p1c_453.001 ihrer Bedingtheit und Beschränktheit, ein Wiederschein p1c_453.002 von der innern Freyheit, in ihrer Zufälligkeit p1c_453.003 ein Wiederschein von der absoluten Nothwendigkeit p1c_453.004 gefunden werden. Die Jdentität des Jnnern p1c_453.005 und Aeußern ist von dem Verstande nicht erkennbar. p1c_453.006 Denn er kann nur unterscheiden und trennen, p1c_453.007 er kann nur Objekte begreifen. Die Unendlichkeit p1c_453.008 aber in Objekten ist eben als Unendlichkeit unbegreiflich.p1c_453.009 Der religiöse Glaube beruht also p1c_453.010 nicht auf dem Verstande, sondern auf einem höhern p1c_453.011 Gefühl, welches nicht durch systematisches Raisonniren p1c_453.012 erlangt werden kann. Der Verstand kann dasselbe p1c_453.013 nur postuliren, um den Widerspruch in der menschlichen p1c_453.014 Natur aufzuheben. Er selbst kann es aber nicht p1c_453.015 geben. Der religiöse Glaube ist also nicht, wie p1c_453.016 Kant meynt, die postulirte Annahme eines aus Begriffen p1c_453.017 bestehenden Satzes, der theoretisch eigentlich p1c_453.018 keine Bedeutung hat, sondern eine postulirte Gemüthsstimmung, p1c_453.019 alles Zeitliche als ein Symbol von ewigen p1c_453.020 Jdeen anzusehen, in den Objekten selbst das Ewige p1c_453.021 zu finden. Dieses a priori postulirte Gefühl trifft p1c_453.022 mit dem überein, was man a posteriori das Gefühlp1c_453.023 des Schönen nennt, im reinsten, heiligsten Sinne p1c_453.024 dieses Worts. Mithin ist der religiöse Glaubep1c_453.025 eine ästhetische Gemüthsstimmung, welche nur
p1c_453.001 ihrer Bedingtheit und Beschränktheit, ein Wiederschein p1c_453.002 von der innern Freyheit, in ihrer Zufälligkeit p1c_453.003 ein Wiederschein von der absoluten Nothwendigkeit p1c_453.004 gefunden werden. Die Jdentität des Jnnern p1c_453.005 und Aeußern ist von dem Verstande nicht erkennbar. p1c_453.006 Denn er kann nur unterscheiden und trennen, p1c_453.007 er kann nur Objekte begreifen. Die Unendlichkeit p1c_453.008 aber in Objekten ist eben als Unendlichkeit unbegreiflich.p1c_453.009 Der religiöse Glaube beruht also p1c_453.010 nicht auf dem Verstande, sondern auf einem höhern p1c_453.011 Gefühl, welches nicht durch systematisches Raisonniren p1c_453.012 erlangt werden kann. Der Verstand kann dasselbe p1c_453.013 nur postuliren, um den Widerspruch in der menschlichen p1c_453.014 Natur aufzuheben. Er selbst kann es aber nicht p1c_453.015 geben. Der religiöse Glaube ist also nicht, wie p1c_453.016 Kant meynt, die postulirte Annahme eines aus Begriffen p1c_453.017 bestehenden Satzes, der theoretisch eigentlich p1c_453.018 keine Bedeutung hat, sondern eine postulirte Gemüthsstimmung, p1c_453.019 alles Zeitliche als ein Symbol von ewigen p1c_453.020 Jdeen anzusehen, in den Objekten selbst das Ewige p1c_453.021 zu finden. Dieses a priori postulirte Gefühl trifft p1c_453.022 mit dem überein, was man a posteriori das Gefühlp1c_453.023 des Schönen nennt, im reinsten, heiligsten Sinne p1c_453.024 dieses Worts. Mithin ist der religiöse Glaubep1c_453.025 eine ästhetische Gemüthsstimmung, welche nur
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[453/0511]
p1c_453.001
ihrer Bedingtheit und Beschränktheit, ein Wiederschein p1c_453.002
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Der religiöse Glaube beruht also p1c_453.010
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keine Bedeutung hat, sondern eine postulirte Gemüthsstimmung, p1c_453.019
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Jdeen anzusehen, in den Objekten selbst das Ewige p1c_453.021
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des Schönen nennt, im reinsten, heiligsten Sinne p1c_453.024
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eine ästhetische Gemüthsstimmung, welche nur
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/511>, abgerufen am 24.11.2024.
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