Auch hier ist zuweilen das Erwünschte nicht, oder nicht sofort möglich; aber das Mögliche thut der Vater; und er muß es thun, es ist eben Pflicht, heilige Pflicht des väterlichen Berufes. Was thut Jedermann, der eine Summe Geldes bei einem An- dern stehen hat, wenn dasselbe in Gefahr ist, verloren zu gehen? Er ist darauf bedacht, er giebt sich alle mögliche Mühe, um sein Geld in Sicherheit zu brin- gen. Und wo es sich um so viel Kostbareres, um Kinder, um ihr zeitliches und ewiges Wohl handelt, sollte man es nicht so halten?
Leider wird's nur zu oft nicht also gehalten; Eltern lassen sich in dieser Hinsicht eine ganz unbegreifliche Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit zu Schulden kom- men; hintennach, wenn's zu spät ist, haben sie dann freilich unter den üblen Folgen zu leiden; ihre eigenen Söhne und Töchter sind ihre Buße; welches Herzen- leid, welche Erfahrnisse, welche Vorwürfe! Also "habet Acht auf die, über welche ihr gesetzt seid"!
c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl des Berufes.
Wir haben hier insbesondere den Sohn im Auge. Die seltenen Fälle, wo eine Tochter Beruf zum Or- densleben in sich findet, ausgenommen, werden den Töchtern für die Wahl ihres Berufes, ihrer schließ- lichen Lebensverhältnisse meistentheils die entsprechen- den Fingerzeige durch äußere Umstände nahegelegt; wir kommen darauf zurück. Zunächst denken wir also an die Söhne.
Also, was soll aus dem Kinde werden? - Soll er studiren? - Soll er ein Geschäft, irgend eine Kunst, ein Handwerk lernen? Welches? - Soll er Soldat
Auch hier ist zuweilen das Erwünschte nicht, oder nicht sofort möglich; aber das Mögliche thut der Vater; und er muß es thun, es ist eben Pflicht, heilige Pflicht des väterlichen Berufes. Was thut Jedermann, der eine Summe Geldes bei einem An- dern stehen hat, wenn dasselbe in Gefahr ist, verloren zu gehen? Er ist darauf bedacht, er giebt sich alle mögliche Mühe, um sein Geld in Sicherheit zu brin- gen. Und wo es sich um so viel Kostbareres, um Kinder, um ihr zeitliches und ewiges Wohl handelt, sollte man es nicht so halten?
Leider wird's nur zu oft nicht also gehalten; Eltern lassen sich in dieser Hinsicht eine ganz unbegreifliche Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit zu Schulden kom- men; hintennach, wenn's zu spät ist, haben sie dann freilich unter den üblen Folgen zu leiden; ihre eigenen Söhne und Töchter sind ihre Buße; welches Herzen- leid, welche Erfahrnisse, welche Vorwürfe! Also „habet Acht auf die, über welche ihr gesetzt seid“!
c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl des Berufes.
Wir haben hier insbesondere den Sohn im Auge. Die seltenen Fälle, wo eine Tochter Beruf zum Or- densleben in sich findet, ausgenommen, werden den Töchtern für die Wahl ihres Berufes, ihrer schließ- lichen Lebensverhältnisse meistentheils die entsprechen- den Fingerzeige durch äußere Umstände nahegelegt; wir kommen darauf zurück. Zunächst denken wir also an die Söhne.
