"Aber lange, Adam!" -- hatte ihm Hedwig stockend und mit ängstlich-vorwurfsvollem Blicke entgegenge- rufen, als er endlich zur Thür hereingetreten war.
"Lange? -- Ach nee! Ich komme direkt von Papa --"
"Und --?" Ein gepreßtes Athmen. Sodann leise, beklommen: "Und verzeiht er mir, Adam --?"
Der warf seinen Hut auf den nächsten Stuhl und setzte sich zu seiner Braut.
"Natürlich, Kind! Und warum sollte er auch nicht? Papa ist vernünftig. Ich habe ihm erklärt, wie Alles gekommen ist. Gott! Mir erscheint die ganze Geschichte heute immens harmlos. Was haben wir denn weiter verbrochen! Ein paar kleine .. nun! meinetwegen ein paar pikante Fakta, die man sonst erst nach der Hochzeit zu erledigen pflegt -- die haben wir schon in die Ouvertüre verlegt. -- c'est tout! Dein Papa ist Sprachphilosoph genug, um das Wesen einer Prolepsis zu verstehen --"
"Ja! . Aber -- --" meinte Hedwig ängstlich --
"Komm!" forderte Adam auf. "Ich will Dich hinbegleiten, Kind -- Du bleibst noch eine kleine Weile bei Papa -- wir haben schon Alles geordnet -- nachher gründen wir uns ein eigenes Nest -- nicht wahr? Ich werde schon einen tüchtigen Baumeister abgeben -- paß auf --!"
Hedwig senkte den Kopf. Adam starrte ge- dankenabseits vor sich hin. Nun hob das Weib das Gesicht zu seinem Geliebten auf .. und viel Hingebung, Sanftmuth, natürliche Unterordnung,
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„Aber lange, Adam!“ — hatte ihm Hedwig ſtockend und mit ängſtlich-vorwurfsvollem Blicke entgegenge- rufen, als er endlich zur Thür hereingetreten war.
„Lange? — Ach nee! Ich komme direkt von Papa —“
„Und —?“ Ein gepreßtes Athmen. Sodann leiſe, beklommen: „Und verzeiht er mir, Adam —?“
Der warf ſeinen Hut auf den nächſten Stuhl und ſetzte ſich zu ſeiner Braut.
„Natürlich, Kind! Und warum ſollte er auch nicht? Papa iſt vernünftig. Ich habe ihm erklärt, wie Alles gekommen iſt. Gott! Mir erſcheint die ganze Geſchichte heute immens harmlos. Was haben wir denn weiter verbrochen! Ein paar kleine .. nun! meinetwegen ein paar pikante Fakta, die man ſonſt erſt nach der Hochzeit zu erledigen pflegt — die haben wir ſchon in die Ouvertüre verlegt. — c'est tout! Dein Papa iſt Sprachphiloſoph genug, um das Weſen einer Prolepſis zu verſtehen —“
„Ja! . Aber — —“ meinte Hedwig ängſtlich —
„Komm!“ forderte Adam auf. „Ich will Dich hinbegleiten, Kind — Du bleibſt noch eine kleine Weile bei Papa — wir haben ſchon Alles geordnet — nachher gründen wir uns ein eigenes Neſt — nicht wahr? Ich werde ſchon einen tüchtigen Baumeiſter abgeben — paß auf —!“
Hedwig ſenkte den Kopf. Adam ſtarrte ge- dankenabſeits vor ſich hin. Nun hob das Weib das Geſicht zu ſeinem Geliebten auf .. und viel Hingebung, Sanftmuth, natürliche Unterordnung,
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„Aber lange, Adam!“ — hatte ihm Hedwig ſtockend
und mit ängſtlich-vorwurfsvollem Blicke entgegenge-
rufen, als er endlich zur Thür hereingetreten war.
„Lange? — Ach nee! Ich komme direkt von
Papa —“
„Und —?“ Ein gepreßtes Athmen. Sodann
leiſe, beklommen: „Und verzeiht er mir, Adam —?“
Der warf ſeinen Hut auf den nächſten Stuhl
und ſetzte ſich zu ſeiner Braut.
„Natürlich, Kind! Und warum ſollte er auch
nicht? Papa iſt vernünftig. Ich habe ihm erklärt,
wie Alles gekommen iſt. Gott! Mir erſcheint die
ganze Geſchichte heute immens harmlos. Was haben
wir denn weiter verbrochen! Ein paar kleine ..
nun! meinetwegen ein paar pikante Fakta, die man
ſonſt erſt nach der Hochzeit zu erledigen pflegt —
die haben wir ſchon in die Ouvertüre verlegt. —
c'est tout! Dein Papa iſt Sprachphiloſoph genug,
um das Weſen einer Prolepſis zu verſtehen —“
„Ja! . Aber — —“ meinte Hedwig ängſtlich —
„Komm!“ forderte Adam auf. „Ich will Dich
hinbegleiten, Kind — Du bleibſt noch eine kleine
Weile bei Papa — wir haben ſchon Alles geordnet
— nachher gründen wir uns ein eigenes Neſt —
nicht wahr? Ich werde ſchon einen tüchtigen Baumeiſter
abgeben — paß auf —!“
Hedwig ſenkte den Kopf. Adam ſtarrte ge-
dankenabſeits vor ſich hin. Nun hob das Weib
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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