Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

XVII. Betrachtung.
Seele, es wurde dir leichter ums Herz, du giengst
getröstet und mit gestärktem Vertrauen in deine Woh-
nung zurück. Hier hast du gewiß mehrmals die Er-
fahrung gemacht, daß auch sinnliche Gebräuche,
wenn sie sparsam und wohlgewählt bey dem öffent-
lichen Gottesdienste angebracht werden, ein wahres
Bedürfniß für den Menschen bleiben, daher sie auch
Jesus nicht alle gradezu verwarf, er, der ein so großer
Kenner des menschlichen Herzens war. Hast du
selbst noch nicht diese Erfahrungen gemacht; werden
sie dir aber von andern bewährten Verehrern Gottes
mitgetheilt, nun so schätze den öffentlichen Gottes-
dienst als eine vorzügliche Wohlthat. Nahe dich oft
und gern zu den öffentlichen Versammlungen deiner
Mitchristen. Komm, und bete mit ihnen Gott, dei-
nen Vater im Himmel, und den er gesandt hat, Je-
sum Christum, an. Komm, und sammle hier neue
Einsichten, neue Kräfte zur Tugend; präge dir jede
Ermahnung und Warnung tief ein, und laß dir jedes
Wort gesagt seyn auf die Zeit, wenn du Beruhigung
nöthig haben solltest. Wirst du oft und mit Lust
den öffentlichen Gottesdienst abwarten: so wird er
für dich unaussprechlich gesegnet seyn. Freudig wirst
du aus dem Hause des Herrn zu deinen Geschäften
zurückkehren; willig und unverdrossen wirst du die
Pflichten deines Amts ausüben; geduldig und gelas-
sen wirst du jede Beschwerde ertragen, und mit getro-

stem

XVII. Betrachtung.
Seele, es wurde dir leichter ums Herz, du giengſt
getröſtet und mit geſtärktem Vertrauen in deine Woh-
nung zurück. Hier haſt du gewiß mehrmals die Er-
fahrung gemacht, daß auch ſinnliche Gebräuche,
wenn ſie ſparſam und wohlgewählt bey dem öffent-
lichen Gottesdienſte angebracht werden, ein wahres
Bedürfniß für den Menſchen bleiben, daher ſie auch
Jeſus nicht alle gradezu verwarf, er, der ein ſo großer
Kenner des menſchlichen Herzens war. Haſt du
ſelbſt noch nicht dieſe Erfahrungen gemacht; werden
ſie dir aber von andern bewährten Verehrern Gottes
mitgetheilt, nun ſo ſchätze den öffentlichen Gottes-
dienſt als eine vorzügliche Wohlthat. Nahe dich oft
und gern zu den öffentlichen Verſammlungen deiner
Mitchriſten. Komm, und bete mit ihnen Gott, dei-
nen Vater im Himmel, und den er geſandt hat, Je-
ſum Chriſtum, an. Komm, und ſammle hier neue
Einſichten, neue Kräfte zur Tugend; präge dir jede
Ermahnung und Warnung tief ein, und laß dir jedes
Wort geſagt ſeyn auf die Zeit, wenn du Beruhigung
nöthig haben ſollteſt. Wirſt du oft und mit Luſt
den öffentlichen Gottesdienſt abwarten: ſo wird er
für dich unausſprechlich geſegnet ſeyn. Freudig wirſt
du aus dem Hauſe des Herrn zu deinen Geſchäften
zurückkehren; willig und unverdroſſen wirſt du die
Pflichten deines Amts ausüben; geduldig und gelaſ-
ſen wirſt du jede Beſchwerde ertragen, und mit getro-

