schmalen Fingern der linken Hand über Stirn und Augen, preßte die Hand einen Augenblick gegen die Brust und griff nach ihrem Glase.
"Prost, Doctor! Nun wollen wir wieder ver- nünftig sein! Was kann das schlechte Leben helfen! Es ist so dumm, ewig mit der Vergangenheit zu ... zu ... nun .. Ihnen kann ich's ja sagen -- Sie werden es wohl auch selbst gemerkt haben --: ich habe nur coquettirt! Wahrhaftig! ich habe nur coquettirt! Verlassen sie sich d'rauf! Ich wollte Sie 'n Bissel -- was? -- Sie glauben mir nicht? Sie unschulds- voller Engel Sie! Jawohl! Glauben Sie's nur! Ich bin eine ganz herzlose Coquette! Ich bin ein sehr schlaues, listiges, berechnendes Weib! .. Nun thun Sie mir aber den Gefallen -- und sehen Sie nicht so -- ich hätte beinahe gesagt: nicht so -- dumm aus! Pardon! So Etwas ist Ihnen noch nicht vor- gekommen? Ja! Ihr Männer! Ihr glaubt immer, Ihr hättet die Originalität allein gepachtet! So'n armes, dummes Weib kann auch 'mal ,genial' sein -- warum denn nicht? Ihr seid durch die Bank eben so eitel, wie wir! Es ist ja alles ganz gleich: der eine ist 'n Trefle-Bube, der andere 'ne Carreau-Sieben -- zu Kartenkunststücken müssen wir alle herhalten .. Lassen wir die Todten ihre Todten begraben! Da haben sie wenigstens Etwas zu thun! O über dieses tiefsinnige Leben! Leben! Leben! Ich lebe! Ich will leben! Ich vergehe vor Appetit auf das Leben! Mein lieber, guter Männe! Nicht wahr -- Du bist Deinem kleinen Weibchen nicht
ſchmalen Fingern der linken Hand über Stirn und Augen, preßte die Hand einen Augenblick gegen die Bruſt und griff nach ihrem Glaſe.
„Proſt, Doctor! Nun wollen wir wieder ver- nünftig ſein! Was kann das ſchlechte Leben helfen! Es iſt ſo dumm, ewig mit der Vergangenheit zu ... zu ... nun .. Ihnen kann ich's ja ſagen — Sie werden es wohl auch ſelbſt gemerkt haben —: ich habe nur coquettirt! Wahrhaftig! ich habe nur coquettirt! Verlaſſen ſie ſich d'rauf! Ich wollte Sie 'n Biſſel — was? — Sie glauben mir nicht? Sie unſchulds- voller Engel Sie! Jawohl! Glauben Sie's nur! Ich bin eine ganz herzloſe Coquette! Ich bin ein ſehr ſchlaues, liſtiges, berechnendes Weib! .. Nun thun Sie mir aber den Gefallen — und ſehen Sie nicht ſo — ich hätte beinahe geſagt: nicht ſo — dumm aus! Pardon! So Etwas iſt Ihnen noch nicht vor- gekommen? Ja! Ihr Männer! Ihr glaubt immer, Ihr hättet die Originalität allein gepachtet! So'n armes, dummes Weib kann auch 'mal ‚genial‘ ſein — warum denn nicht? Ihr ſeid durch die Bank eben ſo eitel, wie wir! Es iſt ja alles ganz gleich: der eine iſt 'n Trefle-Bube, der andere 'ne Carreau-Sieben — zu Kartenkunſtſtücken müſſen wir alle herhalten .. Laſſen wir die Todten ihre Todten begraben! Da haben ſie wenigſtens Etwas zu thun! O über dieſes tiefſinnige Leben! Leben! Leben! Ich lebe! Ich will leben! Ich vergehe vor Appetit auf das Leben! Mein lieber, guter Männe! Nicht wahr — Du biſt Deinem kleinen Weibchen nicht
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ſchmalen Fingern der linken Hand über Stirn und
Augen, preßte die Hand einen Augenblick gegen die
Bruſt und griff nach ihrem Glaſe.
„Proſt, Doctor! Nun wollen wir wieder ver-
nünftig ſein! Was kann das ſchlechte Leben helfen!
Es iſt ſo dumm, ewig mit der Vergangenheit zu ...
zu ... nun .. Ihnen kann ich's ja ſagen — Sie
werden es wohl auch ſelbſt gemerkt haben —: ich habe
nur coquettirt! Wahrhaftig! ich habe nur coquettirt!
Verlaſſen ſie ſich d'rauf! Ich wollte Sie 'n Biſſel —
was? — Sie glauben mir nicht? Sie unſchulds-
voller Engel Sie! Jawohl! Glauben Sie's nur!
Ich bin eine ganz herzloſe Coquette! Ich bin ein ſehr
ſchlaues, liſtiges, berechnendes Weib! .. Nun thun
Sie mir aber den Gefallen — und ſehen Sie nicht
ſo — ich hätte beinahe geſagt: nicht ſo — dumm
aus! Pardon! So Etwas iſt Ihnen noch nicht vor-
gekommen? Ja! Ihr Männer! Ihr glaubt immer,
Ihr hättet die Originalität allein gepachtet! So'n
armes, dummes Weib kann auch 'mal ‚genial‘
ſein — warum denn nicht? Ihr ſeid durch die
Bank eben ſo eitel, wie wir! Es iſt ja alles ganz
gleich: der eine iſt 'n Trefle-Bube, der andere 'ne
Carreau-Sieben — zu Kartenkunſtſtücken müſſen
wir alle herhalten .. Laſſen wir die Todten ihre
Todten begraben! Da haben ſie wenigſtens Etwas
zu thun! O über dieſes tiefſinnige Leben! Leben!
Leben! Ich lebe! Ich will leben! Ich vergehe vor
Appetit auf das Leben! Mein lieber, guter Männe!
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/157>, abgerufen am 04.12.2024.
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