Blicke überschauen, ehe ich den großen und un- endlichen Vorzügen meines Schöpfers besondre Betrachtungen widme.
Alle Wesen, die ich durch meine Empfin- dung kenne, sind entweder Körper ohne Leben, die außer der Verschiedenheit ihres Stoffes, kei- ner andern Eigenschaften, als der Bewegung und mannichfaltigen Bildungen und Gestalten fähig sind, oder Körper, die von Seelen belebt wer- den. Die Menge der Lebendigen ist unzählbar. Nicht weniger unzählbar sind die Gattungen, von denen jede sich von der andern durch die ihr eigne Art von Empfindung, Leben und Lust un- terscheidet. Eine ist immer vollkommner als die andre; unter allen Seelen aber ist die meini- ge die edelste; keine hat gleich meinem Geiste ein Bewußtseyn ihrer selbst; keine ist der Ver- nunft, des Nachdenkens und der Ueberlegung fähig, wie er.
Diese mannichfaltigen Wesen sind nicht von sich selbst. Von mir, von unzählbaren Thieren und Körpern weiß ich die Zeit des Ursprunges; die Zeit, wo wir noch nicht waren. Alles aber, was nicht ewig, nicht von sich selbst ist; was ir- gend einmal einen Anfang seines Daseyns gehabt
hat;
Blicke überſchauen, ehe ich den großen und un- endlichen Vorzügen meines Schöpfers beſondre Betrachtungen widme.
Alle Weſen, die ich durch meine Empfin- dung kenne, ſind entweder Körper ohne Leben, die außer der Verſchiedenheit ihres Stoffes, kei- ner andern Eigenſchaften, als der Bewegung und mannichfaltigen Bildungen und Geſtalten fähig ſind, oder Körper, die von Seelen belebt wer- den. Die Menge der Lebendigen iſt unzählbar. Nicht weniger unzählbar ſind die Gattungen, von denen jede ſich von der andern durch die ihr eigne Art von Empfindung, Leben und Luſt un- terſcheidet. Eine iſt immer vollkommner als die andre; unter allen Seelen aber iſt die meini- ge die edelſte; keine hat gleich meinem Geiſte ein Bewußtſeyn ihrer ſelbſt; keine iſt der Ver- nunft, des Nachdenkens und der Ueberlegung fähig, wie er.
Dieſe mannichfaltigen Weſen ſind nicht von ſich ſelbſt. Von mir, von unzählbaren Thieren und Körpern weiß ich die Zeit des Urſprunges; die Zeit, wo wir noch nicht waren. Alles aber, was nicht ewig, nicht von ſich ſelbſt iſt; was ir- gend einmal einen Anfang ſeines Daſeyns gehabt
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Blicke überſchauen, ehe ich den großen und un-
endlichen Vorzügen meines Schöpfers beſondre
Betrachtungen widme.
Alle Weſen, die ich durch meine Empfin-
dung kenne, ſind entweder Körper ohne Leben,
die außer der Verſchiedenheit ihres Stoffes, kei-
ner andern Eigenſchaften, als der Bewegung und
mannichfaltigen Bildungen und Geſtalten fähig
ſind, oder Körper, die von Seelen belebt wer-
den. Die Menge der Lebendigen iſt unzählbar.
Nicht weniger unzählbar ſind die Gattungen,
von denen jede ſich von der andern durch die ihr
eigne Art von Empfindung, Leben und Luſt un-
terſcheidet. Eine iſt immer vollkommner als die
andre; unter allen Seelen aber iſt die meini-
ge die edelſte; keine hat gleich meinem Geiſte
ein Bewußtſeyn ihrer ſelbſt; keine iſt der Ver-
nunft, des Nachdenkens und der Ueberlegung
fähig, wie er.
Dieſe mannichfaltigen Weſen ſind nicht von
ſich ſelbſt. Von mir, von unzählbaren Thieren
und Körpern weiß ich die Zeit des Urſprunges;
die Zeit, wo wir noch nicht waren. Alles aber,
was nicht ewig, nicht von ſich ſelbſt iſt; was ir-
gend einmal einen Anfang ſeines Daſeyns gehabt
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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