p1c_004.001 Anmerk. 2. Das freye Wollen ist noch keine p1c_004.002 Kunst. Kunst ist das Abstraktum vom können. Es p1c_004.003 wird vorausgesetzt, daß der Mensch naturähnliche Erscheinungen p1c_004.004 hervorbringen könne. Das ganze vom Jnstinkt p1c_004.005 freye Handeln des Menschen muß also Kunst seyn, wenn p1c_004.006 es in der Erscheinungswelt sichtbar seyn soll. Das freye p1c_004.007 ganz regellose Wirken ist auch keine Kunst. Sonst p1c_004.008 würden die Erscheinungen der Kunst nicht naturähnlich seyn, p1c_004.009 da man in der Natur Ordnung wahrnimmt. Es wird vorausgesetzt, p1c_004.010 daß ein Kunstwerk Einheit und Zusammenstimmung p1c_004.011 der Theile habe. Der Mensch gelangt zu dieser p1c_004.012 Regelmäßigkeit seiner Productionen auf eine doppelte Art, p1c_004.013 entweder er erreicht einen mit dem Verstande faßlichen Zweck, p1c_004.014 kann einen Begriff zum Muster seiner Arbeit nehmen, p1c_004.015 das, was er hervorbringt, drückt nur einen bestimmbaren p1c_004.016 Zweck, einen Begriff aus, oder sein Produkt hat neben p1c_004.017 bestimmbaren Zwecken noch einen unbestimmbaren, läßt sich p1c_004.018 in so fern nach keinem Verstandesbegriffe beurtheilen, und p1c_004.019 kündet sich dennoch dem Gefühle als regelmäßig an. Jm p1c_004.020 ersten Falle ist sein Produkt ein einzelnes Naturding, durch p1c_004.021 den individuellen Zweck und Begriff durchaus bestimmt, mit p1c_004.022 genau zu berechnenden Wirkungen, z. B. eine Maschine. p1c_004.023 Jm andern Fall trägt das Kunstprodukt, außer seinem Daseyn p1c_004.024 als Erscheinung, noch einen allgemeinen Charakter, den p1c_004.025 die Natur in keinem Jndividuum erreicht, er wirkt nur auf p1c_004.026 diejenigen, welche sich der höchsten Vorbilder der Dinge p1c_004.027 bewußt werden können, es erscheint für die Anschauung; p1c_004.028 jedoch als kein Jndividuum mit bestimmbaren Zwecken,
p1c_004.001 Anmerk. 2. Das freye Wollen ist noch keine p1c_004.002 Kunst. Kunst ist das Abstraktum vom können. Es p1c_004.003 wird vorausgesetzt, daß der Mensch naturähnliche Erscheinungen p1c_004.004 hervorbringen könne. Das ganze vom Jnstinkt p1c_004.005 freye Handeln des Menschen muß also Kunst seyn, wenn p1c_004.006 es in der Erscheinungswelt sichtbar seyn soll. Das freye p1c_004.007 ganz regellose Wirken ist auch keine Kunst. Sonst p1c_004.008 würden die Erscheinungen der Kunst nicht naturähnlich seyn, p1c_004.009 da man in der Natur Ordnung wahrnimmt. Es wird vorausgesetzt, p1c_004.010 daß ein Kunstwerk Einheit und Zusammenstimmung p1c_004.011 der Theile habe. Der Mensch gelangt zu dieser p1c_004.012 Regelmäßigkeit seiner Productionen auf eine doppelte Art, p1c_004.013 entweder er erreicht einen mit dem Verstande faßlichen Zweck, p1c_004.014 kann einen Begriff zum Muster seiner Arbeit nehmen, p1c_004.015 das, was er hervorbringt, drückt nur einen bestimmbaren p1c_004.016 Zweck, einen Begriff aus, oder sein Produkt hat neben p1c_004.017 bestimmbaren Zwecken noch einen unbestimmbaren, läßt sich p1c_004.018 in so fern nach keinem Verstandesbegriffe beurtheilen, und p1c_004.019 kündet sich dennoch dem Gefühle als regelmäßig an. Jm p1c_004.020 ersten Falle ist sein Produkt ein einzelnes Naturding, durch p1c_004.021 den individuellen Zweck und Begriff durchaus bestimmt, mit p1c_004.022 genau zu berechnenden Wirkungen, z. B. eine Maschine. p1c_004.023 Jm andern Fall trägt das Kunstprodukt, außer seinem Daseyn p1c_004.024 als Erscheinung, noch einen allgemeinen Charakter, den p1c_004.025 die Natur in keinem Jndividuum erreicht, er wirkt nur auf p1c_004.026 diejenigen, welche sich der höchsten Vorbilder der Dinge p1c_004.027 bewußt werden können, es erscheint für die Anschauung; p1c_004.028 jedoch als kein Jndividuum mit bestimmbaren Zwecken,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0062"n="4"/><p><lbn="p1c_004.001"/><hirendition="#g">Anmerk.</hi> 2. Das freye Wollen ist noch keine <lbn="p1c_004.002"/><hirendition="#g">Kunst. Kunst</hi> ist das Abstraktum vom <hirendition="#g">können.</hi> Es <lbn="p1c_004.003"/>
