Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.entbehren. Je unbegabter sie sind, um so leichter ist ihr Loos; Das Ergebniß unserer höheren Töchterschule wird von *) Bericht über die Verhandlungen u. s. w. S. 86 f. **) Helene Lange, Roth. Ein Vortrag. 1892. S. 4.
entbehren. Je unbegabter sie sind, um so leichter ist ihr Loos; Das Ergebniß unserer höheren Töchterschule wird von *) Bericht über die Verhandlungen u. s. w. S. 86 f. **) Helene Lange, Roth. Ein Vortrag. 1892. S. 4.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0137" n="121"/> entbehren. Je unbegabter sie sind, um so leichter ist ihr Loos;<lb/> denn um so eher versumpfen sie an Geist und Gemüth. Je<lb/> temperamentvoller sie sind, um so unglücklicher sind sie. Der<lb/> Mangel an Jnhalt und Zweck des Lebens und die daraus ent-<lb/> springende innere Noth ist ein Kreuz der bemittelten ledigen<lb/> Frauen … Auch die Frau lebt nicht vom Brote allein, sie<lb/> muß ihr Pflichttheil an Mühe und Arbeit haben, das sie mit<lb/> der Menschheit verknüpft. Wie das Gewicht die Uhr, so erhält<lb/> nur ein Theil pflichtmäßiger Arbeit das Menschengeschlecht im<lb/> rechten Gange. Jst der einzige Lebenszweck der ökonomisch<lb/> unabhängigen Frau der Genuß, so fehlt jedes sittliche Band,<lb/> das sie an das Leben knüpft, und damit verliert das Leben<lb/> den Sinn. Es wird zur Oede, zur Last. Das mühseligste<lb/> Gemeinschaftsleben ist leichter zu ertragen als diese einsame<lb/> Selbstzersetzung … Damit die überschüssigen Kräfte Ver-<lb/> wendung finden, muß der erste Schritt sein, daß auch in der<lb/> Mädchenerziehung der Satz beherzigt wird: Nur das Leben<lb/> ist ein sittliches, welches auf pflichtmäßiger Arbeit ruht, und<lb/> daß die Eltern dementsprechend von vornherein einen Beruf<lb/> für ihre Töchter ins Auge fassen.“<note place="foot" n="*)"> Bericht über die Verhandlungen u. s. w. S. 86 f.</note></p><lb/> <p>Das Ergebniß unserer höheren Töchterschule wird von<lb/> einer der berufensten Autoritäten auf diesem Gebiete kurz also<lb/> geschildert: „Bei keinem Menschen ist die Fähigkeit, nicht zu<lb/> sehen, was wirklich vorgeht, nicht zu hören, wenn ein Noth-<lb/> schrei durch das Land schallt, nicht zu empfinden, wenn das<lb/> Elend ihnen nahe tritt, in Träumerei zu versinken, wenn das<lb/> Leben wache Menschen verlangt, größer, als bei der Mehrzahl<lb/> unserer Mädchen der sogenannten besseren Stände“<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#g">Helene Lange</hi>, Roth. Ein Vortrag. 1892. S. 4.</note></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0137]
entbehren. Je unbegabter sie sind, um so leichter ist ihr Loos;
denn um so eher versumpfen sie an Geist und Gemüth. Je
temperamentvoller sie sind, um so unglücklicher sind sie. Der
Mangel an Jnhalt und Zweck des Lebens und die daraus ent-
springende innere Noth ist ein Kreuz der bemittelten ledigen
Frauen … Auch die Frau lebt nicht vom Brote allein, sie
muß ihr Pflichttheil an Mühe und Arbeit haben, das sie mit
der Menschheit verknüpft. Wie das Gewicht die Uhr, so erhält
nur ein Theil pflichtmäßiger Arbeit das Menschengeschlecht im
rechten Gange. Jst der einzige Lebenszweck der ökonomisch
unabhängigen Frau der Genuß, so fehlt jedes sittliche Band,
das sie an das Leben knüpft, und damit verliert das Leben
den Sinn. Es wird zur Oede, zur Last. Das mühseligste
Gemeinschaftsleben ist leichter zu ertragen als diese einsame
Selbstzersetzung … Damit die überschüssigen Kräfte Ver-
wendung finden, muß der erste Schritt sein, daß auch in der
Mädchenerziehung der Satz beherzigt wird: Nur das Leben
ist ein sittliches, welches auf pflichtmäßiger Arbeit ruht, und
daß die Eltern dementsprechend von vornherein einen Beruf
für ihre Töchter ins Auge fassen.“ *)
Das Ergebniß unserer höheren Töchterschule wird von
einer der berufensten Autoritäten auf diesem Gebiete kurz also
geschildert: „Bei keinem Menschen ist die Fähigkeit, nicht zu
sehen, was wirklich vorgeht, nicht zu hören, wenn ein Noth-
schrei durch das Land schallt, nicht zu empfinden, wenn das
Elend ihnen nahe tritt, in Träumerei zu versinken, wenn das
Leben wache Menschen verlangt, größer, als bei der Mehrzahl
unserer Mädchen der sogenannten besseren Stände“ **)
*) Bericht über die Verhandlungen u. s. w. S. 86 f.
**) Helene Lange, Roth. Ein Vortrag. 1892. S. 4.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |