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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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Wahrheiten jeder Art Sinnbilder darstellen, und den p2c_742.002
höhern räthselhaften Sinn mittelbar errathen lassen. p2c_742.003
Dies wird vorzüglich die Empfindung des niedern, p2c_742.004
des lebendig Schönen erwecken, und so wird es auch p2c_742.005
eine niedere allegorische Poesie geben.

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Anmerk. Von der allegorischen Poesie, die p2c_742.007
sich vornimmt ein allegorisches Objekt darzustellen, und p2c_742.008
sich an diese Darstellung bindet, wird man die Allegorie p2c_742.009
als Figur des Styls leicht unterscheiden. Von letzterer p2c_742.010
haben wir schon oben gehandelt. Diese findet auch p2c_742.011
bey der lyrischen Poesie statt, und ist nur ein vorübergehender p2c_742.012
Schmuck der Rede. Freylich ist sie eine Hauptfigur p2c_742.013
des poetischen Styls. Denn das Bedürfniß des Menschen p2c_742.014
zu allegorisiren ist tief in seiner sinnlichen Natur, wie p2c_742.015
auch in seiner Vernunft gegründet, welche letztere allen p2c_742.016
Dingen der Welt zwey Bedeutungen giebt, eine niedere und p2c_742.017
eine höhere, eine individuelle und eine allgemeine. Jedes p2c_742.018
zufällige Objekt, möchte man sagen, ist ein Sinnbild seines p2c_742.019
urbildlichen Gattungsbegriffs. Menschenschicksale sind Allegorien p2c_742.020
auf das Glück im Allgemeinen. Einzelne gute p2c_742.021
Menschen geben Allegorien für tugendhafte Eigenschaften ab. p2c_742.022
Z. B. Herkules für die Stärke, Orestes und Pylades für p2c_742.023
die Freundschaft. Daher in allen Künsten die sogenannte p2c_742.024
historische Allegorie z. B. Marius auf den Trümmern p2c_742.025
von Karthago ein Sinnbild für die Nichtigkeit der menschlichen p2c_742.026
Größe. Diese Bemerkung giebt den Schlüssel zu einer p2c_742.027
pragmatischen Geschichte vom Ursprung aller Mythologie.

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Wahrheiten jeder Art Sinnbilder darstellen, und den p2c_742.002
höhern räthselhaften Sinn mittelbar errathen lassen. p2c_742.003
Dies wird vorzüglich die Empfindung des niedern, p2c_742.004
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[742/0266] p2c_742.001 Wahrheiten jeder Art Sinnbilder darstellen, und den p2c_742.002 höhern räthselhaften Sinn mittelbar errathen lassen. p2c_742.003 Dies wird vorzüglich die Empfindung des niedern, p2c_742.004 des lebendig Schönen erwecken, und so wird es auch p2c_742.005 eine niedere allegorische Poesie geben. p2c_742.006 Anmerk. Von der allegorischen Poesie, die p2c_742.007 sich vornimmt ein allegorisches Objekt darzustellen, und p2c_742.008 sich an diese Darstellung bindet, wird man die Allegorie p2c_742.009 als Figur des Styls leicht unterscheiden. Von letzterer p2c_742.010 haben wir schon oben gehandelt. Diese findet auch p2c_742.011 bey der lyrischen Poesie statt, und ist nur ein vorübergehender p2c_742.012 Schmuck der Rede. Freylich ist sie eine Hauptfigur p2c_742.013 des poetischen Styls. Denn das Bedürfniß des Menschen p2c_742.014 zu allegorisiren ist tief in seiner sinnlichen Natur, wie p2c_742.015 auch in seiner Vernunft gegründet, welche letztere allen p2c_742.016 Dingen der Welt zwey Bedeutungen giebt, eine niedere und p2c_742.017 eine höhere, eine individuelle und eine allgemeine. Jedes p2c_742.018 zufällige Objekt, möchte man sagen, ist ein Sinnbild seines p2c_742.019 urbildlichen Gattungsbegriffs. Menschenschicksale sind Allegorien p2c_742.020 auf das Glück im Allgemeinen. Einzelne gute p2c_742.021 Menschen geben Allegorien für tugendhafte Eigenschaften ab. p2c_742.022 Z. B. Herkules für die Stärke, Orestes und Pylades für p2c_742.023 die Freundschaft. Daher in allen Künsten die sogenannte p2c_742.024 historische Allegorie z. B. Marius auf den Trümmern p2c_742.025 von Karthago ein Sinnbild für die Nichtigkeit der menschlichen p2c_742.026 Größe. Diese Bemerkung giebt den Schlüssel zu einer p2c_742.027 pragmatischen Geschichte vom Ursprung aller Mythologie.

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 742. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/266>, abgerufen am 21.11.2024.