Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.
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p2c_549.001 p2c_549.007 p2c_549.008 p2c_549.022 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0073" n="549"/><lb n="p2c_549.001"/> göttlicher Wesen</hi> die Veranlassung zu einer Hymne seyn <lb n="p2c_549.002"/> müsse, ist dem Sprachgebrauch nach nicht nothwendig. <lb n="p2c_549.003"/> Man hat Hymnen an das Licht (Abr. Cowley), an das <lb n="p2c_549.004"/> Grab, auf Publicität u. s. w. Schillers Gesang an die <lb n="p2c_549.005"/> Freude ist ganz eigentlich eine <hi rendition="#g">Hymne.</hi> Der Marseiller <lb n="p2c_549.006"/> Kriegsgesang von de Lille wird auch eine <hi rendition="#g">Hymne</hi> genannt.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_549.007"/> §. 8.</hi> </p> <p><lb n="p2c_549.008"/> 1) Da die <hi rendition="#g">Hymne</hi> ein höheres <hi rendition="#g">lyrisches</hi> Gedicht <lb n="p2c_549.009"/> ist, so ist ihr <hi rendition="#g">Hauptinhalt</hi> eine Empfindung <lb n="p2c_549.010"/> des <hi rendition="#g">höhern Schönen.</hi> Da aber die Veranlassung <lb n="p2c_549.011"/> <hi rendition="#g">feyerlich</hi> ist, und vorausgesetzt wird, daß mehrere <lb n="p2c_549.012"/> singen, so wird nicht jede Untergattung des rührend <lb n="p2c_549.013"/> Schönen passend seyn. Diese Untergattungen werden <lb n="p2c_549.014"/> auch nicht so unter einander abwechseln, wie bey der <lb n="p2c_549.015"/> Ode. Denn das leicht bewegliche Gemüth des einsamen <lb n="p2c_549.016"/> Dichters geht eher aus einer Empfindung in die <lb n="p2c_549.017"/> andere über, als sich die Stimmung einer Menge <lb n="p2c_549.018"/> Menschen bey einer feyerlichen Gelegenheit verändert. <lb n="p2c_549.019"/> Es muß also mehr <hi rendition="#g">Einheit</hi> der Empfindung in der <lb n="p2c_549.020"/> Hymne seyn, als in der Ode, und das <hi rendition="#g">Große,</hi> das <lb n="p2c_549.021"/> <hi rendition="#g">Feyerliche</hi> durchaus herrschen.</p> <p><lb n="p2c_549.022"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Besonders muß der Aufang der Hymne <lb n="p2c_549.023"/> ein <foreign xml:lang="grc">προσωπον τηλαυγες</foreign> seyn. Man betritt ein Heiligthum. <lb n="p2c_549.024"/> Gewöhnlich ists ein Anruf, der die <hi rendition="#g">Hauptver= </hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [549/0073]
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göttlicher Wesen die Veranlassung zu einer Hymne seyn p2c_549.002
müsse, ist dem Sprachgebrauch nach nicht nothwendig. p2c_549.003
Man hat Hymnen an das Licht (Abr. Cowley), an das p2c_549.004
Grab, auf Publicität u. s. w. Schillers Gesang an die p2c_549.005
Freude ist ganz eigentlich eine Hymne. Der Marseiller p2c_549.006
Kriegsgesang von de Lille wird auch eine Hymne genannt.
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§. 8.
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1) Da die Hymne ein höheres lyrisches Gedicht p2c_549.009
ist, so ist ihr Hauptinhalt eine Empfindung p2c_549.010
des höhern Schönen. Da aber die Veranlassung p2c_549.011
feyerlich ist, und vorausgesetzt wird, daß mehrere p2c_549.012
singen, so wird nicht jede Untergattung des rührend p2c_549.013
Schönen passend seyn. Diese Untergattungen werden p2c_549.014
auch nicht so unter einander abwechseln, wie bey der p2c_549.015
Ode. Denn das leicht bewegliche Gemüth des einsamen p2c_549.016
Dichters geht eher aus einer Empfindung in die p2c_549.017
andere über, als sich die Stimmung einer Menge p2c_549.018
Menschen bey einer feyerlichen Gelegenheit verändert. p2c_549.019
Es muß also mehr Einheit der Empfindung in der p2c_549.020
Hymne seyn, als in der Ode, und das Große, das p2c_549.021
Feyerliche durchaus herrschen.
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Anmerk. Besonders muß der Aufang der Hymne p2c_549.023
ein προσωπον τηλαυγες seyn. Man betritt ein Heiligthum. p2c_549.024
Gewöhnlich ists ein Anruf, der die Hauptver=
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