Tugenden und Pflichten gegen ihn, gegen mich selbst und gegen meine Nebenmenschen nenne; daß ich folglich meine Fähigkeiten dazu in Fertig- keiten zu verwandeln suchen müsse; daß ich nur durch sie den doppelten Endzweck meiner Schö- pfung, die Verherrlichung meines Urhebers und meine eigne Wohlfarth und Glückseeligkeit errei- chen und befördern könne.
Allein eben diese gewisse Erkenntniß führet mich zu der Wahrheit, daß mein Schöpfer ein Wesen sey, welches Wohlgefallen an aller Art von Tugend und Rechtschaffenheit empfinde, und unter denen, die ihre Bestimmung zu erfüllen su- chen, oder sie wider beßre Einsichten, bloß um ihre Sinne und körperlichen Begierden zu vergnü- gen, vernachläßigen, einen thätigen Unterschied machen müsse. Seine Regierung aller Dinge muß sich nach diesem Unterschiede richten; Freu- de, Ehre und Glückseeligkeit müssen allein die Tu- gend und Rechtschaffenheit begleiten, und wenn sie auch zuweilen nur unsichtbare Begleiterinnen derselben seyn; oder wenn durch zufällige Ursa- chen, oder vielmehr um höherer Endzwecke willen, ihre wohlthätigen Wirkungen auf einige Zeit auf- gehalten werden sollten: So müssen sie doch end- lich ihren Freunden in allem ihren Glanze erschei-
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Tugenden und Pflichten gegen ihn, gegen mich ſelbſt und gegen meine Nebenmenſchen nenne; daß ich folglich meine Fähigkeiten dazu in Fertig- keiten zu verwandeln ſuchen müſſe; daß ich nur durch ſie den doppelten Endzweck meiner Schö- pfung, die Verherrlichung meines Urhebers und meine eigne Wohlfarth und Glückſeeligkeit errei- chen und befördern könne.
Allein eben dieſe gewiſſe Erkenntniß führet mich zu der Wahrheit, daß mein Schöpfer ein Weſen ſey, welches Wohlgefallen an aller Art von Tugend und Rechtſchaffenheit empfinde, und unter denen, die ihre Beſtimmung zu erfüllen ſu- chen, oder ſie wider beßre Einſichten, bloß um ihre Sinne und körperlichen Begierden zu vergnü- gen, vernachläßigen, einen thätigen Unterſchied machen müſſe. Seine Regierung aller Dinge muß ſich nach dieſem Unterſchiede richten; Freu- de, Ehre und Glückſeeligkeit müſſen allein die Tu- gend und Rechtſchaffenheit begleiten, und wenn ſie auch zuweilen nur unſichtbare Begleiterinnen derſelben ſeyn; oder wenn durch zufällige Urſa- chen, oder vielmehr um höherer Endzwecke willen, ihre wohlthätigen Wirkungen auf einige Zeit auf- gehalten werden ſollten: So müſſen ſie doch end- lich ihren Freunden in allem ihren Glanze erſchei-
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Tugenden und Pflichten gegen ihn, gegen mich
ſelbſt und gegen meine Nebenmenſchen nenne;
daß ich folglich meine Fähigkeiten dazu in Fertig-
keiten zu verwandeln ſuchen müſſe; daß ich nur
durch ſie den doppelten Endzweck meiner Schö-
pfung, die Verherrlichung meines Urhebers und
meine eigne Wohlfarth und Glückſeeligkeit errei-
chen und befördern könne.
Allein eben dieſe gewiſſe Erkenntniß führet
mich zu der Wahrheit, daß mein Schöpfer ein
Weſen ſey, welches Wohlgefallen an aller Art
von Tugend und Rechtſchaffenheit empfinde, und
unter denen, die ihre Beſtimmung zu erfüllen ſu-
chen, oder ſie wider beßre Einſichten, bloß um
ihre Sinne und körperlichen Begierden zu vergnü-
gen, vernachläßigen, einen thätigen Unterſchied
machen müſſe. Seine Regierung aller Dinge
muß ſich nach dieſem Unterſchiede richten; Freu-
de, Ehre und Glückſeeligkeit müſſen allein die Tu-
gend und Rechtſchaffenheit begleiten, und wenn
ſie auch zuweilen nur unſichtbare Begleiterinnen
derſelben ſeyn; oder wenn durch zufällige Urſa-
chen, oder vielmehr um höherer Endzwecke willen,
ihre wohlthätigen Wirkungen auf einige Zeit auf-
gehalten werden ſollten: So müſſen ſie doch end-
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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