Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XII. Betrachtung. schen bequemen willst, der du glaubst: Gott werdedich schon versorgen, sollte es auch auf eine ganz un- gewöhnliche Art geschehen, sollte er auch die natür- liche Einrichtung der Dinge ändern müssen. Merke dir das, der du krank liegest, und dabey keinen ge- schickten Arzt fragen, keine heilsamen Arzneymittel gebrauchen, und dich an keine regelmäßige Lebens- ordnung gewöhnen willst. Du hast, wenn du so denkest und handelst, kein wahres Vertrauen zu Gott. Denn es ist unmöglich, daß Gott deine Vermessen- heit, deinen Leichtsinn, deinen Müßiggang begünsti- gen sollte. Es ist unmöglich, daß du dich der Ver- heißungen Gottes getrösten kannst, wenn noch solche verkehrte Gesinnungen bey dir angetroffen werden. Aber wenn es dein Beruf dir zur Pflicht macht, dich gewissen unvermeidlichen Gefahren auszusetzen, wenn du aus Menschenliebe irgend eine kühne, edle, pa- triotische That verrichten willst; wenn du bey aller Sparsamkeit und Arbeitsamkeit dennoch mit Mangel und mit Sorgen der Nahrung kämpfen mußt, dann kannst du desto zuverläßiger auf den Schutz und Bey- stand, auf die Hülfe und Unterstützung Gottes hof- fen. Dann erst hast du ein völliges Recht, die Er- mahnung zu befolgen: Befiehl dem Herrn deine Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen.*) Ueberhaupt findet nie wahres Vertrauen statt, Vor- *) Ps. 37, 5.
XII. Betrachtung. ſchen bequemen willſt, der du glaubſt: Gott werdedich ſchon verſorgen, ſollte es auch auf eine ganz un- gewöhnliche Art geſchehen, ſollte er auch die natür- liche Einrichtung der Dinge ändern müſſen. Merke dir das, der du krank liegeſt, und dabey keinen ge- ſchickten Arzt fragen, keine heilſamen Arzneymittel gebrauchen, und dich an keine regelmäßige Lebens- ordnung gewöhnen willſt. Du haſt, wenn du ſo denkeſt und handelſt, kein wahres Vertrauen zu Gott. Denn es iſt unmöglich, daß Gott deine Vermeſſen- heit, deinen Leichtſinn, deinen Müßiggang begünſti- gen ſollte. Es iſt unmöglich, daß du dich der Ver- heißungen Gottes getröſten kannſt, wenn noch ſolche verkehrte Geſinnungen bey dir angetroffen werden. Aber wenn es dein Beruf dir zur Pflicht macht, dich gewiſſen unvermeidlichen Gefahren auszuſetzen, wenn du aus Menſchenliebe irgend eine kühne, edle, pa- triotiſche That verrichten willſt; wenn du bey aller Sparſamkeit und Arbeitſamkeit dennoch mit Mangel und mit Sorgen der Nahrung kämpfen mußt, dann kannſt du deſto zuverläßiger auf den Schutz und Bey- ſtand, auf die Hülfe und Unterſtützung Gottes hof- fen. Dann erſt haſt du ein völliges Recht, die Er- mahnung zu befolgen: Befiehl dem Herrn deine Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen.*) Ueberhaupt findet nie wahres Vertrauen ſtatt, Vor- *) Pſ. 37, 5.
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XII. Betrachtung.
ſchen bequemen willſt, der du glaubſt: Gott werde
dich ſchon verſorgen, ſollte es auch auf eine ganz un-
gewöhnliche Art geſchehen, ſollte er auch die natür-
liche Einrichtung der Dinge ändern müſſen. Merke
dir das, der du krank liegeſt, und dabey keinen ge-
ſchickten Arzt fragen, keine heilſamen Arzneymittel
gebrauchen, und dich an keine regelmäßige Lebens-
ordnung gewöhnen willſt. Du haſt, wenn du ſo
denkeſt und handelſt, kein wahres Vertrauen zu Gott.
Denn es iſt unmöglich, daß Gott deine Vermeſſen-
heit, deinen Leichtſinn, deinen Müßiggang begünſti-
gen ſollte. Es iſt unmöglich, daß du dich der Ver-
heißungen Gottes getröſten kannſt, wenn noch ſolche
verkehrte Geſinnungen bey dir angetroffen werden.
Aber wenn es dein Beruf dir zur Pflicht macht, dich
gewiſſen unvermeidlichen Gefahren auszuſetzen, wenn
du aus Menſchenliebe irgend eine kühne, edle, pa-
triotiſche That verrichten willſt; wenn du bey aller
Sparſamkeit und Arbeitſamkeit dennoch mit Mangel
und mit Sorgen der Nahrung kämpfen mußt, dann
kannſt du deſto zuverläßiger auf den Schutz und Bey-
ſtand, auf die Hülfe und Unterſtützung Gottes hof-
fen. Dann erſt haſt du ein völliges Recht, die Er-
mahnung zu befolgen: Befiehl dem Herrn deine
Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen. *)
Ueberhaupt findet nie wahres Vertrauen ſtatt,
wenn man nicht dabey, wie Jeſus, die göttlichen
Vor-
*) Pſ. 37, 5.
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