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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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wie alles Uebersinnliche, nicht blos für die Sinne, sondern für p1c_465.002
das Auge höherer Begeisterung offenbaren. Sie ist also p1c_465.003
poetisch und nicht blos eine physische Wahrnehmung, p1c_465.004
die von dem Verstande geordnet wird. Durch sie offenbart p1c_465.005
sich das gesetzliche Wesen als eine höhere Einheit, p1c_465.006
welche die Zeiten zusammen hält, wie sich dasselbe durch die p1c_465.007
Natur ahnen läßt. Nur allein Seelen können den zusammenhängenden p1c_465.008
Gang der Zeiten empfinden, also ist die Weltgeschichte p1c_465.009
eine Geschichte für die Seele; nicht für die p1c_465.010
physische Welt, sondern für die moralische. Menschliche p1c_465.011
Denkmähler und Urkunden können die Gedanken des Menschen p1c_465.012
überliefern, aber der Mensch muß sich in den Gedanken p1c_465.013
der Vorwelt erst selbst wiederfinden, wenn er die Denkmähler p1c_465.014
entziffern soll. Gott konnte auf Sinai donnern. p1c_465.015
Aber der Mensch mußte ihn verstehen. Der Glaube an eine p1c_465.016
religiöse Weltgeschichte ist also mehr denn ein blos physischer p1c_465.017
Realglaube
an vergangene sinnliche Eindrücke, p1c_465.018
wozu ihn seine Verächter so gern herabwürdigen möchten, p1c_465.019
es ist ein mystischer Glaube, der durch eine höhere Begeisterung p1c_465.020
erweckt wird, in welcher sich die profanen Augen p1c_465.021
schließen, (muo oculos claudo) um das Unsichtbare anzuschauen p1c_465.022
und den Gang des Ewigen zu hören. Diejenigen p1c_465.023
Feinde der Religion, welche, als historische Skeptiker, p1c_465.024
über sie spotten, sind Witzlinge, welche die idealen Wahrheiten p1c_465.025
nicht verstehen. Sie sind als schlechte oder verschrobene p1c_465.026
Köpfe mehr zu bemitleiden, denn als schlechte Herzen p1c_465.027
zu verdammen. Sie haben nicht philosophische Einsicht genug, p1c_465.028
das Ganze zu übersehen, und nicht ästhetischen Sinn

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wie alles Uebersinnliche, nicht blos für die Sinne, sondern für p1c_465.002
das Auge höherer Begeisterung offenbaren. Sie ist also p1c_465.003
poetisch und nicht blos eine physische Wahrnehmung, p1c_465.004
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/523>, abgerufen am 24.11.2024.