, die Grazie ist höher als das p1c_242.026
Sanfte, weil mit der Bewegung die Unbestimmtheit p1c_242.027
des Gefühls, die Unendlichkeit zunimmt. - Beym

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welche nicht auf rein ästhetische, sondern auf subjektive p1c_242.002
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/300>, abgerufen am 20.05.2024.