Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XXIII. Betrachtung. ihnen Glückseligkeit in einem hohen Grade zu geben.*)So oft nun unter seinen Zeitgenossen sich welche fan- den, die sich seiner Führung anvertrauten, die sich von ihm belehren, bessern und leiten liessen; so freu- te er sich innigst über ihren dadurch verbesserten Wohlstand. Wie sich ein Hausvater freut, wenn ihm der schöne Anblick seiner Feldfrüchte eine reichli- che Erndte verspricht, eben so freute er sich, wenn er eine Menge Menschen fand, die geneigt waren, seinen Unterricht anzunehmen. Er freute sich, wenn er so viel Kranken und Elenden helfen, wenn er ihren Wünschen zuvorkommen und mehr thun konnte, als sie verlangten. Voll inniger Freude über die gnädi- gen Anstalten Gottes zum Heil der Menschen und über die Hülfe die insbesondere den Unwissenden, den Armen und Niedrigen unter ihnen wiederfahren soll- te, richtete er seine Augen auf seine Jünger, die zu eben dieser Klasse von Menschen gehörten, freuete sich voll theilnehmender Liebe, ihres vorzüglichen Glücks, und rufte aus: Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr sehet.**) Jesus war überdies so gesellig, so menschenfreundlich, daß er selbst an eini- gen festlichen Freuden Theil nahm, und niemals stör- te er die unschuldsvollen Vergnügungen anderer durch ein mürrisches Betragen. So wie sich aber sein Herz der Freude öfnete, so oft er sahe, daß es andern wohl *) Joh. 10, 11. **) Luc. 10, 23.
XXIII. Betrachtung. ihnen Glückſeligkeit in einem hohen Grade zu geben.*)So oft nun unter ſeinen Zeitgenoſſen ſich welche fan- den, die ſich ſeiner Führung anvertrauten, die ſich von ihm belehren, beſſern und leiten lieſſen; ſo freu- te er ſich innigſt über ihren dadurch verbeſſerten Wohlſtand. Wie ſich ein Hausvater freut, wenn ihm der ſchöne Anblick ſeiner Feldfrüchte eine reichli- che Erndte verſpricht, eben ſo freute er ſich, wenn er eine Menge Menſchen fand, die geneigt waren, ſeinen Unterricht anzunehmen. Er freute ſich, wenn er ſo viel Kranken und Elenden helfen, wenn er ihren Wünſchen zuvorkommen und mehr thun konnte, als ſie verlangten. Voll inniger Freude über die gnädi- gen Anſtalten Gottes zum Heil der Menſchen und über die Hülfe die insbeſondere den Unwiſſenden, den Armen und Niedrigen unter ihnen wiederfahren ſoll- te, richtete er ſeine Augen auf ſeine Jünger, die zu eben dieſer Klaſſe von Menſchen gehörten, freuete ſich voll theilnehmender Liebe, ihres vorzüglichen Glücks, und rufte aus: Selig ſind die Augen, die da ſehen, was ihr ſehet.**) Jeſus war überdies ſo geſellig, ſo menſchenfreundlich, daß er ſelbſt an eini- gen feſtlichen Freuden Theil nahm, und niemals ſtör- te er die unſchuldsvollen Vergnügungen anderer durch ein mürriſches Betragen. So wie ſich aber ſein Herz der Freude öfnete, ſo oft er ſahe, daß es andern wohl *) Joh. 10, 11. **) Luc. 10, 23.
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XXIII. Betrachtung.
ihnen Glückſeligkeit in einem hohen Grade zu geben. *)
So oft nun unter ſeinen Zeitgenoſſen ſich welche fan-
den, die ſich ſeiner Führung anvertrauten, die ſich
von ihm belehren, beſſern und leiten lieſſen; ſo freu-
te er ſich innigſt über ihren dadurch verbeſſerten
Wohlſtand. Wie ſich ein Hausvater freut, wenn
ihm der ſchöne Anblick ſeiner Feldfrüchte eine reichli-
che Erndte verſpricht, eben ſo freute er ſich, wenn er
eine Menge Menſchen fand, die geneigt waren, ſeinen
Unterricht anzunehmen. Er freute ſich, wenn er ſo
viel Kranken und Elenden helfen, wenn er ihren
Wünſchen zuvorkommen und mehr thun konnte, als
ſie verlangten. Voll inniger Freude über die gnädi-
gen Anſtalten Gottes zum Heil der Menſchen und
über die Hülfe die insbeſondere den Unwiſſenden, den
Armen und Niedrigen unter ihnen wiederfahren ſoll-
te, richtete er ſeine Augen auf ſeine Jünger, die zu
eben dieſer Klaſſe von Menſchen gehörten, freuete
ſich voll theilnehmender Liebe, ihres vorzüglichen
Glücks, und rufte aus: Selig ſind die Augen, die
da ſehen, was ihr ſehet. **) Jeſus war überdies ſo
geſellig, ſo menſchenfreundlich, daß er ſelbſt an eini-
gen feſtlichen Freuden Theil nahm, und niemals ſtör-
te er die unſchuldsvollen Vergnügungen anderer durch
ein mürriſches Betragen. So wie ſich aber ſein
Herz der Freude öfnete, ſo oft er ſahe, daß es andern
wohl
*) Joh. 10, 11.
**) Luc. 10, 23.
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