ſtem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
Seele, es wurde dir leichter ums Herz, du gieng&#x017F;t<lb/>
getrö&#x017F;tet und mit ge&#x017F;tärktem Vertrauen in deine Woh-<lb/>
nung zurück. Hier ha&#x017F;t du gewiß mehrmals die Er-<lb/>
fahrung gemacht, daß auch &#x017F;innliche Gebräuche,<lb/>
wenn &#x017F;ie <hi rendition="#fr">&#x017F;par&#x017F;am</hi> und <hi rendition="#fr">wohlgewählt</hi> bey dem öffent-<lb/>
lichen Gottesdien&#x017F;te angebracht werden, ein wahres<lb/>
Bedürfniß für den Men&#x017F;chen bleiben, daher &#x017F;ie auch<lb/>
Je&#x017F;us nicht alle gradezu verwarf, er, der ein &#x017F;o großer<lb/>
Kenner des men&#x017F;chlichen Herzens war. Ha&#x017F;t du<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t noch nicht die&#x017F;e Erfahrungen gemacht; werden<lb/>
&#x017F;ie dir aber von andern bewährten Verehrern Gottes<lb/>
mitgetheilt, nun &#x017F;o &#x017F;chätze den öffentlichen Gottes-<lb/>
dien&#x017F;t als eine vorzügliche Wohlthat. Nahe dich oft<lb/>
und gern zu den öffentlichen Ver&#x017F;ammlungen deiner<lb/>
Mitchri&#x017F;ten. Komm, und bete mit ihnen Gott, dei-<lb/>
nen Vater im Himmel, und den er ge&#x017F;andt hat, Je-<lb/>
&#x017F;um Chri&#x017F;tum, an. Komm, und &#x017F;ammle hier neue<lb/>
Ein&#x017F;ichten, neue Kräfte zur Tugend; präge dir jede<lb/>
Ermahnung und Warnung tief ein, und laß dir jedes<lb/>
Wort ge&#x017F;agt &#x017F;eyn auf die Zeit, wenn du Beruhigung<lb/>
nöthig haben &#x017F;ollte&#x017F;t. Wir&#x017F;t du oft und mit Lu&#x017F;t<lb/>
den öffentlichen Gottesdien&#x017F;t abwarten: &#x017F;o wird er<lb/>
für dich unaus&#x017F;prechlich ge&#x017F;egnet &#x017F;eyn. Freudig wir&#x017F;t<lb/>
du aus dem Hau&#x017F;e des Herrn zu deinen Ge&#x017F;chäften<lb/>
zurückkehren; willig und unverdro&#x017F;&#x017F;en wir&#x017F;t du die<lb/>
Pflichten deines Amts ausüben; geduldig und gela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wir&#x017F;t du jede Be&#x017F;chwerde ertragen, und mit getro-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0136] XVII. Betrachtung. Seele, es wurde dir leichter ums Herz, du giengſt getröſtet und mit geſtärktem Vertrauen in deine Woh- nung zurück. Hier haſt du gewiß mehrmals die Er- fahrung gemacht, daß auch ſinnliche Gebräuche, wenn ſie ſparſam und wohlgewählt bey dem öffent- lichen Gottesdienſte angebracht werden, ein wahres Bedürfniß für den Menſchen bleiben, daher ſie auch Jeſus nicht alle gradezu verwarf, er, der ein ſo großer Kenner des menſchlichen Herzens war. Haſt du ſelbſt noch nicht dieſe Erfahrungen gemacht; werden ſie dir aber von andern bewährten Verehrern Gottes mitgetheilt, nun ſo ſchätze den öffentlichen Gottes- dienſt als eine vorzügliche Wohlthat. Nahe dich oft und gern zu den öffentlichen Verſammlungen deiner Mitchriſten. Komm, und bete mit ihnen Gott, dei- nen Vater im Himmel, und den er geſandt hat, Je- ſum Chriſtum, an. Komm, und ſammle hier neue Einſichten, neue Kräfte zur Tugend; präge dir jede Ermahnung und Warnung tief ein, und laß dir jedes Wort geſagt ſeyn auf die Zeit, wenn du Beruhigung nöthig haben ſollteſt. Wirſt du oft und mit Luſt den öffentlichen Gottesdienſt abwarten: ſo wird er für dich unausſprechlich geſegnet ſeyn. Freudig wirſt du aus dem Hauſe des Herrn zu deinen Geſchäften zurückkehren; willig und unverdroſſen wirſt du die Pflichten deines Amts ausüben; geduldig und gelaſ- ſen wirſt du jede Beſchwerde ertragen, und mit getro- ſtem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/136
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/136>, abgerufen am 24.11.2024.