ihm congeniales Weib -- er suchte nur noch das Weib, welches sich von jenem einem Weibe gerade soviel geborgt hatte, daß es ihm für eine mehr oder weniger große Spanne Zeit genügen konnte. Und doch .. jenes eine Weib -- waren die Tage schon vorüber, da er geträumt hatte, daß er es finden würde? Waren sie wirklich schon vorüber oder .. oder träumte er jetzt noch zuweilen denselben dummen, einfältigen Traum? Das wäre doch zu geschmacklos. Die Jugend mit dem geschmeidigen Gehirn im Schädel und dem frischen, unausgefahrenen Pumpwerk des Herzens -- ja! die besitzt wohl das Recht und die Kraft, zu abstrahiren .. Idealschemen zusammenzukneten: fehlt ihr doch noch die ganze massive Fülle des Lebens, der Erfahrung an den Objekten. -- Aber wie im spätgewordenen Menschen noch so Mancherlei rudimentär bleibt .. liebliche Erinnerungen aus den Kindheitstagen animalischen Erdenlebens -- so nimmt der ältergewordene Ein- zelmensch nicht minder ... ganz unwillkürlich ... noch dieses und jenes Moment aus seiner Kindheit in die späteren Tage mit hinüber: ein ,Ideal', eine harmlose Abstraktion ... einen Traum, der ein- mal so frisch und so voll und so saftig gewesen .. und der sich nun -- o! alle Farben und Formen des Lebens allmählich hat abstehlen lassen müssen ...
Adam beugte sich vor und legte den Rest seiner Cigarette auf den Aschenteller. Der Herr ihm gegenüber erhob sich jetzt plötzlich mit einem halb- laut zu seiner Dame geknurrten "Verzeih!" und
ihm congeniales Weib — er ſuchte nur noch das Weib, welches ſich von jenem einem Weibe gerade ſoviel geborgt hatte, daß es ihm für eine mehr oder weniger große Spanne Zeit genügen konnte. Und doch .. jenes eine Weib — waren die Tage ſchon vorüber, da er geträumt hatte, daß er es finden würde? Waren ſie wirklich ſchon vorüber oder .. oder träumte er jetzt noch zuweilen denſelben dummen, einfältigen Traum? Das wäre doch zu geſchmacklos. Die Jugend mit dem geſchmeidigen Gehirn im Schädel und dem friſchen, unausgefahrenen Pumpwerk des Herzens — ja! die beſitzt wohl das Recht und die Kraft, zu abſtrahiren .. Idealſchemen zuſammenzukneten: fehlt ihr doch noch die ganze maſſive Fülle des Lebens, der Erfahrung an den Objekten. — Aber wie im ſpätgewordenen Menſchen noch ſo Mancherlei rudimentär bleibt .. liebliche Erinnerungen aus den Kindheitstagen animaliſchen Erdenlebens — ſo nimmt der ältergewordene Ein- zelmenſch nicht minder ... ganz unwillkürlich ... noch dieſes und jenes Moment aus ſeiner Kindheit in die ſpäteren Tage mit hinüber: ein ‚Ideal‘, eine harmloſe Abſtraktion ... einen Traum, der ein- mal ſo friſch und ſo voll und ſo ſaftig geweſen .. und der ſich nun — o! alle Farben und Formen des Lebens allmählich hat abſtehlen laſſen müſſen ...
Adam beugte ſich vor und legte den Reſt ſeiner Cigarette auf den Aſchenteller. Der Herr ihm gegenüber erhob ſich jetzt plötzlich mit einem halb- laut zu ſeiner Dame geknurrten „Verzeih!“ und
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ihm congeniales Weib — er ſuchte nur noch das
Weib, welches ſich von jenem einem Weibe gerade
ſoviel geborgt hatte, daß es ihm für eine mehr oder
weniger große Spanne Zeit genügen konnte. Und
doch .. jenes eine Weib — waren die Tage
ſchon vorüber, da er geträumt hatte, daß er es
finden würde? Waren ſie wirklich ſchon vorüber
oder .. oder träumte er jetzt noch zuweilen denſelben
dummen, einfältigen Traum? Das wäre doch zu
geſchmacklos. Die Jugend mit dem geſchmeidigen
Gehirn im Schädel und dem friſchen, unausgefahrenen
Pumpwerk des Herzens — ja! die beſitzt wohl das
Recht und die Kraft, zu abſtrahiren .. Idealſchemen
zuſammenzukneten: fehlt ihr doch noch die ganze
maſſive Fülle des Lebens, der Erfahrung an den
Objekten. — Aber wie im ſpätgewordenen Menſchen
noch ſo Mancherlei rudimentär bleibt .. liebliche
Erinnerungen aus den Kindheitstagen animaliſchen
Erdenlebens — ſo nimmt der ältergewordene Ein-
zelmenſch nicht minder ... ganz unwillkürlich ...
noch dieſes und jenes Moment aus ſeiner Kindheit
in die ſpäteren Tage mit hinüber: ein ‚Ideal‘,
eine harmloſe Abſtraktion ... einen Traum, der ein-
mal ſo friſch und ſo voll und ſo ſaftig geweſen ..
und der ſich nun — o! alle Farben und Formen des
Lebens allmählich hat abſtehlen laſſen müſſen ...
Adam beugte ſich vor und legte den Reſt ſeiner
Cigarette auf den Aſchenteller. Der Herr ihm
gegenüber erhob ſich jetzt plötzlich mit einem halb-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/178>, abgerufen am 11.12.2024.
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