Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.
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p2c_758.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0282" n="758"/><lb n="p2c_758.001"/> digen Zusammenhang</hi> nach Principien zu erwarten, <lb n="p2c_758.002"/> als in der Menschenwelt? Hier ist also mehr, denn ein blosses <lb n="p2c_758.003"/> <hi rendition="#g">Gleichniß.</hi> Die <hi rendition="#g">Fabel</hi> interessirt nicht blos den <lb n="p2c_758.004"/> <hi rendition="#g">Witz,</hi> der entfernte Aehnlichkeiten findet. Jhr Jnteresse <lb n="p2c_758.005"/> liegt tiefer. Es ist das der Vernunft, welche aus den natürlichen <lb n="p2c_758.006"/> Gesetzen selbst der leblosen oder instinctmäßigen <lb n="p2c_758.007"/> Natur auf ihr inneres Wesen schließt. Sie ist, wie überhaupt <lb n="p2c_758.008"/> die <hi rendition="#g">Allegorie,</hi> weniger ein Gleichniß zur Erläuterung <lb n="p2c_758.009"/> der Wahrheit, als die <hi rendition="#g">sinnliche</hi> Seite der Wahrheit, <lb n="p2c_758.010"/> so wie die ganze Natur, eine sichtbare Evolution des Schöpfergeistes <lb n="p2c_758.011"/> ist. Am nächsten ist, in Bestimmung des Wesens <lb n="p2c_758.012"/> der Fabel, und der <hi rendition="#g">Allegorie</hi> im <hi rendition="#g">Allgemeinen</hi> der <lb n="p2c_758.013"/> Sache <hi rendition="#g">Herder</hi> gekommen, so weit man ohne eine vollständige <lb n="p2c_758.014"/> <hi rendition="#g">Theorie</hi> der Poetik und eine rationale Psychologie <lb n="p2c_758.015"/> nur kommen kann. Aus diesem allen erhellt, daß die <hi rendition="#g">Fabel</hi> <lb n="p2c_758.016"/> älter sey, als <hi rendition="#g">Aesop</hi> (wenn nicht Aesop selbst nur eine <lb n="p2c_758.017"/> allegorische Person ist, wie nach seinen Biographieen vielleicht <lb n="p2c_758.018"/> Homer). Wenigstens meynen dies Luther und andere. <lb n="p2c_758.019"/> Lockmann, Bidpai, wiewohl auch entstellt, zeigen den morgenländischen <lb n="p2c_758.020"/> Ursprung der Fabel. Sie hängt mit der <lb n="p2c_758.021"/> alten Mythologie, mit der allegorischen Sprache, mit den <lb n="p2c_758.022"/> Hieroglyphen, welche so oft die Thiere zur Darstellung der <lb n="p2c_758.023"/> Wahrheit gebrauchten, nothwendig zusammen. Sie ist eine <lb n="p2c_758.024"/> <hi rendition="#g">Belebung</hi> der todten Natur, eine Prosopopöe, sie giebt <lb n="p2c_758.025"/> den Thieren als Jnstinctwesen eine freye, moralische Natur. <lb n="p2c_758.026"/> Sie ist also <hi rendition="#g">rein poetisch.</hi> Es ist ein <hi rendition="#g">Mißgriff</hi> zu dem <lb n="p2c_758.027"/> schon die Griechen Anlaß geben, wenn man die <hi rendition="#g">Fabel</hi> <lb n="p2c_758.028"/> für ein ursprünglich <hi rendition="#g">rhetoretisches</hi> Product hält, das </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [758/0282]
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digen Zusammenhang nach Principien zu erwarten, p2c_758.002
als in der Menschenwelt? Hier ist also mehr, denn ein blosses p2c_758.003
Gleichniß. Die Fabel interessirt nicht blos den p2c_758.004
Witz, der entfernte Aehnlichkeiten findet. Jhr Jnteresse p2c_758.005
liegt tiefer. Es ist das der Vernunft, welche aus den natürlichen p2c_758.006
Gesetzen selbst der leblosen oder instinctmäßigen p2c_758.007
Natur auf ihr inneres Wesen schließt. Sie ist, wie überhaupt p2c_758.008
die Allegorie, weniger ein Gleichniß zur Erläuterung p2c_758.009
der Wahrheit, als die sinnliche Seite der Wahrheit, p2c_758.010
so wie die ganze Natur, eine sichtbare Evolution des Schöpfergeistes p2c_758.011
ist. Am nächsten ist, in Bestimmung des Wesens p2c_758.012
der Fabel, und der Allegorie im Allgemeinen der p2c_758.013
Sache Herder gekommen, so weit man ohne eine vollständige p2c_758.014
Theorie der Poetik und eine rationale Psychologie p2c_758.015
nur kommen kann. Aus diesem allen erhellt, daß die Fabel p2c_758.016
älter sey, als Aesop (wenn nicht Aesop selbst nur eine p2c_758.017
allegorische Person ist, wie nach seinen Biographieen vielleicht p2c_758.018
Homer). Wenigstens meynen dies Luther und andere. p2c_758.019
Lockmann, Bidpai, wiewohl auch entstellt, zeigen den morgenländischen p2c_758.020
Ursprung der Fabel. Sie hängt mit der p2c_758.021
alten Mythologie, mit der allegorischen Sprache, mit den p2c_758.022
Hieroglyphen, welche so oft die Thiere zur Darstellung der p2c_758.023
Wahrheit gebrauchten, nothwendig zusammen. Sie ist eine p2c_758.024
Belebung der todten Natur, eine Prosopopöe, sie giebt p2c_758.025
den Thieren als Jnstinctwesen eine freye, moralische Natur. p2c_758.026
Sie ist also rein poetisch. Es ist ein Mißgriff zu dem p2c_758.027
schon die Griechen Anlaß geben, wenn man die Fabel p2c_758.028
für ein ursprünglich rhetoretisches Product hält, das
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