Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

genusses und der wahren Lebensfreude eben darin
finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus-
schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht.
Gewöhnte man sich - meinen sie, lernte man's, die
Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise,
im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden
und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde
sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst
finden.

Aber wir wollen darüber hier nicht streiten;
wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird,
daß das doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei,
daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths-
hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf-
ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch
du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte dann Maaß
und Schranke. Das ist etwas, worin nicht mehr
Ansicht und Meinung Raum hat, das ist Pflicht
des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten,
daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse,
zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des
Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit
allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du
den unbedingt regelmäßigen, täglichen Besuch
meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes
Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das
nicht mehr über dich? - Dann sollst du dich fragen,
ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein
Wirthshausbesuch dann für dich um so bedenklicher.

Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar
zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig-
sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That
etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig

genusses und der wahren Lebensfreude eben darin
finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus-
schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht.
Gewöhnte man sich – meinen sie, lernte man's, die
Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise,
im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden
und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde
sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst
finden.

Aber wir wollen darüber hier nicht streiten;
wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird,
daß das doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei,
daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths-
hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf-
ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch
du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte dann Maaß
und Schranke. Das ist etwas, worin nicht mehr
Ansicht und Meinung Raum hat, das ist Pflicht
des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten,
daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse,
zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des
Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit
allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du
den unbedingt regelmäßigen, täglichen Besuch
meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes
Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das
nicht mehr über dich? – Dann sollst du dich fragen,
ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein
Wirthshausbesuch dann für dich um so bedenklicher.

Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar
zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig-
sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That
etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0072" xml:id="C889V3_001_1874_pb0069_0001" n="69"/>
genusses und der wahren Lebensfreude eben darin<lb/>
finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus-<lb/>
schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht.<lb/>
Gewöhnte man sich &#x2013; meinen sie, lernte man's, die<lb/>
Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise,<lb/>
im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden<lb/>
und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde<lb/>
sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst<lb/>
finden.</p>
            <p>Aber wir wollen darüber <hi rendition="#g">hier</hi> nicht streiten;<lb/>
wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird,<lb/>
daß <hi rendition="#g">das</hi> doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei,<lb/>
daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths-<lb/>
hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf-<lb/>
ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch<lb/>
du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte <hi rendition="#g">dann</hi> Maaß<lb/>
und Schranke. Das ist etwas, worin nicht mehr<lb/><hi rendition="#g">Ansicht</hi> und <hi rendition="#g">Meinung</hi> Raum hat, das ist <hi rendition="#g">Pflicht</hi><lb/>
des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten,<lb/>
daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse,<lb/>
zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des<lb/>
Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit<lb/>
allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du<lb/>
den <hi rendition="#g">unbedingt regelmäßigen</hi>, täglichen Besuch<lb/>
meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes<lb/>
Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das<lb/>
nicht mehr über dich? &#x2013; Dann sollst du dich fragen,<lb/>
ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein<lb/>
Wirthshausbesuch <hi rendition="#g">dann</hi> für dich um so bedenklicher.</p>
            <p>Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar<lb/>
zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig-<lb/>
sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That<lb/>
etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0072] genusses und der wahren Lebensfreude eben darin finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus- schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht. Gewöhnte man sich – meinen sie, lernte man's, die Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise, im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst finden. Aber wir wollen darüber hier nicht streiten; wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird, daß das doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei, daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths- hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf- ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte dann Maaß und Schranke. Das ist etwas, worin nicht mehr Ansicht und Meinung Raum hat, das ist Pflicht des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten, daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse, zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du den unbedingt regelmäßigen, täglichen Besuch meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das nicht mehr über dich? – Dann sollst du dich fragen, ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein Wirthshausbesuch dann für dich um so bedenklicher. Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig- sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/72
Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/72>, abgerufen am 22.05.2024.