Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XXVIII. Betrachtung. kann, das leisten, was er vermag; so wird er andernnützlich werden, und das edle Vergnügen des Wohl- thuns genießen. Kannst du also nicht allemal den Hungrigen speisen, den Durstigen tränken, den Nackten bekleiden, so kannst du doch den Bekümmer- ten Trost, den Verlegenen Rath, dem Unwissenden Unterricht ertheilen. Erlauben es deine Umstände nicht, den Kranken zu erquicken, so kannst du doch ihn pflegen und warten, oder ihm wenigstens Muth zu- sprechen. Kannst du deinem armen Freunde nicht mit Gelde helfen und dienen, so hast du vielleicht Ge- legenheit, ihn bey seiner Arbeit zu unterstützen, oder ihm Arbeit zu verschaffen, oder ihn bey andern zu empfehlen. Kannst du nicht arme verwaiste Kin- der durch Mildthätigkeit erziehen, nicht verlassene Wittwen dem Bettelstabe entreissen; hast du nicht dieser Welt Güter, mußt du zu deiner eignen Be- trübniß deinen Bruder darben sehen, so kannst du vielleicht einen Jrrenden zurechteweisen, die Unschuld und Wahrheit an den Tag bringen, und die verhüllte Bosheit entlarven. Kannst du nichts zu wohlthäti- gen, gemeinnützigen Anstalten beytragen, so kannst du Jemanden aus einer Lebensgefahr retten, oder sonst ein Unglück von ihm abwenden. Keiner also, er sey wer er wolle, darf sich beklagen, daß es ihm an Mitteln und Gelegenheit fehle, andern wohlzu- thun, so bald es ihm nur ein Ernst ist, das zu thun, was M 4
XXVIII. Betrachtung. kann, das leiſten, was er vermag; ſo wird er andernnützlich werden, und das edle Vergnügen des Wohl- thuns genießen. Kannſt du alſo nicht allemal den Hungrigen ſpeiſen, den Durſtigen tränken, den Nackten bekleiden, ſo kannſt du doch den Bekümmer- ten Troſt, den Verlegenen Rath, dem Unwiſſenden Unterricht ertheilen. Erlauben es deine Umſtände nicht, den Kranken zu erquicken, ſo kannſt du doch ihn pflegen und warten, oder ihm wenigſtens Muth zu- ſprechen. Kannſt du deinem armen Freunde nicht mit Gelde helfen und dienen, ſo haſt du vielleicht Ge- legenheit, ihn bey ſeiner Arbeit zu unterſtützen, oder ihm Arbeit zu verſchaffen, oder ihn bey andern zu empfehlen. Kannſt du nicht arme verwaiſte Kin- der durch Mildthätigkeit erziehen, nicht verlaſſene Wittwen dem Bettelſtabe entreiſſen; haſt du nicht dieſer Welt Güter, mußt du zu deiner eignen Be- trübniß deinen Bruder darben ſehen, ſo kannſt du vielleicht einen Jrrenden zurechteweiſen, die Unſchuld und Wahrheit an den Tag bringen, und die verhüllte Bosheit entlarven. Kannſt du nichts zu wohlthäti- gen, gemeinnützigen Anſtalten beytragen, ſo kannſt du Jemanden aus einer Lebensgefahr retten, oder ſonſt ein Unglück von ihm abwenden. Keiner alſo, er ſey wer er wolle, darf ſich beklagen, daß es ihm an Mitteln und Gelegenheit fehle, andern wohlzu- thun, ſo bald es ihm nur ein Ernſt iſt, das zu thun, was M 4
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XXVIII. Betrachtung.
kann, das leiſten, was er vermag; ſo wird er andern
nützlich werden, und das edle Vergnügen des Wohl-
thuns genießen. Kannſt du alſo nicht allemal den
Hungrigen ſpeiſen, den Durſtigen tränken, den
Nackten bekleiden, ſo kannſt du doch den Bekümmer-
ten Troſt, den Verlegenen Rath, dem Unwiſſenden
Unterricht ertheilen. Erlauben es deine Umſtände
nicht, den Kranken zu erquicken, ſo kannſt du doch ihn
pflegen und warten, oder ihm wenigſtens Muth zu-
ſprechen. Kannſt du deinem armen Freunde nicht
mit Gelde helfen und dienen, ſo haſt du vielleicht Ge-
legenheit, ihn bey ſeiner Arbeit zu unterſtützen,
oder ihm Arbeit zu verſchaffen, oder ihn bey andern
zu empfehlen. Kannſt du nicht arme verwaiſte Kin-
der durch Mildthätigkeit erziehen, nicht verlaſſene
Wittwen dem Bettelſtabe entreiſſen; haſt du nicht
dieſer Welt Güter, mußt du zu deiner eignen Be-
trübniß deinen Bruder darben ſehen, ſo kannſt du
vielleicht einen Jrrenden zurechteweiſen, die Unſchuld
und Wahrheit an den Tag bringen, und die verhüllte
Bosheit entlarven. Kannſt du nichts zu wohlthäti-
gen, gemeinnützigen Anſtalten beytragen, ſo kannſt
du Jemanden aus einer Lebensgefahr retten, oder
ſonſt ein Unglück von ihm abwenden. Keiner alſo,
er ſey wer er wolle, darf ſich beklagen, daß es ihm
an Mitteln und Gelegenheit fehle, andern wohlzu-
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