kleinen, vollen Hände auf Adams Schultern und sah ihm fest, klar ins Gesicht und sprach: "Ich will Dich gesund und glücklich machen, Adam. Du sollst nicht mehr suchen, Du sollst gefunden haben. Ich weiß, Du liebst Hedwig Irmer nicht. Das hast Du vorhin nur so gesagt, um -- -- ich aber liebe Dich, Adam -- bleibe bei mir. Willst Du -- ja? -- willst Du --?"
"Lydia --!"
Sie küßte ihn auf den Mund, sehr scheu, ver- schämt und hastig. "Aber jetzt geh' --" sprach sie nun -- "ich reise morgen früh gegen Elf ab -- komm nach dem Bahnhof, wenn Du kannst -- ja? Wir sehen uns bald wieder --"
Adam wandte sich langsam ab. Seine Glieder waren ihm sehr schwer, er wollte gehen.
"Ach ja! Das Geld!" rief ihn Lydia noch ein- mal zurück. Er hatte die delikate Angelegenheit allerdings ganz vergessen müssen. "Es steht Dir natürlich zur Verfügung -- sofort, wenn Du willst. Geh bitte zu meinem Banquier, Behrendt & Comp., Adalbertstr. 12 -- warte! ich schreibe ihm gleich 'n paar Worte --"
Wie gebrochen schwankte Adam eine kleine Frist später zum Zimmer hinaus. -- Hatte er das bessere Theil erwählet? -- -- --
Endlich bog er in die Straße ein, wo das Comptoir von Behrendt & Comp. lag. Langsam war er aus seinem Taumel, seiner einschnürenden Hingenommenheit und Befangenheit wieder zu sich
kleinen, vollen Hände auf Adams Schultern und ſah ihm feſt, klar ins Geſicht und ſprach: „Ich will Dich geſund und glücklich machen, Adam. Du ſollſt nicht mehr ſuchen, Du ſollſt gefunden haben. Ich weiß, Du liebſt Hedwig Irmer nicht. Das haſt Du vorhin nur ſo geſagt, um — — ich aber liebe Dich, Adam — bleibe bei mir. Willſt Du — ja? — willſt Du —?“
„Lydia —!“
Sie küßte ihn auf den Mund, ſehr ſcheu, ver- ſchämt und haſtig. „Aber jetzt geh' —“ ſprach ſie nun — „ich reiſe morgen früh gegen Elf ab — komm nach dem Bahnhof, wenn Du kannſt — ja? Wir ſehen uns bald wieder —“
Adam wandte ſich langſam ab. Seine Glieder waren ihm ſehr ſchwer, er wollte gehen.
„Ach ja! Das Geld!“ rief ihn Lydia noch ein- mal zurück. Er hatte die delikate Angelegenheit allerdings ganz vergeſſen müſſen. „Es ſteht Dir natürlich zur Verfügung — ſofort, wenn Du willſt. Geh bitte zu meinem Banquier, Behrendt & Comp., Adalbertſtr. 12 — warte! ich ſchreibe ihm gleich 'n paar Worte —“
Wie gebrochen ſchwankte Adam eine kleine Friſt ſpäter zum Zimmer hinaus. — Hatte er das beſſere Theil erwählet? — — —
Endlich bog er in die Straße ein, wo das Comptoir von Behrendt & Comp. lag. Langſam war er aus ſeinem Taumel, ſeiner einſchnürenden Hingenommenheit und Befangenheit wieder zu ſich
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kleinen, vollen Hände auf Adams Schultern und ſah
ihm feſt, klar ins Geſicht und ſprach: „Ich will
Dich geſund und glücklich machen, Adam. Du ſollſt
nicht mehr ſuchen, Du ſollſt gefunden haben. Ich
weiß, Du liebſt Hedwig Irmer nicht. Das haſt Du
vorhin nur ſo geſagt, um — — ich aber liebe
Dich, Adam — bleibe bei mir. Willſt Du — ja?
— willſt Du —?“
„Lydia —!“
Sie küßte ihn auf den Mund, ſehr ſcheu, ver-
ſchämt und haſtig. „Aber jetzt geh' —“ ſprach ſie
nun — „ich reiſe morgen früh gegen Elf ab —
komm nach dem Bahnhof, wenn Du kannſt — ja?
Wir ſehen uns bald wieder —“
Adam wandte ſich langſam ab. Seine Glieder
waren ihm ſehr ſchwer, er wollte gehen.
„Ach ja! Das Geld!“ rief ihn Lydia noch ein-
mal zurück. Er hatte die delikate Angelegenheit
allerdings ganz vergeſſen müſſen. „Es ſteht Dir
natürlich zur Verfügung — ſofort, wenn Du willſt.
Geh bitte zu meinem Banquier, Behrendt & Comp.,
Adalbertſtr. 12 — warte! ich ſchreibe ihm gleich 'n
paar Worte —“
Wie gebrochen ſchwankte Adam eine kleine Friſt
ſpäter zum Zimmer hinaus. — Hatte er das beſſere
Theil erwählet? — — —
Endlich bog er in die Straße ein, wo das
Comptoir von Behrendt & Comp. lag. Langſam
war er aus ſeinem Taumel, ſeiner einſchnürenden
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/400>, abgerufen am 22.11.2024.
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