dem wirklichen Werthe des Gegenstandes, dessen Schönheit und Vollkommenheit mich erfreut. Jst dieser Gegenstand ein verständiges, freyes und selbstthätiges Wesen, wie ich bin, so fühle ich bey dem Anblicke seiner Vorzüge, besonders, wenn sie ein wohlthätiges Verhältniß gegen mich und meine Glückseeligkeit haben, einen innern Antrieb zur Liebe, Hochachtung und Verehrung desselben, und meine natürliche Neigung, mir den Besitz immer größrer Vollkommenheiten und Güter zu verschaffen, reizt mich, nach der Ver- einigung mit ihm zu streben, und wenn ich ihm größre Vorzüge zugestehen muß, ihm ähnlich zu werden. Wirkliche Bemühungen nach diesem Endzwecke bleiben auch nicht unbelohnt. Theils belohnen sie sich schon durch die innre Zufrieden- heit, die ich darüber empfinde, wie ich mir des Gegentheils wegen selbst mißfalle, sobald ich über mich mit ernstlicher Ueberlegung nachdenke; theils belohnen sie mich durch einen wirklichen Wachs- thum meiner Vollkommenheit und Glückseelig- keit. Wie könnte es denn für meine Wohlfarth einerley seyn, ob ich mich mit der Erkenntniß des besten und herrlichsten Wesens, der ersten, ewigen und unveränderlichen Ursache alles Guten beschäff- tige oder nicht; ob ich ihn liebe und an seinen großen Eigenschafften Vergnügen empfinde oder
nicht;
dem wirklichen Werthe des Gegenſtandes, deſſen Schönheit und Vollkommenheit mich erfreut. Jſt dieſer Gegenſtand ein verſtändiges, freyes und ſelbſtthätiges Weſen, wie ich bin, ſo fühle ich bey dem Anblicke ſeiner Vorzüge, beſonders, wenn ſie ein wohlthätiges Verhältniß gegen mich und meine Glückſeeligkeit haben, einen innern Antrieb zur Liebe, Hochachtung und Verehrung deſſelben, und meine natürliche Neigung, mir den Beſitz immer größrer Vollkommenheiten und Güter zu verſchaffen, reizt mich, nach der Ver- einigung mit ihm zu ſtreben, und wenn ich ihm größre Vorzüge zugeſtehen muß, ihm ähnlich zu werden. Wirkliche Bemühungen nach dieſem Endzwecke bleiben auch nicht unbelohnt. Theils belohnen ſie ſich ſchon durch die innre Zufrieden- heit, die ich darüber empfinde, wie ich mir des Gegentheils wegen ſelbſt mißfalle, ſobald ich über mich mit ernſtlicher Ueberlegung nachdenke; theils belohnen ſie mich durch einen wirklichen Wachs- thum meiner Vollkommenheit und Glückſeelig- keit. Wie könnte es denn für meine Wohlfarth einerley ſeyn, ob ich mich mit der Erkenntniß des beſten und herrlichſten Weſens, der erſten, ewigen und unveränderlichen Urſache alles Guten beſchäff- tige oder nicht; ob ich ihn liebe und an ſeinen großen Eigenſchafften Vergnügen empfinde oder
nicht;
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dem wirklichen Werthe des Gegenſtandes, deſſen
Schönheit und Vollkommenheit mich erfreut.
Jſt dieſer Gegenſtand ein verſtändiges, freyes
und ſelbſtthätiges Weſen, wie ich bin, ſo fühle
ich bey dem Anblicke ſeiner Vorzüge, beſonders,
wenn ſie ein wohlthätiges Verhältniß gegen mich
und meine Glückſeeligkeit haben, einen innern
Antrieb zur Liebe, Hochachtung und Verehrung
deſſelben, und meine natürliche Neigung, mir
den Beſitz immer größrer Vollkommenheiten und
Güter zu verſchaffen, reizt mich, nach der Ver-
einigung mit ihm zu ſtreben, und wenn ich ihm
größre Vorzüge zugeſtehen muß, ihm ähnlich zu
werden. Wirkliche Bemühungen nach dieſem
Endzwecke bleiben auch nicht unbelohnt. Theils
belohnen ſie ſich ſchon durch die innre Zufrieden-
heit, die ich darüber empfinde, wie ich mir des
Gegentheils wegen ſelbſt mißfalle, ſobald ich über
mich mit ernſtlicher Ueberlegung nachdenke; theils
belohnen ſie mich durch einen wirklichen Wachs-
thum meiner Vollkommenheit und Glückſeelig-
keit. Wie könnte es denn für meine Wohlfarth
einerley ſeyn, ob ich mich mit der Erkenntniß des
beſten und herrlichſten Weſens, der erſten, ewigen
und unveränderlichen Urſache alles Guten beſchäff-
tige oder nicht; ob ich ihn liebe und an ſeinen
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/333>, abgerufen am 22.11.2024.
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