"Ablehnen? Wie kommst Du mir denn vor, Emmy? Diese Sprache -- ich -- ich verstehe Sie nicht, mein Fräulein --"
"Adam --!" Das war sehr innig, sehr rührend, sehr flehend herausgestoßen.
Im Nebenzimmer wurde heftig ein Stuhl ge- rückt. So hat sich eine Hand krampfhaft auf eine Lehne gelegt. Die Finger krallen sich fest, pressen sich immer fester. Jetzt schleudern sie den Stuhl im Affekte, der seinen Siedepunkt erreicht hat, von sich. Die nervöse Spannung läßt nach ...
Die Beiden sahen sich an.
"Denken Sie an .. an Ihre -- Frau --" bat Emmy leise, mit zitternder, stockender Stimme --
"Hm!"
"Das hatte ich Ihnen sagen wollen --"
"Ich danke Ihnen, mein Fräulein --"
"Adieu --!"
"Adieu --!"
Emmy wandte sich nach der Thür um, in deren Nähe sich die ganze Scene abgespielt hatte. Einen letzten Augenblick noch zögerte sie jetzt. Und nun kehrte sie Adam noch einmal ihr volles Gesicht zu. Thränen standen in ihren Augen, um den Mund zuckte es schmerzlich.
Und da kam es über Adam. Es gebar sich ihm plötzlich das Gefühl, als verlöre er Unersetz- liches, wenn er Emmy jetzt gehen ließe. Und doch -- er durfte sie nicht zurückhalten. Er war ja ge- bunden. Er hatte ja eine bestimmte Pflicht zu er- füllen. Dieses ,Verhältniß' mußte also endgültig
„Ablehnen? Wie kommſt Du mir denn vor, Emmy? Dieſe Sprache — ich — ich verſtehe Sie nicht, mein Fräulein —“
„Adam —!“ Das war ſehr innig, ſehr rührend, ſehr flehend herausgeſtoßen.
Im Nebenzimmer wurde heftig ein Stuhl ge- rückt. So hat ſich eine Hand krampfhaft auf eine Lehne gelegt. Die Finger krallen ſich feſt, preſſen ſich immer feſter. Jetzt ſchleudern ſie den Stuhl im Affekte, der ſeinen Siedepunkt erreicht hat, von ſich. Die nervöſe Spannung läßt nach ...
Die Beiden ſahen ſich an.
„Denken Sie an .. an Ihre — Frau —“ bat Emmy leiſe, mit zitternder, ſtockender Stimme —
„Hm!“
„Das hatte ich Ihnen ſagen wollen —“
„Ich danke Ihnen, mein Fräulein —“
„Adieu —!“
„Adieu —!“
Emmy wandte ſich nach der Thür um, in deren Nähe ſich die ganze Scene abgeſpielt hatte. Einen letzten Augenblick noch zögerte ſie jetzt. Und nun kehrte ſie Adam noch einmal ihr volles Geſicht zu. Thränen ſtanden in ihren Augen, um den Mund zuckte es ſchmerzlich.
Und da kam es über Adam. Es gebar ſich ihm plötzlich das Gefühl, als verlöre er Unerſetz- liches, wenn er Emmy jetzt gehen ließe. Und doch — er durfte ſie nicht zurückhalten. Er war ja ge- bunden. Er hatte ja eine beſtimmte Pflicht zu er- füllen. Dieſes ‚Verhältniß‘ mußte alſo endgültig
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„Ablehnen? Wie kommſt Du mir denn vor,
Emmy? Dieſe Sprache — ich — ich verſtehe Sie
nicht, mein Fräulein —“
„Adam —!“ Das war ſehr innig, ſehr rührend,
ſehr flehend herausgeſtoßen.
Im Nebenzimmer wurde heftig ein Stuhl ge-
rückt. So hat ſich eine Hand krampfhaft auf eine
Lehne gelegt. Die Finger krallen ſich feſt, preſſen ſich
immer feſter. Jetzt ſchleudern ſie den Stuhl im Affekte,
der ſeinen Siedepunkt erreicht hat, von ſich. Die
nervöſe Spannung läßt nach ...
Die Beiden ſahen ſich an.
„Denken Sie an .. an Ihre — Frau —“ bat
Emmy leiſe, mit zitternder, ſtockender Stimme —
„Hm!“
„Das hatte ich Ihnen ſagen wollen —“
„Ich danke Ihnen, mein Fräulein —“
„Adieu —!“
„Adieu —!“
Emmy wandte ſich nach der Thür um, in deren Nähe
ſich die ganze Scene abgeſpielt hatte. Einen letzten
Augenblick noch zögerte ſie jetzt. Und nun kehrte ſie Adam
noch einmal ihr volles Geſicht zu. Thränen ſtanden
in ihren Augen, um den Mund zuckte es ſchmerzlich.
Und da kam es über Adam. Es gebar ſich
ihm plötzlich das Gefühl, als verlöre er Unerſetz-
liches, wenn er Emmy jetzt gehen ließe. Und doch
— er durfte ſie nicht zurückhalten. Er war ja ge-
bunden. Er hatte ja eine beſtimmte Pflicht zu er-
füllen. Dieſes ‚Verhältniß‘ mußte alſo endgültig
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/316>, abgerufen am 22.11.2024.
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