Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.Am eingehendsten spricht sich die kürzlich erschienene Schrift "Was uns Frauen vor allem noth thut, ist eine tüchtige *) Felicie Ewart, Die Emancipation in der Ehe. Briefe an
einen Arzt. 1895. Am eingehendsten spricht sich die kürzlich erschienene Schrift „Was uns Frauen vor allem noth thut, ist eine tüchtige *) Felicie Ewart, Die Emancipation in der Ehe. Briefe an
einen Arzt. 1895. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0138" n="122"/> <p>Am eingehendsten spricht sich die kürzlich erschienene Schrift<lb/> einer deutschen Frau aus, um die Mißstände zu schildern, die<lb/> nicht sowohl erst in der Ehelosigkeit des weiblichen Geschlechts<lb/> zu Tage treten, als vielmehr gerade innerhalb der Ehe.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Felicie Ewart</hi>, Die Emancipation in der Ehe. Briefe an<lb/> einen Arzt. 1895.</note><lb/> Die Verfasserin meint, es sei für die Sache der Frauenbewegung<lb/> ein Unglück, daß in diesen Angelegenheiten meistens nicht die<lb/> erfahrenen Frauen und Mütter, sondern ältere Fräulein oder<lb/> unglücklich verheirathete Frauen das Wort führen. Von ihr<lb/> selber solle man einmal die Stimme einer in glücklicher Ehe<lb/> lebenden Frau hören, die eine Schar geistig und körperlich ge-<lb/> deihender Kinder herangezogen hat und das Leben mit offnen<lb/> Augen betrachtet. Was sagt diese erfahrene Frau?</p><lb/> <p>„Was uns Frauen vor allem noth thut, ist eine tüchtige<lb/> Schulbildung; die wäre die Waffe im Kampfe um den Beruf.<lb/> … Unsere Gymnasien werden vielfach angegriffen; ein Lob<lb/> hat man ihnen aber noch stets ertheilen müssen, nämlich, daß<lb/> sie den Jüngling befähigen, sich allen erdenklichen Berufsarten<lb/> mit größerer Leichtigkeit und Biegsamkeit des Geistes zuzuwenden,<lb/> als dies jemals durch irgend eine Fachschule ermöglicht wird…<lb/> Wir armen Frauen haben aber bis zum heutigen Tage kaum<lb/> eine Fachschule, viel weniger eine Bildungsstätte, welche unserem<lb/> Geschlechte die Dienste des Gymnasiums erweisen und nach und<lb/> nach Frauen heranziehen würde, die in ihrer Sphäre jene Re-<lb/> form energisch in Angriff nehmen könnten, wonach das ganze<lb/> große Gebiet der Frauenarbeit verlangt. Man täusche sich nicht<lb/> mit den landläufigen Redensarten, daß, wenn den Frauen<lb/> organisatorisches Talent und Arbeitskraft inne wohnen würden,<lb/> viele der berechtigten Klagen verstummen müßten. Heute liegen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0138]
Am eingehendsten spricht sich die kürzlich erschienene Schrift
einer deutschen Frau aus, um die Mißstände zu schildern, die
nicht sowohl erst in der Ehelosigkeit des weiblichen Geschlechts
zu Tage treten, als vielmehr gerade innerhalb der Ehe. *)
Die Verfasserin meint, es sei für die Sache der Frauenbewegung
ein Unglück, daß in diesen Angelegenheiten meistens nicht die
erfahrenen Frauen und Mütter, sondern ältere Fräulein oder
unglücklich verheirathete Frauen das Wort führen. Von ihr
selber solle man einmal die Stimme einer in glücklicher Ehe
lebenden Frau hören, die eine Schar geistig und körperlich ge-
deihender Kinder herangezogen hat und das Leben mit offnen
Augen betrachtet. Was sagt diese erfahrene Frau?
„Was uns Frauen vor allem noth thut, ist eine tüchtige
Schulbildung; die wäre die Waffe im Kampfe um den Beruf.
… Unsere Gymnasien werden vielfach angegriffen; ein Lob
hat man ihnen aber noch stets ertheilen müssen, nämlich, daß
sie den Jüngling befähigen, sich allen erdenklichen Berufsarten
mit größerer Leichtigkeit und Biegsamkeit des Geistes zuzuwenden,
als dies jemals durch irgend eine Fachschule ermöglicht wird…
Wir armen Frauen haben aber bis zum heutigen Tage kaum
eine Fachschule, viel weniger eine Bildungsstätte, welche unserem
Geschlechte die Dienste des Gymnasiums erweisen und nach und
nach Frauen heranziehen würde, die in ihrer Sphäre jene Re-
form energisch in Angriff nehmen könnten, wonach das ganze
große Gebiet der Frauenarbeit verlangt. Man täusche sich nicht
mit den landläufigen Redensarten, daß, wenn den Frauen
organisatorisches Talent und Arbeitskraft inne wohnen würden,
viele der berechtigten Klagen verstummen müßten. Heute liegen
*) Felicie Ewart, Die Emancipation in der Ehe. Briefe an
einen Arzt. 1895.
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