wahren mir unbegreiflichen innern Verschieden- heit von einander ein einiger Gott und Herr aller Dinge sey. Dieser mein Glaube, den ich auf das unbetrügliche Wort des Unendlichen grün- de, müsse mich nur zur Anbetung des höchsten einigen wahren Gottes reizen, nicht aber zu feind- seeligen Gesinnungen und Urtheilen wider diejeni- gen, deren Erkenntnisse in dieser geheimnißvollen Lehre nicht mit meinen Vorstellungen überein- stimmen, die sich bald so ausdrücken, als wenn sie sich von der Wahrheit, daß ein einiger Gott sey, entfernten, bald so, als ob sie dem Sohne und dem heiligen Geiste eine andre Art der Gott- heit zueigneten, als dem Vater? Warum sollte ich, wenn sie zumal mit Gewissenhaftigkeit und Redlichkeit verfahren, sie hassen, oder verfolgen, und die Gemeinschaft der Liebe mit ihnen aufhe- ben, da Gott, wie er mit unvorsetzlichen Abwei- chungen unsers Herzens und unsrer Handlungen von seinem Worte Geduld hat, denen, die durch sein Evangelium seelig zu werden von Herzen wünschen, auch die unvorsetzlichen Verirrungen ihres Verstandes von seinen Wahrheiten gnädig vergeben, und keine andern ahnden wird, als diejenigen, deren sich ein Mensch wider beßre ih- nen mögliche Einsichten, aus Eitelkeit, Stolz, Partheylichkeit und andern- Leidenschaften schul-
dig
wahren mir unbegreiflichen innern Verſchieden- heit von einander ein einiger Gott und Herr aller Dinge ſey. Dieſer mein Glaube, den ich auf das unbetrügliche Wort des Unendlichen grün- de, müſſe mich nur zur Anbetung des höchſten einigen wahren Gottes reizen, nicht aber zu feind- ſeeligen Geſinnungen und Urtheilen wider diejeni- gen, deren Erkenntniſſe in dieſer geheimnißvollen Lehre nicht mit meinen Vorſtellungen überein- ſtimmen, die ſich bald ſo ausdrücken, als wenn ſie ſich von der Wahrheit, daß ein einiger Gott ſey, entfernten, bald ſo, als ob ſie dem Sohne und dem heiligen Geiſte eine andre Art der Gott- heit zueigneten, als dem Vater? Warum ſollte ich, wenn ſie zumal mit Gewiſſenhaftigkeit und Redlichkeit verfahren, ſie haſſen, oder verfolgen, und die Gemeinſchaft der Liebe mit ihnen aufhe- ben, da Gott, wie er mit unvorſetzlichen Abwei- chungen unſers Herzens und unſrer Handlungen von ſeinem Worte Geduld hat, denen, die durch ſein Evangelium ſeelig zu werden von Herzen wünſchen, auch die unvorſetzlichen Verirrungen ihres Verſtandes von ſeinen Wahrheiten gnädig vergeben, und keine andern ahnden wird, als diejenigen, deren ſich ein Menſch wider beßre ih- nen mögliche Einſichten, aus Eitelkeit, Stolz, Partheylichkeit und andern- Leidenſchaften ſchul-
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wahren mir unbegreiflichen innern Verſchieden-
heit von einander ein einiger Gott und Herr aller
Dinge ſey. Dieſer mein Glaube, den ich auf
das unbetrügliche Wort des Unendlichen grün-
de, müſſe mich nur zur Anbetung des höchſten
einigen wahren Gottes reizen, nicht aber zu feind-
ſeeligen Geſinnungen und Urtheilen wider diejeni-
gen, deren Erkenntniſſe in dieſer geheimnißvollen
Lehre nicht mit meinen Vorſtellungen überein-
ſtimmen, die ſich bald ſo ausdrücken, als wenn
ſie ſich von der Wahrheit, daß ein einiger Gott
ſey, entfernten, bald ſo, als ob ſie dem Sohne
und dem heiligen Geiſte eine andre Art der Gott-
heit zueigneten, als dem Vater? Warum ſollte
ich, wenn ſie zumal mit Gewiſſenhaftigkeit und
Redlichkeit verfahren, ſie haſſen, oder verfolgen,
und die Gemeinſchaft der Liebe mit ihnen aufhe-
ben, da Gott, wie er mit unvorſetzlichen Abwei-
chungen unſers Herzens und unſrer Handlungen
von ſeinem Worte Geduld hat, denen, die durch
ſein Evangelium ſeelig zu werden von Herzen
wünſchen, auch die unvorſetzlichen Verirrungen
ihres Verſtandes von ſeinen Wahrheiten gnädig
vergeben, und keine andern ahnden wird, als
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/370>, abgerufen am 22.11.2024.
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