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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Wenn selbige gethan ist, wandern sie scharenweise ins Bierhaus,
in welchem die Weiblichkeit nur durch schmucke Kellnerinnen
vertreten ist. ... Vereinigt aber eine Gesellschaft die beiden
Geschlechter, so kann man beobachten, wie die Männer zu-
sammenhalten, eine Ecke des Salons mit ihren schwarzen Röcken
verfinsternd, und wenn ihnen gar keine Möglichkeit mehr bleibt,
unter sich zu sein, wie die erbärmlichsten Alltäglichkeiten ihnen
ausreichend erscheinen, um für die Frauen ein Gesprächsthema ab-
zugeben. Jch habe einmal irgendwo gelesen," sagt Frau
Felicie, "daß der Verkehr zwischen einem hochstehenden Manne
und einer geistvollen Frau zu den feinsten Genüssen des Da-
seins gehört. Fragen Sie einmal in Deutschland herum, wie
viele Männer Sie wohl finden werden, die das bestätigen."

Wie wenig diese Feinheiten aber ihr oberstes Ziel sind,
beweist sie, indem sie mit dem Blick auf die größte und all-
gemeinste Pflicht des Weibes sagt:

"Das neugeborene Kind verlangt eine unsägliche Last an
Arbeit, die man sich in den meisten Fällen durch allerhand
Vernachlässigungen zu erleichtern sucht - auf Kosten der Ge-
sundheit des Kindes. Da wäre es vor Allem nothwendig, das
Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern. Dazu gehört ein
Einblick in die Kindespflege, der den meisten der jungen Mütter
aller Stände abgeht. Diese Einsicht ließe sich aber leicht ge-
winnen, wenn die Frauen an anderen Problemen ihre Gewissen-
haftigkeit geschult hätten; es wäre ihnen durch die Ausübung
eines Berufes die Wichtigkeit so vieler kleiner, unscheinbarer
Vorschriften klar geworden, auf deren Befolgung vernünftige
Aerzte das Gedeihen des Kindes zurückführen. Gewöhnlich aber
pflegen sie das Kind dilettantenhaft, wie sie Alles thun, und
dabei verschwenden sie Zeit, Kraft und Geld, während der Er-
folg Vieles zu wünschen übrig läßt... Andererseits wird die

Wenn selbige gethan ist, wandern sie scharenweise ins Bierhaus,
in welchem die Weiblichkeit nur durch schmucke Kellnerinnen
vertreten ist. … Vereinigt aber eine Gesellschaft die beiden
Geschlechter, so kann man beobachten, wie die Männer zu-
sammenhalten, eine Ecke des Salons mit ihren schwarzen Röcken
verfinsternd, und wenn ihnen gar keine Möglichkeit mehr bleibt,
unter sich zu sein, wie die erbärmlichsten Alltäglichkeiten ihnen
ausreichend erscheinen, um für die Frauen ein Gesprächsthema ab-
zugeben. Jch habe einmal irgendwo gelesen,“ sagt Frau
Felicie, „daß der Verkehr zwischen einem hochstehenden Manne
und einer geistvollen Frau zu den feinsten Genüssen des Da-
seins gehört. Fragen Sie einmal in Deutschland herum, wie
viele Männer Sie wohl finden werden, die das bestätigen.“

Wie wenig diese Feinheiten aber ihr oberstes Ziel sind,
beweist sie, indem sie mit dem Blick auf die größte und all-
gemeinste Pflicht des Weibes sagt:

„Das neugeborene Kind verlangt eine unsägliche Last an
Arbeit, die man sich in den meisten Fällen durch allerhand
Vernachlässigungen zu erleichtern sucht – auf Kosten der Ge-
sundheit des Kindes. Da wäre es vor Allem nothwendig, das
Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern. Dazu gehört ein
Einblick in die Kindespflege, der den meisten der jungen Mütter
aller Stände abgeht. Diese Einsicht ließe sich aber leicht ge-
winnen, wenn die Frauen an anderen Problemen ihre Gewissen-
haftigkeit geschult hätten; es wäre ihnen durch die Ausübung
eines Berufes die Wichtigkeit so vieler kleiner, unscheinbarer
Vorschriften klar geworden, auf deren Befolgung vernünftige
Aerzte das Gedeihen des Kindes zurückführen. Gewöhnlich aber
pflegen sie das Kind dilettantenhaft, wie sie Alles thun, und
dabei verschwenden sie Zeit, Kraft und Geld, während der Er-
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[125/0141] Wenn selbige gethan ist, wandern sie scharenweise ins Bierhaus, in welchem die Weiblichkeit nur durch schmucke Kellnerinnen vertreten ist. … Vereinigt aber eine Gesellschaft die beiden Geschlechter, so kann man beobachten, wie die Männer zu- sammenhalten, eine Ecke des Salons mit ihren schwarzen Röcken verfinsternd, und wenn ihnen gar keine Möglichkeit mehr bleibt, unter sich zu sein, wie die erbärmlichsten Alltäglichkeiten ihnen ausreichend erscheinen, um für die Frauen ein Gesprächsthema ab- zugeben. Jch habe einmal irgendwo gelesen,“ sagt Frau Felicie, „daß der Verkehr zwischen einem hochstehenden Manne und einer geistvollen Frau zu den feinsten Genüssen des Da- seins gehört. Fragen Sie einmal in Deutschland herum, wie viele Männer Sie wohl finden werden, die das bestätigen.“ Wie wenig diese Feinheiten aber ihr oberstes Ziel sind, beweist sie, indem sie mit dem Blick auf die größte und all- gemeinste Pflicht des Weibes sagt: „Das neugeborene Kind verlangt eine unsägliche Last an Arbeit, die man sich in den meisten Fällen durch allerhand Vernachlässigungen zu erleichtern sucht – auf Kosten der Ge- sundheit des Kindes. Da wäre es vor Allem nothwendig, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern. Dazu gehört ein Einblick in die Kindespflege, der den meisten der jungen Mütter aller Stände abgeht. Diese Einsicht ließe sich aber leicht ge- winnen, wenn die Frauen an anderen Problemen ihre Gewissen- haftigkeit geschult hätten; es wäre ihnen durch die Ausübung eines Berufes die Wichtigkeit so vieler kleiner, unscheinbarer Vorschriften klar geworden, auf deren Befolgung vernünftige Aerzte das Gedeihen des Kindes zurückführen. Gewöhnlich aber pflegen sie das Kind dilettantenhaft, wie sie Alles thun, und dabei verschwenden sie Zeit, Kraft und Geld, während der Er- folg Vieles zu wünschen übrig läßt… Andererseits wird die

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/141>, abgerufen am 04.12.2024.