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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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Form selbst sprechen, in den höchsten Situationen p2c_635.002
des Lebens sich befinden, so hat hier auch eine weit p2c_635.003
gedrängtere lyrische Sprache statt, als im Heldengedichte, p2c_635.004
welches die Form der ruhigen Erzählung hat. p2c_635.005
Jndeß darf die Sprache des Cothurns nicht so außerordentlich p2c_635.006
seyn, wie die des lyrischen Dichters. Sie p2c_635.007
muß etwas natürlicher und einfacher seyn. Denn die p2c_635.008
Personen, die sprechen, sind der wirklichen Welt näher, p2c_635.009
als der Odendichter. Der tragische Styl hält also im p2c_635.010
Ganzen genommen zwischen dem Styl der Ode und p2c_635.011
dem des Epos das Mittel. Man kann ihm den p2c_635.012
herrschenden Charakter der Hoheit geben, und er p2c_635.013
hat seine nähere Bestimmung durch den Chor der Alten p2c_635.014
bekommen. Da aber verschiedene Personen nach p2c_635.015
einander auftreten, so versteht sich, daß eine gewisse p2c_635.016
Abstufung im Styl statt haben, daß alles auf Charakter p2c_635.017
und Situation berechnet seyn muß. Denn der p2c_635.018
Mensch, den Verhältnisse und Leidenschaft auf einen höhern p2c_635.019
Standpunkt gesetzt haben, spricht anders als der p2c_635.020
kältere und gewöhnliche. Jndessen muß man auch p2c_635.021
diesem, wegen der Hauptstimmung eine von der gemeinen p2c_635.022
unterschiedene Sprache geben. Der Jnhalt des p2c_635.023
Trauerspiels giebt jeder Person eine lyrische Würde, p2c_635.024
und die Regel der Jllusion oder treuen Nachahmung p2c_635.025
der Natur darf hier nicht dagegen angeführt werden.

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Form selbst sprechen, in den höchsten Situationen p2c_635.002
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gedrängtere lyrische Sprache statt, als im Heldengedichte, p2c_635.004
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Trauerspiels giebt jeder Person eine lyrische Würde, p2c_635.024
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[635/0159] p2c_635.001 Form selbst sprechen, in den höchsten Situationen p2c_635.002 des Lebens sich befinden, so hat hier auch eine weit p2c_635.003 gedrängtere lyrische Sprache statt, als im Heldengedichte, p2c_635.004 welches die Form der ruhigen Erzählung hat. p2c_635.005 Jndeß darf die Sprache des Cothurns nicht so außerordentlich p2c_635.006 seyn, wie die des lyrischen Dichters. Sie p2c_635.007 muß etwas natürlicher und einfacher seyn. Denn die p2c_635.008 Personen, die sprechen, sind der wirklichen Welt näher, p2c_635.009 als der Odendichter. Der tragische Styl hält also im p2c_635.010 Ganzen genommen zwischen dem Styl der Ode und p2c_635.011 dem des Epos das Mittel. Man kann ihm den p2c_635.012 herrschenden Charakter der Hoheit geben, und er p2c_635.013 hat seine nähere Bestimmung durch den Chor der Alten p2c_635.014 bekommen. Da aber verschiedene Personen nach p2c_635.015 einander auftreten, so versteht sich, daß eine gewisse p2c_635.016 Abstufung im Styl statt haben, daß alles auf Charakter p2c_635.017 und Situation berechnet seyn muß. Denn der p2c_635.018 Mensch, den Verhältnisse und Leidenschaft auf einen höhern p2c_635.019 Standpunkt gesetzt haben, spricht anders als der p2c_635.020 kältere und gewöhnliche. Jndessen muß man auch p2c_635.021 diesem, wegen der Hauptstimmung eine von der gemeinen p2c_635.022 unterschiedene Sprache geben. Der Jnhalt des p2c_635.023 Trauerspiels giebt jeder Person eine lyrische Würde, p2c_635.024 und die Regel der Jllusion oder treuen Nachahmung p2c_635.025 der Natur darf hier nicht dagegen angeführt werden.

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/159>, abgerufen am 21.11.2024.