Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.
"Ich, der Tyrann, ich habe wild gewüthet, "Nicht gegen euch, doch gegen mich!" -- -- Und nun Umdrängt ihn schützend eine Schar von Bürgern, Die Vater ihn, die ihn Erretter! nennen, Und auf den Knieen zu dem Volke fleh'n, Ihr Leben für ihn hinzunehmen, das Sie ihm nur dankten. -- -- Welch' ein Anblick war's! Volumnia. Und diese Tyger konnten ihn verbannen! Minutius. Jetzt schwieg das Volk. Man sah, es schämte sich, Daß es vor sein Gericht den Edlen zog. Ja, hätte der Tribun nun abgestimmt, Er wäre frey vom Forum weggezogen; Er stünde froh nun hier -- Ihr weintet nicht. Doch viel zu gut war Decius gefaßt; Er wagt den letzten wohlbedachten Angriff -- Nicht wie ein Mann, nein, wie der Mörder ficht, Mit heimlichen, mit giftbenetzten Waffen. Volumnia. Das siehst du, Jupiter, und donnerst nicht! Minutius. Als jüngst der Feinde Macht vor Antium Nach Rom sich hob; den Consuln noch das Volk Mit wildem Trotz den Kriegesdienst versagte, Da rief Coriolan die Edlen schnell Um sich, an Vaterland, an Pflicht sie mahnend,
»Ich, der Tyrann, ich habe wild gewüthet, »Nicht gegen euch, doch gegen mich!« — — Und nun Umdrängt ihn ſchützend eine Schar von Bürgern, Die Vater ihn, die ihn Erretter! nennen, Und auf den Knieen zu dem Volke fleh’n, Ihr Leben für ihn hinzunehmen, das Sie ihm nur dankten. — — Welch’ ein Anblick war’s! Volumnia. Und dieſe Tyger konnten ihn verbannen! Minutius. Jetzt ſchwieg das Volk. Man ſah, es ſchämte ſich, Daß es vor ſein Gericht den Edlen zog. Ja, hätte der Tribun nun abgeſtimmt, Er wäre frey vom Forum weggezogen; Er ſtünde froh nun hier — Ihr weintet nicht. Doch viel zu gut war Decius gefaßt; Er wagt den letzten wohlbedachten Angriff — Nicht wie ein Mann, nein, wie der Mörder ficht, Mit heimlichen, mit giftbenetzten Waffen. Volumnia. Das ſiehſt du, Jupiter, und donnerſt nicht! Minutius. Als jüngſt der Feinde Macht vor Antium Nach Rom ſich hob; den Conſuln noch das Volk Mit wildem Trotz den Kriegesdienſt verſagte, Da rief Coriolan die Edlen ſchnell Um ſich, an Vaterland, an Pflicht ſie mahnend, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MIN"> <p><pb facs="#f0026" n="18"/> »Ich, der Tyrann, ich <hi rendition="#g">habe</hi> wild gewüthet,<lb/> »Nicht gegen <hi rendition="#g">euch</hi>, doch gegen <hi rendition="#g">mich</hi>!« — — Und nun<lb/> Umdrängt ihn ſchützend eine Schar von Bürgern,<lb/> Die <hi rendition="#g">Vater</hi> ihn, die ihn <hi rendition="#g">Erretter</hi>! nennen,<lb/> Und auf den Knieen zu dem Volke fleh’n,<lb/> Ihr Leben für ihn hinzunehmen, das<lb/> Sie ihm nur dankten. — — Welch’ ein Anblick war’s!</p> </sp><lb/> <sp who="#VOLU"> <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/> <p>Und dieſe Tyger konnten ihn verbannen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker><hi rendition="#g">Minutius</hi>.</speaker><lb/> <p>Jetzt ſchwieg das Volk. Man ſah, es ſchämte ſich,<lb/> Daß es vor ſein Gericht den Edlen zog.<lb/> Ja, hätte der Tribun nun abgeſtimmt,<lb/> Er wäre frey vom Forum weggezogen;<lb/> Er ſtünde froh nun hier — Ihr weintet nicht.<lb/> Doch viel zu gut war Decius gefaßt;<lb/> Er wagt den letzten wohlbedachten Angriff —<lb/> Nicht wie ein Mann, nein, wie der Mörder ficht,<lb/> Mit heimlichen, mit giftbenetzten Waffen.</p> </sp><lb/> <sp who="#VOLU"> <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/> <p>Das ſiehſt du, Jupiter, und donnerſt nicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker><hi rendition="#g">Minutius</hi>.</speaker><lb/> <p>Als jüngſt der Feinde Macht vor Antium<lb/> Nach Rom ſich hob; den Conſuln noch das Volk<lb/> Mit wildem Trotz den Kriegesdienſt verſagte,<lb/> Da rief Coriolan die Edlen ſchnell<lb/> Um ſich, an Vaterland, an Pflicht ſie mahnend,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0026]
»Ich, der Tyrann, ich habe wild gewüthet,
»Nicht gegen euch, doch gegen mich!« — — Und nun
Umdrängt ihn ſchützend eine Schar von Bürgern,
Die Vater ihn, die ihn Erretter! nennen,
Und auf den Knieen zu dem Volke fleh’n,
Ihr Leben für ihn hinzunehmen, das
Sie ihm nur dankten. — — Welch’ ein Anblick war’s!
Volumnia.
Und dieſe Tyger konnten ihn verbannen!
Minutius.
Jetzt ſchwieg das Volk. Man ſah, es ſchämte ſich,
Daß es vor ſein Gericht den Edlen zog.
Ja, hätte der Tribun nun abgeſtimmt,
Er wäre frey vom Forum weggezogen;
Er ſtünde froh nun hier — Ihr weintet nicht.
Doch viel zu gut war Decius gefaßt;
Er wagt den letzten wohlbedachten Angriff —
Nicht wie ein Mann, nein, wie der Mörder ficht,
Mit heimlichen, mit giftbenetzten Waffen.
Volumnia.
Das ſiehſt du, Jupiter, und donnerſt nicht!
Minutius.
Als jüngſt der Feinde Macht vor Antium
Nach Rom ſich hob; den Conſuln noch das Volk
Mit wildem Trotz den Kriegesdienſt verſagte,
Da rief Coriolan die Edlen ſchnell
Um ſich, an Vaterland, an Pflicht ſie mahnend,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/26 |
Zitationshilfe: | Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/26>, abgerufen am 16.07.2024. |