Also, was soll aus dem Kinde werden? – Soll er studiren? – Soll er ein Geschäft, irgend eine Kunst, ein Handwerk lernen? Welches? – Soll er Soldat
<TEI><text><body><div><div><div><pbfacs="#f0130"xml:id="C889V3_001_1874_pb0127_0001"n="127"/><p>Auch hier ist zuweilen das Erwünschte nicht, oder<lb/>
nicht sofort möglich; aber das <hirendition="#g">Mögliche</hi> thut der<lb/>
Vater; und er muß es thun, es ist eben Pflicht,<lb/>
heilige Pflicht des väterlichen Berufes. Was thut<lb/>
Jedermann, der eine Summe Geldes bei einem An-<lb/>
dern stehen hat, wenn dasselbe in Gefahr ist, verloren<lb/>
zu gehen? Er ist darauf bedacht, er giebt sich alle<lb/>
mögliche Mühe, um sein Geld in Sicherheit zu brin-<lb/>
gen. Und wo es sich um so viel Kostbareres, um<lb/>
Kinder, um ihr zeitliches und ewiges Wohl handelt,<lb/>
sollte man es nicht so halten?</p><p>Leider wird's nur zu oft nicht also gehalten; Eltern<lb/>
lassen sich in dieser Hinsicht eine ganz unbegreifliche<lb/>
Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit zu Schulden kom-<lb/>
men; hintennach, wenn's zu spät ist, haben sie dann<lb/>
freilich unter den üblen Folgen zu leiden; ihre eigenen<lb/>
Söhne und Töchter sind ihre Buße; welches Herzen-<lb/>
leid, welche Erfahrnisse, welche Vorwürfe! Also<lb/><q>„habet Acht auf die, über welche ihr gesetzt seid“</q>!</p></div><div><headrendition="#c">c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl<lb/>
des Berufes.</head><lb/><p>Wir haben hier insbesondere den Sohn im Auge.<lb/>
Die seltenen Fälle, wo eine Tochter Beruf zum Or-<lb/>
densleben in sich findet, ausgenommen, werden den<lb/>
Töchtern für die Wahl ihres Berufes, ihrer schließ-<lb/>
lichen Lebensverhältnisse meistentheils die entsprechen-<lb/>
den Fingerzeige durch äußere Umstände nahegelegt;<lb/>
wir kommen darauf zurück. Zunächst denken wir<lb/>
also an die Söhne.</p><p>Also, was soll aus dem Kinde werden? – Soll er<lb/>
studiren? – Soll er ein Geschäft, irgend eine Kunst,<lb/>
ein Handwerk lernen? Welches? – Soll er Soldat<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[127/0130]
Auch hier ist zuweilen das Erwünschte nicht, oder
nicht sofort möglich; aber das Mögliche thut der
Vater; und er muß es thun, es ist eben Pflicht,
heilige Pflicht des väterlichen Berufes. Was thut
Jedermann, der eine Summe Geldes bei einem An-
dern stehen hat, wenn dasselbe in Gefahr ist, verloren
zu gehen? Er ist darauf bedacht, er giebt sich alle
mögliche Mühe, um sein Geld in Sicherheit zu brin-
gen. Und wo es sich um so viel Kostbareres, um
Kinder, um ihr zeitliches und ewiges Wohl handelt,
sollte man es nicht so halten?
Leider wird's nur zu oft nicht also gehalten; Eltern
lassen sich in dieser Hinsicht eine ganz unbegreifliche
Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit zu Schulden kom-
men; hintennach, wenn's zu spät ist, haben sie dann
freilich unter den üblen Folgen zu leiden; ihre eigenen
Söhne und Töchter sind ihre Buße; welches Herzen-
leid, welche Erfahrnisse, welche Vorwürfe! Also
„habet Acht auf die, über welche ihr gesetzt seid“!
c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl
des Berufes.
Wir haben hier insbesondere den Sohn im Auge.
Die seltenen Fälle, wo eine Tochter Beruf zum Or-
densleben in sich findet, ausgenommen, werden den
Töchtern für die Wahl ihres Berufes, ihrer schließ-
lichen Lebensverhältnisse meistentheils die entsprechen-
den Fingerzeige durch äußere Umstände nahegelegt;
wir kommen darauf zurück. Zunächst denken wir
also an die Söhne.
Also, was soll aus dem Kinde werden? – Soll er
studiren? – Soll er ein Geschäft, irgend eine Kunst,
ein Handwerk lernen? Welches? – Soll er Soldat
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/130>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.