p1c_010.001 einzige reine Triebfeder für das Handeln ist,) in p1c_010.002 dem leicht erkaltenden Menschengeschlechte zu unterhalten, p1c_010.003 mittelst der Phantasie die Sinnlichkeit selbst zu bändigen, p1c_010.004 und zu veredeln. Poesie in diesem Sinne kann nur der p1c_010.005 Materialist für Lüge erklären. Sehr richtig bemerkt p1c_010.006 Strabo im ersten Buche seiner Geographie gegen den Eratosthenes, p1c_010.007 die Poesie sey mehr als eine psukhagogia, p1c_010.008 sie sey von jeher bey den Alten als die philosophia prote p1c_010.009 angesehen worden. Die Stoiker (und man kann hinzusetzen überhaupt p1c_010.010 die Griechen) hätten den Poeten ausschließend sophos p1c_010.011 genennt, die Kinder in den griechischen Städten wären p1c_010.012 durch die Poesie zur Sittsamkeit erzogen worden, Religion p1c_010.013 und Staat hätten die Theater und die Homerischen Recitationen p1c_010.014 daselbst von jeher zur einigen Belehrung des Volks p1c_010.015 sanktionirt, und niemand könne ein Dichter seyn, der sich p1c_010.016 nicht als guter Mensch bewiese. Darum behauptet Aristophanes p1c_010.017 irgendwo, der Dichter spreche nur in seinen Werken p1c_010.018 seine eigne Natur aus. Horaz verlangt zu der Dichtkunst p1c_010.019 als erste Erforderniß die Weisheit, und der Vater der p1c_010.020 neuern deutschen Poesie, Martin Opitz, sagt in seinem p1c_010.021 Buche von der deutschen Poeterey, der Poet müsse nicht nur p1c_010.022 von sinnreichen Einfällen und Erfindungen seyn, sondern p1c_010.023 auch selbst ein großes unverzagtes Gemüth haben, hohe p1c_010.024 Sachen bey sich erdenken können, solle anders seine Rede p1c_010.025 eine Art kriegen und von der Erde emporsteigen. Denn die p1c_010.026 Poesie sey bey allen Völkern Anfangs nichts geringeres gewesen, p1c_010.027 als eine verborgene Theologie, ein Unterricht von p1c_010.028 göttlichen Sachen. Nur bey Nationen, deren Sitte und
p1c_010.001 einzige reine Triebfeder für das Handeln ist,) in p1c_010.002 dem leicht erkaltenden Menschengeschlechte zu unterhalten, p1c_010.003 mittelst der Phantasie die Sinnlichkeit selbst zu bändigen, p1c_010.004 und zu veredeln. Poesie in diesem Sinne kann nur der p1c_010.005 Materialist für Lüge erklären. Sehr richtig bemerkt p1c_010.006 Strabo im ersten Buche seiner Geographie gegen den Eratosthenes, p1c_010.007 die Poesie sey mehr als eine ψυχαγωγια, p1c_010.008 sie sey von jeher bey den Alten als die φιλοσοφια πρωτη p1c_010.009 angesehen worden. Die Stoiker (und man kann hinzusetzen überhaupt p1c_010.010 die Griechen) hätten den Poeten ausschließend σοφος p1c_010.011 genennt, die Kinder in den griechischen Städten wären p1c_010.012 durch die Poesie zur Sittsamkeit erzogen worden, Religion p1c_010.013 und Staat hätten die Theater und die Homerischen Recitationen p1c_010.014 daselbst von jeher zur einigen Belehrung des Volks p1c_010.015 sanktionirt, und niemand könne ein Dichter seyn, der sich p1c_010.016 nicht als guter Mensch bewiese. Darum behauptet Aristophanes p1c_010.017 irgendwo, der Dichter spreche nur in seinen Werken p1c_010.018 seine eigne Natur aus. Horaz verlangt zu der Dichtkunst p1c_010.019 als erste Erforderniß die Weisheit, und der Vater der p1c_010.020 neuern deutschen Poesie, Martin Opitz, sagt in seinem p1c_010.021 Buche von der deutschen Poeterey, der Poet müsse nicht nur p1c_010.022 von sinnreichen Einfällen und Erfindungen seyn, sondern p1c_010.023 auch selbst ein großes unverzagtes Gemüth haben, hohe p1c_010.024 Sachen bey sich erdenken können, solle anders seine Rede p1c_010.025 eine Art kriegen und von der Erde emporsteigen. Denn die p1c_010.026 Poesie sey bey allen Völkern Anfangs nichts geringeres gewesen, p1c_010.027 als eine verborgene Theologie, ein Unterricht von p1c_010.028 göttlichen Sachen. Nur bey Nationen, deren Sitte und
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/68>, abgerufen am 27.11.2024.
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