Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_023.001
Haupttheorieen verlangen also und setzen voraus, erstlich p1c_023.002
eine Formalphilosophie, eine Logik, oder Lehre die Begriffe p1c_023.003
zu analysiren und zu ordnen, zweytens eine materielle p1c_023.004
Quelle für ihre Hypothesen, aus der sie die reinen Construktionen p1c_023.005
schöpfen können, sie postuliren, daß ihnen ein beständiges p1c_023.006
Jdeal vorgehalten werde, nach welchem sie arbeite, p1c_023.007
das Jdeal nun aller Theorieen ist die reine eigentliche p1c_023.008
Wissenschaft,
die Dingenlehre, die Ontologie, p1c_023.009
die Materialphilosophie, Scientia prima. Sie construirt p1c_023.010
ihre Materie selbst, und analysirt sie alsdann nach logischer p1c_023.011
Form. Sie ist also rein, der Materie, wie der Form p1c_023.012
nach. Jn ihr fällt Realität und Jdealität zusammen zur p1c_023.013
Jdendität. Sie ist kein Lernen von außen, erwartet keine p1c_023.014
äußere Bestätigung. Sie ist ein völliges Wissen, dessen p1c_023.015
Möglichkeit jedermann anerkennen muß, sie ist eine p1c_023.016
Verstandesreflexion über die innern absoluten Produktionen. p1c_023.017
Die Construktionen der reinen Wissenschaft nimmt nun der p1c_023.018
Theoretiker in seine Theorieen als Hypothesen auf, und sucht p1c_023.019
seine Erfahrungen eben so logisch zu ordnen, wie die Ontologie p1c_023.020
selbst, wobey aber nie eine völlige Gewißheit entstehen p1c_023.021
kann. Diese Ontologie hat vier Hauptkapitel, eben p1c_023.022
so, wie es die vierfache Theorie verlangt: 1) Eine rationale p1c_023.023
Größenlehre (Mathematik); 2) eine rationale p1c_023.024
Kraftlehre (Mechanik); 3) eine rationale Naturlehre (Physiologie); p1c_023.025
4) eine rationale Seelenlehre (Psychologie, Transscendentalphilosophie). p1c_023.026
So wie die Theorieen alle am Ende p1c_023.027
die Ontologie postuliren, so postuliren wiederum die vier p1c_023.028
Kapitel der Ontologie einander stufenweise. Die Mathematik,

p1c_023.001
Haupttheorieen verlangen also und setzen voraus, erstlich p1c_023.002
eine Formalphilosophie, eine Logik, oder Lehre die Begriffe p1c_023.003
zu analysiren und zu ordnen, zweytens eine materielle p1c_023.004
Quelle für ihre Hypothesen, aus der sie die reinen Construktionen p1c_023.005
schöpfen können, sie postuliren, daß ihnen ein beständiges p1c_023.006
Jdeal vorgehalten werde, nach welchem sie arbeite, p1c_023.007
das Jdeal nun aller Theorieen ist die reine eigentliche p1c_023.008
Wissenschaft,
die Dingenlehre, die Ontologie, p1c_023.009
die Materialphilosophie, Scientia prima. Sie construirt p1c_023.010
ihre Materie selbst, und analysirt sie alsdann nach logischer p1c_023.011
Form. Sie ist also rein, der Materie, wie der Form p1c_023.012
nach. Jn ihr fällt Realität und Jdealität zusammen zur p1c_023.013
Jdendität. Sie ist kein Lernen von außen, erwartet keine p1c_023.014
äußere Bestätigung. Sie ist ein völliges Wissen, dessen p1c_023.015
Möglichkeit jedermann anerkennen muß, sie ist eine p1c_023.016
Verstandesreflexion über die innern absoluten Produktionen. p1c_023.017
Die Construktionen der reinen Wissenschaft nimmt nun der p1c_023.018
Theoretiker in seine Theorieen als Hypothesen auf, und sucht p1c_023.019
seine Erfahrungen eben so logisch zu ordnen, wie die Ontologie p1c_023.020
selbst, wobey aber nie eine völlige Gewißheit entstehen p1c_023.021
kann. Diese Ontologie hat vier Hauptkapitel, eben p1c_023.022
so, wie es die vierfache Theorie verlangt: 1) Eine rationale p1c_023.023
Größenlehre (Mathematik); 2) eine rationale p1c_023.024
Kraftlehre (Mechanik); 3) eine rationale Naturlehre (Physiologie); p1c_023.025
4) eine rationale Seelenlehre (Psychologie, Transscendentalphilosophie). p1c_023.026
So wie die Theorieen alle am Ende p1c_023.027
die Ontologie postuliren, so postuliren wiederum die vier p1c_023.028
Kapitel der Ontologie einander stufenweise. Die Mathematik,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="23"/><lb n="p1c_023.001"/>
Haupttheorieen verlangen also und setzen voraus, erstlich <lb n="p1c_023.002"/>
eine Formalphilosophie, eine <hi rendition="#g">Logik,</hi> oder Lehre die Begriffe <lb n="p1c_023.003"/>
zu analysiren und zu ordnen, zweytens eine materielle <lb n="p1c_023.004"/>
Quelle für ihre Hypothesen, aus der sie die reinen Construktionen <lb n="p1c_023.005"/>
