Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.vergleichen, zu denen wir durch einen eignen re- gelmäßigen Gebrauch unsrer Vernunft in der Be- trachtung der Schöpfung gelangen können, zu- mal, wenn wir in dem auf uns fortgepflanzten vorgegebnen oder wahren unmittelbaren Unter- richte Gottes auf seine Werke verwiesen werden. Wir können entscheiden, ob beyde Wege uns zu einem Ziele führen; ob die Lehren der Offenba- rung mit den Lehren der Natur übereinstimmen, ob sie einander widersprechen oder einander bestä- tigen. So viel bleibet unterdeß gewiß, daß ich durch eine unmittelbare Unterweisung von Gott leichter, geschwinder und vollkommner von ihm unterrichtet werden könne, als durch meine eig- nen, mühsamen Untersuchungen, wo ich wegen der Schwachheit meiner Vernunft so leicht und so oft fehlen kann. Es liegt unstreitig auch in der Erkenntniß Ein-
vergleichen, zu denen wir durch einen eignen re- gelmäßigen Gebrauch unſrer Vernunft in der Be- trachtung der Schöpfung gelangen können, zu- mal, wenn wir in dem auf uns fortgepflanzten vorgegebnen oder wahren unmittelbaren Unter- richte Gottes auf ſeine Werke verwieſen werden. Wir können entſcheiden, ob beyde Wege uns zu einem Ziele führen; ob die Lehren der Offenba- rung mit den Lehren der Natur übereinſtimmen, ob ſie einander widerſprechen oder einander beſtä- tigen. So viel bleibet unterdeß gewiß, daß ich durch eine unmittelbare Unterweiſung von Gott leichter, geſchwinder und vollkommner von ihm unterrichtet werden könne, als durch meine eig- nen, mühſamen Unterſuchungen, wo ich wegen der Schwachheit meiner Vernunft ſo leicht und ſo oft fehlen kann. Es liegt unſtreitig auch in der Erkenntniß Ein-
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vergleichen, zu denen wir durch einen eignen re-
gelmäßigen Gebrauch unſrer Vernunft in der Be-
trachtung der Schöpfung gelangen können, zu-
mal, wenn wir in dem auf uns fortgepflanzten
vorgegebnen oder wahren unmittelbaren Unter-
richte Gottes auf ſeine Werke verwieſen werden.
Wir können entſcheiden, ob beyde Wege uns zu
einem Ziele führen; ob die Lehren der Offenba-
rung mit den Lehren der Natur übereinſtimmen,
ob ſie einander widerſprechen oder einander beſtä-
tigen. So viel bleibet unterdeß gewiß, daß ich
durch eine unmittelbare Unterweiſung von Gott
leichter, geſchwinder und vollkommner von ihm
unterrichtet werden könne, als durch meine eig-
nen, mühſamen Unterſuchungen, wo ich wegen
der Schwachheit meiner Vernunft ſo leicht und
ſo oft fehlen kann.
Es liegt unſtreitig auch in der Erkenntniß
Gottes aus einer unmittelbaren Offenbarung
von ihm ein ſtillſchweigender Schluß von der
Wirkung auf die Urſache zum Grunde, weil wir
einmal keiner anſchauenden Vorſtellung von dem
unendlichen Weſen fähig ſind. Derjenige, wel-
cher ſie zuerſt empfängt und auf andre fortpflanzt,
muß freylich urtheilen, die Erkenntniß, die ihm
Gott durch eine Erſcheinung, oder eine andre
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