p1c_458.001 Menschheit nicht eine solche Uebersicht ihrer Geschichte seyn! p1c_458.002 So wenig der einzelne Mensch, wenn er sein eigenes Schicksal p1c_458.003 mit dem Verstande begreifen und erklären will, trotz alles p1c_458.004 Raisonnirens über den Gang einer Vorsehung, Trost findet, p1c_458.005 und nur die Augenblicke seines Daseyns für selig erkennt, p1c_458.006 wo er sich mit religiösem Glauben dem unerforschlichen p1c_458.007 Grundquell des Ganzen hingiebt, eben so wenig kann p1c_458.008 sich die ganze Menschheit mit einer blos historischen,p1c_458.009 von dem Menschenverstand geordneten Ansicht der p1c_458.010 Weltbegebenheiten genügen lassen. Nur durch ein völliges p1c_458.011 Ermatten aller höheren Seelenkräfte ist es begreiflich, wie p1c_458.012 gemeine und seichte Köpfe dem Menschen das Jnteresse p1c_458.013 für eine religiöse Weltgeschichte haben hinwegschwatzen p1c_458.014 können, das so tief in unserer Natur gegründet p1c_458.015 ist. Die menschliche Geschichte, welche die Begebenheiten p1c_458.016 aus den nähern Ursachen sowohl psychologisch als physisch p1c_458.017 zu erklären sucht, erscheint schon dann so ganz lückenhaft p1c_458.018 und unvollkommen, wenn sie Geschichte der Zeitp1c_458.019 und des gegenwärtigen Augenblicks ist. Um wie viel mehr p1c_458.020 wird sie nicht zu einem erbärmlichen Flickwerk, wenn sie sich p1c_458.021 an die Darstellung eines größern Ganzen wagt. Gesetzt p1c_458.022 auch, daß es ihr gelänge, das Wundervolle aus manchen p1c_458.023 einzelnen Begebenheiten hinweg zu raisonniren, was p1c_458.024 hat sie weiter gethan, als die unentbehrliche Jdee des Wunderbarenp1c_458.025 weiter hinaus geschoben? Wo das ganze Daseyn p1c_458.026 ein unerforschliches Wunder ist, muß der menschliche p1c_458.027 Verstand seine Ohnmacht eingestehen, und die Belehrung p1c_458.028 des Menschengeschlechts einer höhern, vom Schicksal selbst
p1c_458.001 Menschheit nicht eine solche Uebersicht ihrer Geschichte seyn! p1c_458.002 So wenig der einzelne Mensch, wenn er sein eigenes Schicksal p1c_458.003 mit dem Verstande begreifen und erklären will, trotz alles p1c_458.004 Raisonnirens über den Gang einer Vorsehung, Trost findet, p1c_458.005 und nur die Augenblicke seines Daseyns für selig erkennt, p1c_458.006 wo er sich mit religiösem Glauben dem unerforschlichen p1c_458.007 Grundquell des Ganzen hingiebt, eben so wenig kann p1c_458.008 sich die ganze Menschheit mit einer blos historischen,p1c_458.009 von dem Menschenverstand geordneten Ansicht der p1c_458.010 Weltbegebenheiten genügen lassen. Nur durch ein völliges p1c_458.011 Ermatten aller höheren Seelenkräfte ist es begreiflich, wie p1c_458.012 gemeine und seichte Köpfe dem Menschen das Jnteresse p1c_458.013 für eine religiöse Weltgeschichte haben hinwegschwatzen p1c_458.014 können, das so tief in unserer Natur gegründet p1c_458.015 ist. Die menschliche Geschichte, welche die Begebenheiten p1c_458.016 aus den nähern Ursachen sowohl psychologisch als physisch p1c_458.017 zu erklären sucht, erscheint schon dann so ganz lückenhaft p1c_458.018 und unvollkommen, wenn sie Geschichte der Zeitp1c_458.019 und des gegenwärtigen Augenblicks ist. Um wie viel mehr p1c_458.020 wird sie nicht zu einem erbärmlichen Flickwerk, wenn sie sich p1c_458.021 an die Darstellung eines größern Ganzen wagt. Gesetzt p1c_458.022 auch, daß es ihr gelänge, das Wundervolle aus manchen p1c_458.023 einzelnen Begebenheiten hinweg zu raisonniren, was p1c_458.024 hat sie weiter gethan, als die unentbehrliche Jdee des Wunderbarenp1c_458.025 weiter hinaus geschoben? Wo das ganze Daseyn p1c_458.026 ein unerforschliches Wunder ist, muß der menschliche p1c_458.027 Verstand seine Ohnmacht eingestehen, und die Belehrung p1c_458.028 des Menschengeschlechts einer höhern, vom Schicksal selbst
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Menschheit nicht eine solche Uebersicht ihrer Geschichte seyn! p1c_458.002
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/516>, abgerufen am 24.11.2024.
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