wird vorausgesetzt, daß der Mensch naturähnliche Erscheinungen <lbn="p1c_004.004"/>
hervorbringen <hirendition="#g">könne.</hi> Das ganze vom Jnstinkt <lbn="p1c_004.005"/>
freye Handeln des Menschen muß also <hirendition="#g">Kunst</hi> seyn, wenn <lbn="p1c_004.006"/>
es in der Erscheinungswelt sichtbar seyn soll. Das freye <lbn="p1c_004.007"/>
ganz <hirendition="#g">regellose</hi> Wirken ist auch keine Kunst. Sonst <lbn="p1c_004.008"/>
würden die Erscheinungen der Kunst nicht naturähnlich seyn, <lbn="p1c_004.009"/>
da man in der Natur Ordnung wahrnimmt. Es wird vorausgesetzt, <lbn="p1c_004.010"/>
daß ein Kunstwerk Einheit und Zusammenstimmung <lbn="p1c_004.011"/>
der Theile habe. Der Mensch gelangt zu dieser <lbn="p1c_004.012"/>
Regelmäßigkeit seiner Productionen auf eine doppelte Art, <lbn="p1c_004.013"/>
entweder er erreicht einen mit dem Verstande faßlichen Zweck, <lbn="p1c_004.014"/>
kann einen Begriff zum <hirendition="#g">Muster</hi> seiner Arbeit nehmen, <lbn="p1c_004.015"/>
das, was er hervorbringt, drückt nur einen bestimmbaren <lbn="p1c_004.016"/>
Zweck, einen Begriff aus, oder sein Produkt hat neben <lbn="p1c_004.017"/>
bestimmbaren Zwecken noch einen unbestimmbaren, läßt sich <lbn="p1c_004.018"/>
in so fern nach keinem Verstandesbegriffe beurtheilen, und <lbn="p1c_004.019"/>
kündet sich dennoch dem Gefühle als regelmäßig an. Jm <lbn="p1c_004.020"/>
ersten Falle ist sein Produkt ein einzelnes Naturding, durch <lbn="p1c_004.021"/>
den individuellen Zweck und Begriff durchaus bestimmt, mit <lbn="p1c_004.022"/>
genau zu berechnenden Wirkungen, z. B. eine Maschine. <lbn="p1c_004.023"/>
Jm andern Fall trägt das Kunstprodukt, außer seinem Daseyn <lbn="p1c_004.024"/>
als Erscheinung, noch einen allgemeinen Charakter, den <lbn="p1c_004.025"/>
die Natur in keinem Jndividuum erreicht, er wirkt nur auf <lbn="p1c_004.026"/>
diejenigen, welche sich der höchsten Vorbilder der Dinge <lbn="p1c_004.027"/>
bewußt werden können, es erscheint für die Anschauung; <lbn="p1c_004.028"/>
jedoch als kein Jndividuum mit bestimmbaren Zwecken,
</p></div></div></body></text></TEI>
[4/0062]
p1c_004.001
Anmerk. 2. Das freye Wollen ist noch keine p1c_004.002
Kunst. Kunst ist das Abstraktum vom können. Es p1c_004.003
wird vorausgesetzt, daß der Mensch naturähnliche Erscheinungen p1c_004.004
hervorbringen könne. Das ganze vom Jnstinkt p1c_004.005
freye Handeln des Menschen muß also Kunst seyn, wenn p1c_004.006
es in der Erscheinungswelt sichtbar seyn soll. Das freye p1c_004.007
ganz regellose Wirken ist auch keine Kunst. Sonst p1c_004.008
würden die Erscheinungen der Kunst nicht naturähnlich seyn, p1c_004.009
da man in der Natur Ordnung wahrnimmt. Es wird vorausgesetzt, p1c_004.010
daß ein Kunstwerk Einheit und Zusammenstimmung p1c_004.011
der Theile habe. Der Mensch gelangt zu dieser p1c_004.012
Regelmäßigkeit seiner Productionen auf eine doppelte Art, p1c_004.013
entweder er erreicht einen mit dem Verstande faßlichen Zweck, p1c_004.014
kann einen Begriff zum Muster seiner Arbeit nehmen, p1c_004.015
das, was er hervorbringt, drückt nur einen bestimmbaren p1c_004.016
Zweck, einen Begriff aus, oder sein Produkt hat neben p1c_004.017
bestimmbaren Zwecken noch einen unbestimmbaren, läßt sich p1c_004.018
in so fern nach keinem Verstandesbegriffe beurtheilen, und p1c_004.019
kündet sich dennoch dem Gefühle als regelmäßig an. Jm p1c_004.020
ersten Falle ist sein Produkt ein einzelnes Naturding, durch p1c_004.021
den individuellen Zweck und Begriff durchaus bestimmt, mit p1c_004.022
genau zu berechnenden Wirkungen, z. B. eine Maschine. p1c_004.023
Jm andern Fall trägt das Kunstprodukt, außer seinem Daseyn p1c_004.024
als Erscheinung, noch einen allgemeinen Charakter, den p1c_004.025
die Natur in keinem Jndividuum erreicht, er wirkt nur auf p1c_004.026
diejenigen, welche sich der höchsten Vorbilder der Dinge p1c_004.027
bewußt werden können, es erscheint für die Anschauung; p1c_004.028
jedoch als kein Jndividuum mit bestimmbaren Zwecken,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/62>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.