Eben so wenig kann das einzige selbstständi- ge und unabhängige Wesen aufhören zu seyn. Die Ursache, warum ein Wesen aufhört, muß entweder in ihm selbst, oder in einem andern We- sen liegen. Es muß aufhören, entweder weil seine eigne Kraft zur beständigen Fortdauer nicht zureicht, oder weil sein Daseyn von einer andern ihm überlegnen Kraft aufgehoben und zernichtet wird. Kann aber die wesentliche Kraft des ein- zigen selbstständigen Wesens zur beständigen Fort- dauer erschöpft werden, oder könnte es selbststän- dig, unabhängig, ununterworfen seyn, wenn es eine ihm überlegne Gewalt außer ihm gäbe? Gott ist also ewig nicht allein ohne ein wirkliches Ende, sondern es muß sich auch ein mögliches Ende des- selben nicht einmal ohne Widerspruch denken lassen.
Gott ist das einzige nothwendige Wesen; das Wesen, das nicht anders seyn kann, als es ist und seyn wird. Was ist denn unwidersprech- licher, als der Schluß: Dasjenige, was nicht anders beschaffen seyn kann, als es beschaffen ist, kann auch keinen Anfang und kein Ende haben; in dem kann auch keine Veränderung und Ab- wechslung möglich seyn? Denn dazu gehört die
Mög-
Eben ſo wenig kann das einzige ſelbſtſtändi- ge und unabhängige Weſen aufhören zu ſeyn. Die Urſache, warum ein Weſen aufhört, muß entweder in ihm ſelbſt, oder in einem andern We- ſen liegen. Es muß aufhören, entweder weil ſeine eigne Kraft zur beſtändigen Fortdauer nicht zureicht, oder weil ſein Daſeyn von einer andern ihm überlegnen Kraft aufgehoben und zernichtet wird. Kann aber die weſentliche Kraft des ein- zigen ſelbſtſtändigen Weſens zur beſtändigen Fort- dauer erſchöpft werden, oder könnte es ſelbſtſtän- dig, unabhängig, ununterworfen ſeyn, wenn es eine ihm überlegne Gewalt außer ihm gäbe? Gott iſt alſo ewig nicht allein ohne ein wirkliches Ende, ſondern es muß ſich auch ein mögliches Ende deſ- ſelben nicht einmal ohne Widerſpruch denken laſſen.
Gott iſt das einzige nothwendige Weſen; das Weſen, das nicht anders ſeyn kann, als es iſt und ſeyn wird. Was iſt denn unwiderſprech- licher, als der Schluß: Dasjenige, was nicht anders beſchaffen ſeyn kann, als es beſchaffen iſt, kann auch keinen Anfang und kein Ende haben; in dem kann auch keine Veränderung und Ab- wechslung möglich ſeyn? Denn dazu gehört die
Mög-
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Eben ſo wenig kann das einzige ſelbſtſtändi-
ge und unabhängige Weſen aufhören zu ſeyn.
Die Urſache, warum ein Weſen aufhört, muß
entweder in ihm ſelbſt, oder in einem andern We-
ſen liegen. Es muß aufhören, entweder weil
ſeine eigne Kraft zur beſtändigen Fortdauer nicht
zureicht, oder weil ſein Daſeyn von einer andern
ihm überlegnen Kraft aufgehoben und zernichtet
wird. Kann aber die weſentliche Kraft des ein-
zigen ſelbſtſtändigen Weſens zur beſtändigen Fort-
dauer erſchöpft werden, oder könnte es ſelbſtſtän-
dig, unabhängig, ununterworfen ſeyn, wenn es
eine ihm überlegne Gewalt außer ihm gäbe? Gott
iſt alſo ewig nicht allein ohne ein wirkliches Ende,
ſondern es muß ſich auch ein mögliches Ende deſ-
ſelben nicht einmal ohne Widerſpruch denken
laſſen.
Gott iſt das einzige nothwendige Weſen;
das Weſen, das nicht anders ſeyn kann, als es
iſt und ſeyn wird. Was iſt denn unwiderſprech-
licher, als der Schluß: Dasjenige, was nicht
anders beſchaffen ſeyn kann, als es beſchaffen iſt,
kann auch keinen Anfang und kein Ende haben;
in dem kann auch keine Veränderung und Ab-
wechslung möglich ſeyn? Denn dazu gehört die
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/410>, abgerufen am 24.11.2024.
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