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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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sammenschrumpfen und sich thatlos entfedern läßt.
Kleinsein mit dem Gewürm -- und sich behagen am
Farbenspiel des Regenbogens mit einem kleinen Auf-
blick einer verschüchterten, verkümmerten Menschen[-]
seele: das ist der "Lauf der Welt". Ich aber habe
den Drang und die stolze Sehnsucht, auf den Brücken-
stufen dieses Regenbogens zu dem Reiche des ewig-
lich Unbedingten
emporzuklimmen. Dahin
stürmen die Wünsche meiner Seele. Und ich ging
auf den Markt, und auf meine Freiheit war ich be-
dacht, indem ich mit dämonischer Zärtlichkeit das
Bewußtsein meines Gegensatzes großsäugte.
Oh! Ich Culturbursche! Ich pflückte die Orangen
der Sünde, wie die Anderen; ich spann die feinen
und groben Fäden der Lüge wie die Anderen; --
und heimisch wurde ich im Alphabet der Hinterlist
und Gemeinheit, wie kein Zweiter. Und es ekelte
mich vor mir und ich ging in die Einsamkeit. Aber
nachwirken spürte ich den Giftathem der Welt --
ich war gemünzt -- und ich besudelte die keusche
Majestät der Einsamkeit. Ich ward ein tragischer
Zwerg. Ich wollte mich über mich erheben, indem
ich mich vor mir erniedrigte. Aber der Markt der
verbogenen, verlogenen und befangenen Zeitlichkeit
hatte schon das Brandmal in meine Schächerseele
gedrückt, das Brandmal, das da verrieth: auch ich
habe schon in seinem Solde gesündigt. Und
ein Zweites offenbarte mir die Einsamkeit mit zer-
malmender Deutlichkeit: die grenzenlose Unzuläng-
lichkeit meiner Kunst! Sprechen wollte ich mit feuri-

ſammenſchrumpfen und ſich thatlos entfedern läßt.
Kleinſein mit dem Gewürm — und ſich behagen am
Farbenſpiel des Regenbogens mit einem kleinen Auf-
blick einer verſchüchterten, verkümmerten Menſchen[-]
ſeele: das iſt der „Lauf der Welt“. Ich aber habe
den Drang und die ſtolze Sehnſucht, auf den Brücken-
ſtufen dieſes Regenbogens zu dem Reiche des ewig-
lich Unbedingten
emporzuklimmen. Dahin
ſtürmen die Wünſche meiner Seele. Und ich ging
auf den Markt, und auf meine Freiheit war ich be-
dacht, indem ich mit dämoniſcher Zärtlichkeit das
Bewußtſein meines Gegenſatzes großſäugte.
Oh! Ich Culturburſche! Ich pflückte die Orangen
der Sünde, wie die Anderen; ich ſpann die feinen
und groben Fäden der Lüge wie die Anderen; —
und heimiſch wurde ich im Alphabet der Hinterliſt
und Gemeinheit, wie kein Zweiter. Und es ekelte
mich vor mir und ich ging in die Einſamkeit. Aber
nachwirken ſpürte ich den Giftathem der Welt —
ich war gemünzt — und ich beſudelte die keuſche
Majeſtät der Einſamkeit. Ich ward ein tragiſcher
Zwerg. Ich wollte mich über mich erheben, indem
ich mich vor mir erniedrigte. Aber der Markt der
verbogenen, verlogenen und befangenen Zeitlichkeit
hatte ſchon das Brandmal in meine Schächerſeele
gedrückt, das Brandmal, das da verrieth: auch ich
habe ſchon in ſeinem Solde geſündigt. Und
ein Zweites offenbarte mir die Einſamkeit mit zer-
malmender Deutlichkeit: die grenzenloſe Unzuläng-
lichkeit meiner Kunſt! Sprechen wollte ich mit feuri-

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[356/0364] ſammenſchrumpfen und ſich thatlos entfedern läßt. Kleinſein mit dem Gewürm — und ſich behagen am Farbenſpiel des Regenbogens mit einem kleinen Auf- blick einer verſchüchterten, verkümmerten Menſchen- ſeele: das iſt der „Lauf der Welt“. Ich aber habe den Drang und die ſtolze Sehnſucht, auf den Brücken- ſtufen dieſes Regenbogens zu dem Reiche des ewig- lich Unbedingten emporzuklimmen. Dahin ſtürmen die Wünſche meiner Seele. Und ich ging auf den Markt, und auf meine Freiheit war ich be- dacht, indem ich mit dämoniſcher Zärtlichkeit das Bewußtſein meines Gegenſatzes großſäugte. Oh! Ich Culturburſche! Ich pflückte die Orangen der Sünde, wie die Anderen; ich ſpann die feinen und groben Fäden der Lüge wie die Anderen; — und heimiſch wurde ich im Alphabet der Hinterliſt und Gemeinheit, wie kein Zweiter. Und es ekelte mich vor mir und ich ging in die Einſamkeit. Aber nachwirken ſpürte ich den Giftathem der Welt — ich war gemünzt — und ich beſudelte die keuſche Majeſtät der Einſamkeit. Ich ward ein tragiſcher Zwerg. Ich wollte mich über mich erheben, indem ich mich vor mir erniedrigte. Aber der Markt der verbogenen, verlogenen und befangenen Zeitlichkeit hatte ſchon das Brandmal in meine Schächerſeele gedrückt, das Brandmal, das da verrieth: auch ich habe ſchon in ſeinem Solde geſündigt. Und ein Zweites offenbarte mir die Einſamkeit mit zer- malmender Deutlichkeit: die grenzenloſe Unzuläng- lichkeit meiner Kunſt! Sprechen wollte ich mit feuri-

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/364>, abgerufen am 22.11.2024.