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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Veturia.
Was sprach mein Sohn?
Minutius.
Er schwieg -- doch las man deutlich
An Stellung, Mienen, Blick sein hohes Wort:
"Ich will nicht Gnade -- will Gerechtigkeit! --"
Jetzt reißt sich ein Tribun ergrimmt hervor,
Ihr kennt ihn -- Decius -- und Lästerungen
Entsprudeln geifernd seinem Mund' -- O laßt
Davon mich schweigen.
Veturia.
Und mein Marcius?
Minutius.
Der lächelt nur. -- Das Volk erzürnt. Sogleich
Bemerkt es der Tribun. Mit schlauer Wuth
Ruft er herab: "Seht hin, wie der Tyrann
"Noch lächelt, eure Macht verwegen höhnt!"
Und nun -- in Einem Schrey erbrüllt das Volk --
"Tyrann!" erbrüllt's, daß die Tribunen selbst
Erblassen. -- Nicht Coriolan! Der wirft
Die Toga schnell hinweg, und reißt entzwey
Die Tunica, und zeigt mit Hoheit hin
Auf seine Narben, seines Ruhmes Maale!
Jetzt vor dem Donner seiner Stimme schweigt
Das Volk. -- Er ruft: "Da seht, Quiriten! seht
"Die Wunden! Blut für euch entquoll daraus!
"Da seht der Kränze Zahl! Ein jeder preist
"Die Rettung eines Bürgerlebens! -- Wahr!
B
Veturia.
Was ſprach mein Sohn?
Minutius.
Er ſchwieg — doch las man deutlich
An Stellung, Mienen, Blick ſein hohes Wort:
»Ich will nicht Gnade — will Gerechtigkeit! —«
Jetzt reißt ſich ein Tribun ergrimmt hervor,
Ihr kennt ihn — Decius — und Läſterungen
Entſprudeln geifernd ſeinem Mund’ — O laßt
Davon mich ſchweigen.
Veturia.
Und mein Marcius?
Minutius.
Der lächelt nur. — Das Volk erzürnt. Sogleich
Bemerkt es der Tribun. Mit ſchlauer Wuth
Ruft er herab: »Seht hin, wie der Tyrann
»Noch lächelt, eure Macht verwegen höhnt!«
Und nun — in Einem Schrey erbrüllt das Volk —
»Tyrann!« erbrüllt’s, daß die Tribunen ſelbſt
Erblaſſen. — Nicht Coriolan! Der wirft
Die Toga ſchnell hinweg, und reißt entzwey
Die Tunica, und zeigt mit Hoheit hin
Auf ſeine Narben, ſeines Ruhmes Maale!
Jetzt vor dem Donner ſeiner Stimme ſchweigt
Das Volk. — Er ruft: »Da ſeht, Quiriten! ſeht
»Die Wunden! Blut für euch entquoll daraus!
»Da ſeht der Kränze Zahl! Ein jeder preiſt
»Die Rettung eines Bürgerlebens! — Wahr!
B
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[17/0025] Veturia. Was ſprach mein Sohn? Minutius. Er ſchwieg — doch las man deutlich An Stellung, Mienen, Blick ſein hohes Wort: »Ich will nicht Gnade — will Gerechtigkeit! —« Jetzt reißt ſich ein Tribun ergrimmt hervor, Ihr kennt ihn — Decius — und Läſterungen Entſprudeln geifernd ſeinem Mund’ — O laßt Davon mich ſchweigen. Veturia. Und mein Marcius? Minutius. Der lächelt nur. — Das Volk erzürnt. Sogleich Bemerkt es der Tribun. Mit ſchlauer Wuth Ruft er herab: »Seht hin, wie der Tyrann »Noch lächelt, eure Macht verwegen höhnt!« Und nun — in Einem Schrey erbrüllt das Volk — »Tyrann!« erbrüllt’s, daß die Tribunen ſelbſt Erblaſſen. — Nicht Coriolan! Der wirft Die Toga ſchnell hinweg, und reißt entzwey Die Tunica, und zeigt mit Hoheit hin Auf ſeine Narben, ſeines Ruhmes Maale! Jetzt vor dem Donner ſeiner Stimme ſchweigt Das Volk. — Er ruft: »Da ſeht, Quiriten! ſeht »Die Wunden! Blut für euch entquoll daraus! »Da ſeht der Kränze Zahl! Ein jeder preiſt »Die Rettung eines Bürgerlebens! — Wahr! B

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/25>, abgerufen am 21.11.2024.