"Wundern Sie sich darüber, Lydia --?" Das hatte Adam halb absichtlich, zweckbewußt, halb un- absichtlich, von seiner Stimmung, seiner momentan auffahrenden Leidenschaft hingerissen, mit leiser, vibrirender Stimme gesprochen.
Die Beiden sahen sich an. Und Adam versuchte, Frau Lange's linke Hand -- Lydia saß rechts von ihm auf dem Sopha -- zu erhaschen. Es gelang ihm. Lydia hatte sich abgewandt. Sie athmete erregter. Einen Augenblick fühlte Adam die kleine, warme, weiche Hand der schönen Frau zwischen seinen bebenden Fingern. Ein heftiges Begehren durchschüttelte ihn. Er bezwang sich. Und elegant zog er Lydias Hand an seine Lippen. Frau Lange seufzte leise auf und erhob sich.
"Da haben Sie's, Herr Doctor: das Mädchen läßt sich nicht wieder blicken. Es ist unerhört. Nun, ihre längste Zeit ist sie hier gewesen, die Dame. Ich muß doch 'mal selber nachschauen, wo sie eigent- lich steckt. Verzeihen Sie -- ich bin sogleich zurück --"
"Bitte sehr, gnädige Frau ..."
Lydia verließ das Zimmer. Im nächsten Augen- blick öffnete sie noch einmal die Thür von außen und rief ins Cabinet zurück: "Ich hatte ganz ver- gessen ... die Cigaretten ... wollen Sie sich be- dienen, Herr Doctor! -- auf meinem Schreibtisch -- rechts .. neben dem Couverts-Carton ... steht die Schachtel ... fangen ... fangen Sie nur Feuer --!"
Lydia lächelte berückend zu Adam hinüber.
„Wundern Sie ſich darüber, Lydia —?“ Das hatte Adam halb abſichtlich, zweckbewußt, halb un- abſichtlich, von ſeiner Stimmung, ſeiner momentan auffahrenden Leidenſchaft hingeriſſen, mit leiſer, vibrirender Stimme geſprochen.
Die Beiden ſahen ſich an. Und Adam verſuchte, Frau Lange's linke Hand — Lydia ſaß rechts von ihm auf dem Sopha — zu erhaſchen. Es gelang ihm. Lydia hatte ſich abgewandt. Sie athmete erregter. Einen Augenblick fühlte Adam die kleine, warme, weiche Hand der ſchönen Frau zwiſchen ſeinen bebenden Fingern. Ein heftiges Begehren durchſchüttelte ihn. Er bezwang ſich. Und elegant zog er Lydias Hand an ſeine Lippen. Frau Lange ſeufzte leiſe auf und erhob ſich.
„Da haben Sie's, Herr Doctor: das Mädchen läßt ſich nicht wieder blicken. Es iſt unerhört. Nun, ihre längſte Zeit iſt ſie hier geweſen, die Dame. Ich muß doch 'mal ſelber nachſchauen, wo ſie eigent- lich ſteckt. Verzeihen Sie — ich bin ſogleich zurück —“
„Bitte ſehr, gnädige Frau ...“
Lydia verließ das Zimmer. Im nächſten Augen- blick öffnete ſie noch einmal die Thür von außen und rief ins Cabinet zurück: „Ich hatte ganz ver- geſſen ... die Cigaretten ... wollen Sie ſich be- dienen, Herr Doctor! — auf meinem Schreibtiſch — rechts .. neben dem Couverts-Carton ... ſteht die Schachtel ... fangen ... fangen Sie nur Feuer —!“
Lydia lächelte berückend zu Adam hinüber.
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„Wundern Sie ſich darüber, Lydia —?“ Das
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abſichtlich, von ſeiner Stimmung, ſeiner momentan
auffahrenden Leidenſchaft hingeriſſen, mit leiſer,
vibrirender Stimme geſprochen.
Die Beiden ſahen ſich an. Und Adam verſuchte,
Frau Lange's linke Hand — Lydia ſaß rechts von
ihm auf dem Sopha — zu erhaſchen. Es gelang
ihm. Lydia hatte ſich abgewandt. Sie athmete
erregter. Einen Augenblick fühlte Adam die kleine,
warme, weiche Hand der ſchönen Frau zwiſchen
ſeinen bebenden Fingern. Ein heftiges Begehren
durchſchüttelte ihn. Er bezwang ſich. Und elegant
zog er Lydias Hand an ſeine Lippen. Frau Lange
ſeufzte leiſe auf und erhob ſich.
„Da haben Sie's, Herr Doctor: das Mädchen
läßt ſich nicht wieder blicken. Es iſt unerhört. Nun,
ihre längſte Zeit iſt ſie hier geweſen, die Dame.
Ich muß doch 'mal ſelber nachſchauen, wo ſie eigent-
lich ſteckt. Verzeihen Sie — ich bin ſogleich zurück —“
„Bitte ſehr, gnädige Frau ...“
Lydia verließ das Zimmer. Im nächſten Augen-
blick öffnete ſie noch einmal die Thür von außen
und rief ins Cabinet zurück: „Ich hatte ganz ver-
geſſen ... die Cigaretten ... wollen Sie ſich be-
dienen, Herr Doctor! — auf meinem Schreibtiſch
— rechts .. neben dem Couverts-Carton ...
ſteht die Schachtel ... fangen ... fangen Sie nur
Feuer —!“
Lydia lächelte berückend zu Adam hinüber.
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/149>, abgerufen am 05.12.2024.
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