Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XXVIII. Betrachtung. was er in seinem jedesmaligem Stande und Berufe, sowie nach seinen Kräften thun kann; und so bald er sich nur zur Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse an- derer gewöhnen, und die Ermahnung befolgen will: dienet einander mit der Gabe, die ihr empfangen habt.*) Lerne aber auch, o Christ, wie du wahre Wohlthätigkeit nach Jesu Muster üben sollst. Laß dich nicht erst lange um Wohlthaten bitten, rücke sie Niemanden auf, sondern erleichtre durch sanfte Be- handlung dem Empfänger die traurige Nothwendig- keit, Wohlthaten anzunehmen. Sey nicht blos ge- gen deine Freunde und Wohlthäter gutgesinnt, son- dern gegen alle Menschen. Hilf und diene jedem, der Hülfe bedarf, nicht nur deinen Anverwandten und denen, die mit dir in einer engern Verbindung leben, sondern auch der Fremde, der Unbekannte müsse an dir einen Wohlthäter finden. Diene und hilf nicht nur den Wohlhabenden, der dir deine Dienstleistun- gen und Gefälligkeiten erwiedern, sondern auch dem Armen und Geringen, der dir nichts vergüten kann, und von dem du keinen Ersatz hoffen darfst. Nie mußt du Jemanden deine Hülfe, deinen Beystand versagen, weil er arm ist, weil er dich beleidiget hat, oder weil er dir das erwiesene Gute nicht wieder er- setzen kann. Laß dichs nicht befremden, wenn man auch bisweilen deine Gutherzigkeit mißbraucht; wenn bis- *) 1. Petr. 4, 10.
XXVIII. Betrachtung. was er in ſeinem jedesmaligem Stande und Berufe, ſowie nach ſeinen Kräften thun kann; und ſo bald er ſich nur zur Aufmerkſamkeit auf die Bedürfniſſe an- derer gewöhnen, und die Ermahnung befolgen will: dienet einander mit der Gabe, die ihr empfangen habt.*) Lerne aber auch, o Chriſt, wie du wahre Wohlthätigkeit nach Jeſu Muſter üben ſollſt. Laß dich nicht erſt lange um Wohlthaten bitten, rücke ſie Niemanden auf, ſondern erleichtre durch ſanfte Be- handlung dem Empfänger die traurige Nothwendig- keit, Wohlthaten anzunehmen. Sey nicht blos ge- gen deine Freunde und Wohlthäter gutgeſinnt, ſon- dern gegen alle Menſchen. Hilf und diene jedem, der Hülfe bedarf, nicht nur deinen Anverwandten und denen, die mit dir in einer engern Verbindung leben, ſondern auch der Fremde, der Unbekannte müſſe an dir einen Wohlthäter finden. Diene und hilf nicht nur den Wohlhabenden, der dir deine Dienſtleiſtun- gen und Gefälligkeiten erwiedern, ſondern auch dem Armen und Geringen, der dir nichts vergüten kann, und von dem du keinen Erſatz hoffen darfſt. Nie mußt du Jemanden deine Hülfe, deinen Beyſtand verſagen, weil er arm iſt, weil er dich beleidiget hat, oder weil er dir das erwieſene Gute nicht wieder er- ſetzen kann. Laß dichs nicht befremden, wenn man auch bisweilen deine Gutherzigkeit mißbraucht; wenn bis- *) 1. Petr. 4, 10.
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XXVIII. Betrachtung.
was er in ſeinem jedesmaligem Stande und Berufe, ſo
wie nach ſeinen Kräften thun kann; und ſo bald er
ſich nur zur Aufmerkſamkeit auf die Bedürfniſſe an-
derer gewöhnen, und die Ermahnung befolgen will:
dienet einander mit der Gabe, die ihr empfangen
habt. *) Lerne aber auch, o Chriſt, wie du wahre
Wohlthätigkeit nach Jeſu Muſter üben ſollſt. Laß
dich nicht erſt lange um Wohlthaten bitten, rücke ſie
Niemanden auf, ſondern erleichtre durch ſanfte Be-
handlung dem Empfänger die traurige Nothwendig-
keit, Wohlthaten anzunehmen. Sey nicht blos ge-
gen deine Freunde und Wohlthäter gutgeſinnt, ſon-
dern gegen alle Menſchen. Hilf und diene jedem,
der Hülfe bedarf, nicht nur deinen Anverwandten und
denen, die mit dir in einer engern Verbindung leben,
ſondern auch der Fremde, der Unbekannte müſſe an
dir einen Wohlthäter finden. Diene und hilf nicht
nur den Wohlhabenden, der dir deine Dienſtleiſtun-
gen und Gefälligkeiten erwiedern, ſondern auch dem
Armen und Geringen, der dir nichts vergüten kann,
und von dem du keinen Erſatz hoffen darfſt. Nie
mußt du Jemanden deine Hülfe, deinen Beyſtand
verſagen, weil er arm iſt, weil er dich beleidiget hat,
oder weil er dir das erwieſene Gute nicht wieder er-
ſetzen kann. Laß dichs nicht befremden, wenn man
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*) 1. Petr. 4, 10.
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