verwandeln wird; er aber bleibet, wie er ist, und seine Jahre nehmen kein Ende. Siehe Gott ist groß und unbekannt. Seine Jahrzahl kann niemand forschen.
Jch muß Gott als das einzige selbstständige und unabhängige, als das einzige nothwendige, als das einzige höchste und vollkommenste Wesen denken; also muß ich mir auch sein unendliches Daseyn ohne allen möglichen Anfang, und ohne alles mögliche Ende vorstellen.
Was entstanden ist, das ist nicht von sich selbst; das hat so wenig den Grund seines Da- seyns, als seines Wesens in sich selbst. Wenn es von sich selbst, und nicht durch eine frühere Ursache anfangen sollte, so müßte es eher da seyn und wirken können, als es ist. Jst dieß wider- sprechend, so kann das selbstständige Wesen, das in seinem Daseyn von keinem andern abhängt, und den Grund, warum es ist, in sich selbst ha- ben muß, keinen Anfang, auch nicht von sich selbst gehabt haben; es muß allezeit gewesen seyn, nicht allein ohne einen wirklichen Anfang, son- dern auch ohne einen möglichen Anfang; es muß im höchsten Verstande ohne Anfang ewig seyn.
Eben
verwandeln wird; er aber bleibet, wie er iſt, und ſeine Jahre nehmen kein Ende. Siehe Gott iſt groß und unbekannt. Seine Jahrzahl kann niemand forſchen.
Jch muß Gott als das einzige ſelbſtſtändige und unabhängige, als das einzige nothwendige, als das einzige höchſte und vollkommenſte Weſen denken; alſo muß ich mir auch ſein unendliches Daſeyn ohne allen möglichen Anfang, und ohne alles mögliche Ende vorſtellen.
Was entſtanden iſt, das iſt nicht von ſich ſelbſt; das hat ſo wenig den Grund ſeines Da- ſeyns, als ſeines Weſens in ſich ſelbſt. Wenn es von ſich ſelbſt, und nicht durch eine frühere Urſache anfangen ſollte, ſo müßte es eher da ſeyn und wirken können, als es iſt. Jſt dieß wider- ſprechend, ſo kann das ſelbſtſtändige Weſen, das in ſeinem Daſeyn von keinem andern abhängt, und den Grund, warum es iſt, in ſich ſelbſt ha- ben muß, keinen Anfang, auch nicht von ſich ſelbſt gehabt haben; es muß allezeit geweſen ſeyn, nicht allein ohne einen wirklichen Anfang, ſon- dern auch ohne einen möglichen Anfang; es muß im höchſten Verſtande ohne Anfang ewig ſeyn.
Eben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0409"n="395"/>
verwandeln wird; er aber bleibet, wie er iſt, und<lb/>ſeine Jahre nehmen kein Ende. <hirendition="#fr">Siehe Gott<lb/>
iſt groß und unbekannt. Seine Jahrzahl<lb/>
kann niemand forſchen.</hi></p><lb/><p>Jch muß Gott als das einzige ſelbſtſtändige<lb/>
und unabhängige, als das einzige nothwendige,<lb/>
als das einzige höchſte und vollkommenſte Weſen<lb/>
denken; alſo muß ich mir auch ſein unendliches<lb/>
Daſeyn ohne allen möglichen Anfang, und ohne<lb/>
alles mögliche Ende vorſtellen.</p><lb/><p>Was entſtanden iſt, das iſt nicht von ſich<lb/>ſelbſt; das hat ſo wenig den Grund ſeines Da-<lb/>ſeyns, als ſeines Weſens in ſich ſelbſt. Wenn<lb/>
es von ſich ſelbſt, und nicht durch eine frühere<lb/>
Urſache anfangen ſollte, ſo müßte es eher da ſeyn<lb/>
und wirken können, als es iſt. Jſt dieß wider-<lb/>ſprechend, ſo kann das ſelbſtſtändige Weſen, das<lb/>
in ſeinem Daſeyn von keinem andern abhängt,<lb/>
und den Grund, warum es iſt, in ſich ſelbſt ha-<lb/>
ben muß, keinen Anfang, auch nicht von ſich<lb/>ſelbſt gehabt haben; es muß allezeit geweſen ſeyn,<lb/>
nicht allein ohne einen wirklichen Anfang, ſon-<lb/>
dern auch ohne einen möglichen Anfang; es muß<lb/>
im höchſten Verſtande ohne Anfang ewig ſeyn.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Eben</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[395/0409]
verwandeln wird; er aber bleibet, wie er iſt, und
ſeine Jahre nehmen kein Ende. Siehe Gott
iſt groß und unbekannt. Seine Jahrzahl
kann niemand forſchen.
Jch muß Gott als das einzige ſelbſtſtändige
und unabhängige, als das einzige nothwendige,
als das einzige höchſte und vollkommenſte Weſen
denken; alſo muß ich mir auch ſein unendliches
Daſeyn ohne allen möglichen Anfang, und ohne
alles mögliche Ende vorſtellen.
Was entſtanden iſt, das iſt nicht von ſich
ſelbſt; das hat ſo wenig den Grund ſeines Da-
ſeyns, als ſeines Weſens in ſich ſelbſt. Wenn
es von ſich ſelbſt, und nicht durch eine frühere
Urſache anfangen ſollte, ſo müßte es eher da ſeyn
und wirken können, als es iſt. Jſt dieß wider-
ſprechend, ſo kann das ſelbſtſtändige Weſen, das
in ſeinem Daſeyn von keinem andern abhängt,
und den Grund, warum es iſt, in ſich ſelbſt ha-
ben muß, keinen Anfang, auch nicht von ſich
ſelbſt gehabt haben; es muß allezeit geweſen ſeyn,
nicht allein ohne einen wirklichen Anfang, ſon-
dern auch ohne einen möglichen Anfang; es muß
im höchſten Verſtande ohne Anfang ewig ſeyn.
Eben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/409>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.