Ein weiser Mann schweiget, bis er seine Zeit ersiehet.
Ohne die Wahrheit im geringsten zu verletzen, be- obachtet Jesus mehrmals eine weise Zurückhal- tung, die in seinen Reden bald mehr, bald weniger merkbar ist, je nachdem es die jedesmaligen Umstän- de erforderten. Als er z. B. seine Jünger fragte, für wen sie ihn hielten, und als Petrus ihm gleich- sam im Namen der Uebrigen, mit seiner gewöhnli- chen lebhaften Treuherzigkeit, die Versicherung er- theilte: du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn;*) so billigte Jesus dieses Bekenntniß mit sei- nem ganzen Beyfall, und freuete sich, daß seine Jün- ger zu dieser festen Ueberzeugung gekommen waren. Allein er wollte nicht, daß sie das schon öffentlich leh- ren sollten, wovon er nur sie jetzt am stärksten zu überzeugen wünschte. Er verboth ihnen daher, es jemanden gradezu zu sagen, daß er der Meßias, der Sohn Gottes sey; ob sie gleich glauben mochten, sie thäten ihm eine Gefälligkeit, wenn sie das augenblick- lich überall bekannt machten. Und woher kam denn diese Zurückhaltung Jesu, die er hier und bey ähnli-
chen
*) Matth. 16, 13-20.
Dreyßigſte Betrachtung. Jeſu weiſe Zurückhaltung.
Sirach 20, 7.
Ein weiſer Mann ſchweiget, bis er ſeine Zeit erſiehet.
Ohne die Wahrheit im geringſten zu verletzen, be- obachtet Jeſus mehrmals eine weiſe Zurückhal- tung, die in ſeinen Reden bald mehr, bald weniger merkbar iſt, je nachdem es die jedesmaligen Umſtän- de erforderten. Als er z. B. ſeine Jünger fragte, für wen ſie ihn hielten, und als Petrus ihm gleich- ſam im Namen der Uebrigen, mit ſeiner gewöhnli- chen lebhaften Treuherzigkeit, die Verſicherung er- theilte: du biſt Chriſtus, des lebendigen Gottes Sohn;*) ſo billigte Jeſus dieſes Bekenntniß mit ſei- nem ganzen Beyfall, und freuete ſich, daß ſeine Jün- ger zu dieſer feſten Ueberzeugung gekommen waren. Allein er wollte nicht, daß ſie das ſchon öffentlich leh- ren ſollten, wovon er nur ſie jetzt am ſtärkſten zu überzeugen wünſchte. Er verboth ihnen daher, es jemanden gradezu zu ſagen, daß er der Meßias, der Sohn Gottes ſey; ob ſie gleich glauben mochten, ſie thäten ihm eine Gefälligkeit, wenn ſie das augenblick- lich überall bekannt machten. Und woher kam denn dieſe Zurückhaltung Jeſu, die er hier und bey ähnli-
chen
*) Matth. 16, 13-20.
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Dreyßigſte Betrachtung.
Jeſu weiſe Zurückhaltung.
Sirach 20, 7.
Ein weiſer Mann ſchweiget, bis er ſeine Zeit erſiehet.
Ohne die Wahrheit im geringſten zu verletzen, be-
obachtet Jeſus mehrmals eine weiſe Zurückhal-
tung, die in ſeinen Reden bald mehr, bald weniger
merkbar iſt, je nachdem es die jedesmaligen Umſtän-
de erforderten. Als er z. B. ſeine Jünger fragte,
für wen ſie ihn hielten, und als Petrus ihm gleich-
ſam im Namen der Uebrigen, mit ſeiner gewöhnli-
chen lebhaften Treuherzigkeit, die Verſicherung er-
theilte: du biſt Chriſtus, des lebendigen Gottes
Sohn; *) ſo billigte Jeſus dieſes Bekenntniß mit ſei-
nem ganzen Beyfall, und freuete ſich, daß ſeine Jün-
ger zu dieſer feſten Ueberzeugung gekommen waren.
Allein er wollte nicht, daß ſie das ſchon öffentlich leh-
ren ſollten, wovon er nur ſie jetzt am ſtärkſten zu
überzeugen wünſchte. Er verboth ihnen daher, es
jemanden gradezu zu ſagen, daß er der Meßias, der
Sohn Gottes ſey; ob ſie gleich glauben mochten, ſie
thäten ihm eine Gefälligkeit, wenn ſie das augenblick-
lich überall bekannt machten. Und woher kam denn
dieſe Zurückhaltung Jeſu, die er hier und bey ähnli-
chen
*) Matth. 16, 13-20.
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/220>, abgerufen am 21.11.2024.
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