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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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schränkten Biedermanns weiterzutragiren. Aber zu-
gleich verspürte Adam trotzdem ein gewisses Mitleid
mit diesem Manne, dem er sein Kind genommen
hatte .. ein Mitleid, das ihm allerdings sehr un-
bequem war. Denn ob es ihm auch nur mit
leichtem, losem Geschnür die Gelenke umhing --
es hemmte ihn doch, es destillirte ihm eine peinliche
Unsicherheit ab, es nöthigte ihm eine tolpatschige Arro-
ganz auf und machte sein Auftreten halb frei und hoch-
fahrend-zwanglos, halb eckig, verlegen und beklommen.

"So gestatten Sie denn, Herr Doctor, daß
Hedwig -- --"

"Ja! Ja! Ich will mein Kind doch noch
einmal wiedersehen, ehe -- --"

"Es wird noch Alles gut werden --" versuchte
Adam lauen Herzens zu trösten .. und fuhr dann
lauter, bestimmter fort: "Und nun geben Sie mir
die Hand -- und lassen Sie mich die Ueberzeugung
mitnehmen, daß Sie uns verziehen haben, Herr
Doctor .. Und nehmen Sie in diesem Sinne Ihr
Kind, meine Braut .. unsere Hedwig auf -- Sie
werden sehen: wenn ich erst der Dritte in Ihrem
Bunde bin -- das wird ein neues, sonniges Leben
geben! . Und wenn Sie dann noch durchaus weiter-
machen wollen in Ihrer Entsagungsphilosophie
-- nun! dann helfe ich Ihnen dabei nach bestem
Wissen und Gewissen, Herr Doctor --"

Adam lächelte. Er war zu Irmer hingetreten
und streckte ihm, von heiß aufquellender Sympathie
übermannt, seine beiden Hände zum Abschiedsgruße

Conradi, Adam Mensch. 22

ſchränkten Biedermanns weiterzutragiren. Aber zu-
gleich verſpürte Adam trotzdem ein gewiſſes Mitleid
mit dieſem Manne, dem er ſein Kind genommen
hatte .. ein Mitleid, das ihm allerdings ſehr un-
bequem war. Denn ob es ihm auch nur mit
leichtem, loſem Geſchnür die Gelenke umhing —
es hemmte ihn doch, es deſtillirte ihm eine peinliche
Unſicherheit ab, es nöthigte ihm eine tolpatſchige Arro-
ganz auf und machte ſein Auftreten halb frei und hoch-
fahrend-zwanglos, halb eckig, verlegen und beklommen.

„So geſtatten Sie denn, Herr Doctor, daß
Hedwig — —“

„Ja! Ja! Ich will mein Kind doch noch
einmal wiederſehen, ehe — —“

„Es wird noch Alles gut werden —“ verſuchte
Adam lauen Herzens zu tröſten .. und fuhr dann
lauter, beſtimmter fort: „Und nun geben Sie mir
die Hand — und laſſen Sie mich die Ueberzeugung
mitnehmen, daß Sie uns verziehen haben, Herr
Doctor .. Und nehmen Sie in dieſem Sinne Ihr
Kind, meine Braut .. unſere Hedwig auf — Sie
werden ſehen: wenn ich erſt der Dritte in Ihrem
Bunde bin — das wird ein neues, ſonniges Leben
geben! . Und wenn Sie dann noch durchaus weiter-
machen wollen in Ihrer Entſagungsphiloſophie
— nun! dann helfe ich Ihnen dabei nach beſtem
Wiſſen und Gewiſſen, Herr Doctor —“

Adam lächelte. Er war zu Irmer hingetreten
und ſtreckte ihm, von heiß aufquellender Sympathie
übermannt, ſeine beiden Hände zum Abſchiedsgruße

Conradi, Adam Menſch. 22
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[337/0345] ſchränkten Biedermanns weiterzutragiren. Aber zu- gleich verſpürte Adam trotzdem ein gewiſſes Mitleid mit dieſem Manne, dem er ſein Kind genommen hatte .. ein Mitleid, das ihm allerdings ſehr un- bequem war. Denn ob es ihm auch nur mit leichtem, loſem Geſchnür die Gelenke umhing — es hemmte ihn doch, es deſtillirte ihm eine peinliche Unſicherheit ab, es nöthigte ihm eine tolpatſchige Arro- ganz auf und machte ſein Auftreten halb frei und hoch- fahrend-zwanglos, halb eckig, verlegen und beklommen. „So geſtatten Sie denn, Herr Doctor, daß Hedwig — —“ „Ja! Ja! Ich will mein Kind doch noch einmal wiederſehen, ehe — —“ „Es wird noch Alles gut werden —“ verſuchte Adam lauen Herzens zu tröſten .. und fuhr dann lauter, beſtimmter fort: „Und nun geben Sie mir die Hand — und laſſen Sie mich die Ueberzeugung mitnehmen, daß Sie uns verziehen haben, Herr Doctor .. Und nehmen Sie in dieſem Sinne Ihr Kind, meine Braut .. unſere Hedwig auf — Sie werden ſehen: wenn ich erſt der Dritte in Ihrem Bunde bin — das wird ein neues, ſonniges Leben geben! . Und wenn Sie dann noch durchaus weiter- machen wollen in Ihrer Entſagungsphiloſophie — nun! dann helfe ich Ihnen dabei nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen, Herr Doctor —“ Adam lächelte. Er war zu Irmer hingetreten und ſtreckte ihm, von heiß aufquellender Sympathie übermannt, ſeine beiden Hände zum Abſchiedsgruße Conradi, Adam Menſch. 22

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/345>, abgerufen am 22.11.2024.