schöpfen können, sie postuliren, daß ihnen ein beständiges <lb n="p1c_023.006"/>
Jdeal vorgehalten werde, nach welchem sie arbeite, <lb n="p1c_023.007"/>
das <hi rendition="#g">Jdeal</hi> nun aller Theorieen ist die <hi rendition="#g">reine eigentliche <lb n="p1c_023.008"/>
Wissenschaft,</hi> die Dingenlehre, die Ontologie, <lb n="p1c_023.009"/>
die Materialphilosophie, <hi rendition="#aq">Scientia prima</hi>. Sie construirt <lb n="p1c_023.010"/>
ihre Materie selbst, und analysirt sie alsdann nach logischer <lb n="p1c_023.011"/>
Form. Sie ist also rein, der Materie, wie der Form <lb n="p1c_023.012"/>
nach. Jn ihr fällt Realität und Jdealität zusammen zur <lb n="p1c_023.013"/>
Jdendität. Sie ist kein Lernen von außen, erwartet keine <lb n="p1c_023.014"/>
äußere Bestätigung. Sie ist ein <hi rendition="#g">völliges</hi> Wissen, dessen <lb n="p1c_023.015"/>
Möglichkeit jedermann anerkennen muß, sie ist eine <lb n="p1c_023.016"/>
Verstandesreflexion über die innern absoluten Produktionen. <lb n="p1c_023.017"/>
Die Construktionen der reinen Wissenschaft nimmt nun der <lb n="p1c_023.018"/>
Theoretiker in seine Theorieen als Hypothesen auf, und sucht <lb n="p1c_023.019"/>
seine Erfahrungen eben so logisch zu ordnen, wie die <hi rendition="#g">Ontologie</hi> <lb n="p1c_023.020"/>
selbst, wobey aber nie eine völlige Gewißheit entstehen <lb n="p1c_023.021"/>
kann. Diese <hi rendition="#g">Ontologie</hi> hat vier Hauptkapitel, eben <lb n="p1c_023.022"/>
so, wie es die vierfache Theorie verlangt: 1) Eine <hi rendition="#g">rationale</hi> <lb n="p1c_023.023"/>
Größenlehre (Mathematik); 2) eine <hi rendition="#g">rationale</hi> <lb n="p1c_023.024"/>
Kraftlehre (Mechanik); 3) eine <hi rendition="#g">rationale</hi> Naturlehre (Physiologie); <lb n="p1c_023.025"/>
4) eine <hi rendition="#g">rationale</hi> Seelenlehre (Psychologie, Transscendentalphilosophie). <lb n="p1c_023.026"/>
So wie die <hi rendition="#g">Theorieen</hi> alle am Ende <lb n="p1c_023.027"/>
die <hi rendition="#g">Ontologie</hi> postuliren, so postuliren wiederum die vier <lb n="p1c_023.028"/>
Kapitel der Ontologie einander stufenweise. Die Mathematik,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0081] p1c_023.001 Haupttheorieen verlangen also und setzen voraus, erstlich p1c_023.002 eine Formalphilosophie, eine Logik, oder Lehre die Begriffe p1c_023.003 zu analysiren und zu ordnen, zweytens eine materielle p1c_023.004 Quelle für ihre Hypothesen, aus der sie die reinen Construktionen p1c_023.005 schöpfen können, sie postuliren, daß ihnen ein beständiges p1c_023.006 Jdeal vorgehalten werde, nach welchem sie arbeite, p1c_023.007 das Jdeal nun aller Theorieen ist die reine eigentliche p1c_023.008 Wissenschaft, die Dingenlehre, die Ontologie, p1c_023.009 die Materialphilosophie, Scientia prima. Sie construirt p1c_023.010 ihre Materie selbst, und analysirt sie alsdann nach logischer p1c_023.011 Form. Sie ist also rein, der Materie, wie der Form p1c_023.012 nach. Jn ihr fällt Realität und Jdealität zusammen zur p1c_023.013 Jdendität. Sie ist kein Lernen von außen, erwartet keine p1c_023.014 äußere Bestätigung. Sie ist ein völliges Wissen, dessen p1c_023.015 Möglichkeit jedermann anerkennen muß, sie ist eine p1c_023.016 Verstandesreflexion über die innern absoluten Produktionen. p1c_023.017 Die Construktionen der reinen Wissenschaft nimmt nun der p1c_023.018 Theoretiker in seine Theorieen als Hypothesen auf, und sucht p1c_023.019 seine Erfahrungen eben so logisch zu ordnen, wie die Ontologie p1c_023.020 selbst, wobey aber nie eine völlige Gewißheit entstehen p1c_023.021 kann. Diese Ontologie hat vier Hauptkapitel, eben p1c_023.022 so, wie es die vierfache Theorie verlangt: 1) Eine rationale p1c_023.023 Größenlehre (Mathematik); 2) eine rationale p1c_023.024 Kraftlehre (Mechanik); 3) eine rationale Naturlehre (Physiologie); p1c_023.025 4) eine rationale Seelenlehre (Psychologie, Transscendentalphilosophie). p1c_023.026 So wie die Theorieen alle am Ende p1c_023.027 die Ontologie postuliren, so postuliren wiederum die vier p1c_023.028 Kapitel der Ontologie einander stufenweise. Die Mathematik,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/81
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/81>, abgerufen am 25.11.2024.