elender Mumpitz gewesen, tristes Phrasengequatsche, fadenscheiniges Blendwerk. Er ein socialer Ver- geltungsfanatiker? Es war zum Lachen, zum Todt- lachen. Er liebte die Schönheit und den Glanz, die heitere Vornehmheit und die geschmackvolle Pracht, den verständnißvoll arrangirten Luxus, die bestechende Form und den zwanglos, elegant gesammelten In- halt. Und jetzt bot sich ihm zum letzten Male dieses Glück an, dieses Glück, das seinem Wesen und seiner Gestalt nach ihm einzig congenial war. Er sollte die Hand, die sich ihm lockend entgegenstreckte, zurück- weisen, weil es eine Armuth gab, die darbte, ein Elend, das litt, eine Noth, die nach Rache schrie? Was ging ihn diese Armuth an? Was dieses Elend? Was diese Noth, die nach Rache schrie? Was diese problematische Rache? Nichts, Nichts, Nichts. Hier ein Weib, das ihn liebte, hier Schönheit und Fülle, Unabhängigkeit und Sorglosigkeit, hier alle Instrumente zur Erzeugung seiner Stimmungen, alle Waffen für Erwerbung großer Genüsse und Er- lebnisse -- dort ein Haufen Lumpen, Schmutz, Unrath in brutaler, nackter Nüchternheit, stinkende Fäulniß, Dunst, Moder, Schweiß, Staub, Dreck -- -- und er zweifelte noch, was er wählen sollte? Er zauderte noch? Und alle Wunden, die ihm das kleine, enge, allenthalben hemmende Leben, dem er sich je und je hatte unterwerfen müssen, geschlagen und die nur ein galgenhumoristischer Leichtsinn nothdürftig hatte vernarben lassen .. sie brachen wieder auf und blu- teten in erneuter Frische. Aller Demüthigungen,
elender Mumpitz geweſen, triſtes Phraſengequatſche, fadenſcheiniges Blendwerk. Er ein ſocialer Ver- geltungsfanatiker? Es war zum Lachen, zum Todt- lachen. Er liebte die Schönheit und den Glanz, die heitere Vornehmheit und die geſchmackvolle Pracht, den verſtändnißvoll arrangirten Luxus, die beſtechende Form und den zwanglos, elegant geſammelten In- halt. Und jetzt bot ſich ihm zum letzten Male dieſes Glück an, dieſes Glück, das ſeinem Weſen und ſeiner Geſtalt nach ihm einzig congenial war. Er ſollte die Hand, die ſich ihm lockend entgegenſtreckte, zurück- weiſen, weil es eine Armuth gab, die darbte, ein Elend, das litt, eine Noth, die nach Rache ſchrie? Was ging ihn dieſe Armuth an? Was dieſes Elend? Was dieſe Noth, die nach Rache ſchrie? Was dieſe problematiſche Rache? Nichts, Nichts, Nichts. Hier ein Weib, das ihn liebte, hier Schönheit und Fülle, Unabhängigkeit und Sorgloſigkeit, hier alle Inſtrumente zur Erzeugung ſeiner Stimmungen, alle Waffen für Erwerbung großer Genüſſe und Er- lebniſſe — dort ein Haufen Lumpen, Schmutz, Unrath in brutaler, nackter Nüchternheit, ſtinkende Fäulniß, Dunſt, Moder, Schweiß, Staub, Dreck — — und er zweifelte noch, was er wählen ſollte? Er zauderte noch? Und alle Wunden, die ihm das kleine, enge, allenthalben hemmende Leben, dem er ſich je und je hatte unterwerfen müſſen, geſchlagen und die nur ein galgenhumoriſtiſcher Leichtſinn nothdürftig hatte vernarben laſſen .. ſie brachen wieder auf und blu- teten in erneuter Friſche. Aller Demüthigungen,
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elender Mumpitz geweſen, triſtes Phraſengequatſche,
fadenſcheiniges Blendwerk. Er ein ſocialer Ver-
geltungsfanatiker? Es war zum Lachen, zum Todt-
lachen. Er liebte die Schönheit und den Glanz,
die heitere Vornehmheit und die geſchmackvolle Pracht,
den verſtändnißvoll arrangirten Luxus, die beſtechende
Form und den zwanglos, elegant geſammelten In-
halt. Und jetzt bot ſich ihm zum letzten Male dieſes
Glück an, dieſes Glück, das ſeinem Weſen und ſeiner
Geſtalt nach ihm einzig congenial war. Er ſollte
die Hand, die ſich ihm lockend entgegenſtreckte, zurück-
weiſen, weil es eine Armuth gab, die darbte, ein
Elend, das litt, eine Noth, die nach Rache ſchrie?
Was ging ihn dieſe Armuth an? Was dieſes Elend?
Was dieſe Noth, die nach Rache ſchrie? Was dieſe
problematiſche Rache? Nichts, Nichts, Nichts. Hier
ein Weib, das ihn liebte, hier Schönheit und
Fülle, Unabhängigkeit und Sorgloſigkeit, hier alle
Inſtrumente zur Erzeugung ſeiner Stimmungen,
alle Waffen für Erwerbung großer Genüſſe und Er-
lebniſſe — dort ein Haufen Lumpen, Schmutz, Unrath
in brutaler, nackter Nüchternheit, ſtinkende Fäulniß,
Dunſt, Moder, Schweiß, Staub, Dreck — — und
er zweifelte noch, was er wählen ſollte? Er zauderte
noch? Und alle Wunden, die ihm das kleine, enge,
allenthalben hemmende Leben, dem er ſich je und
je hatte unterwerfen müſſen, geſchlagen und die nur
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/398>, abgerufen am 22.11.2024.
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