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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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XXXII. Betrachtung.
die Friedfertigen selig preisen, wie hätte er zum Nach-
geben und zur Sanftmuth ermahnen können? denn
das sind lauter Tugenden, wodurch Uneinigkeiten
verhütet, Friede und Eintracht hingegen befördert
werden. Auch unter seinen Schülern duldete er keine
Uneinigkeit. Jeden unter ihnen entstandenen Streit
suchte er alsbald zu schlichten und ihnen diejenige Lie-
be zur Verträglichkeit einzuflößen, die ihnen zu ihrer
künftigen Amtsführung so unentbehrlich war. Als
zum Beyspiel Salome, die Mutter des Jacobus und
Johannes, Jesum auf eine sehr unüberlegte Art bat,
daß er ihren beyden Söhnen, als seinen Blutsfreun-
den, in seinem Reiche die ersten Sellen, und also den
Vorzug vor allen andern Jüngern anweisen möchte;
so wurden die übrigen Zehne unwillig über die zween
Brüder und ihre hochgehenden Absichten. Es verdroß
sie, daß diese zween allein ihnen den Vorzug und den
Vorrang im Reiche des Meßias, welches sie immer noch
falsch beurtheilten, wollten streitig machen.*) Vermuth-
lich nahm es Petrus am meisten übel, der wegen seines
Eifers und wegen seiner Thätigkeit, es jenen beyden im-
mer zuvor that, und der schon selbst einmal im Namen
der übrigen Jünger gefragt hatte: siehe, wir haben
alles verlassen, und sind dir nachgefolgt, was wird
uns dafür?
**) Kaum aber merkte Jesus den Unwil-
len seiner Jünger, den sie gegen Jacobum und Jo-

han-
*) Matth. 20, 20-28.
**) Matth. 19, 27.

XXXII. Betrachtung.
die Friedfertigen ſelig preiſen, wie hätte er zum Nach-
geben und zur Sanftmuth ermahnen können? denn
das ſind lauter Tugenden, wodurch Uneinigkeiten
verhütet, Friede und Eintracht hingegen befördert
werden. Auch unter ſeinen Schülern duldete er keine
Uneinigkeit. Jeden unter ihnen entſtandenen Streit
ſuchte er alsbald zu ſchlichten und ihnen diejenige Lie-
be zur Verträglichkeit einzuflößen, die ihnen zu ihrer
künftigen Amtsführung ſo unentbehrlich war. Als
zum Beyſpiel Salome, die Mutter des Jacobus und
Johannes, Jeſum auf eine ſehr unüberlegte Art bat,
daß er ihren beyden Söhnen, als ſeinen Blutsfreun-
den, in ſeinem Reiche die erſten Sellen, und alſo den
Vorzug vor allen andern Jüngern anweiſen möchte;
ſo wurden die übrigen Zehne unwillig über die zween
Brüder und ihre hochgehenden Abſichten. Es verdroß
ſie, daß dieſe zween allein ihnen den Vorzug und den
Vorrang im Reiche des Meßias, welches ſie immer noch
falſch beurtheilten, wollten ſtreitig machen.*) Vermuth-
lich nahm es Petrus am meiſten übel, der wegen ſeines
Eifers und wegen ſeiner Thätigkeit, es jenen beyden im-
mer zuvor that, und der ſchon ſelbſt einmal im Namen
der übrigen Jünger gefragt hatte: ſiehe, wir haben
alles verlaſſen, und ſind dir nachgefolgt, was wird
uns dafür?
**) Kaum aber merkte Jeſus den Unwil-
len ſeiner Jünger, den ſie gegen Jacobum und Jo-

han-
*) Matth. 20, 20-28.
**) Matth. 19, 27.
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[210/0236] XXXII. Betrachtung. die Friedfertigen ſelig preiſen, wie hätte er zum Nach- geben und zur Sanftmuth ermahnen können? denn das ſind lauter Tugenden, wodurch Uneinigkeiten verhütet, Friede und Eintracht hingegen befördert werden. Auch unter ſeinen Schülern duldete er keine Uneinigkeit. Jeden unter ihnen entſtandenen Streit ſuchte er alsbald zu ſchlichten und ihnen diejenige Lie- be zur Verträglichkeit einzuflößen, die ihnen zu ihrer künftigen Amtsführung ſo unentbehrlich war. Als zum Beyſpiel Salome, die Mutter des Jacobus und Johannes, Jeſum auf eine ſehr unüberlegte Art bat, daß er ihren beyden Söhnen, als ſeinen Blutsfreun- den, in ſeinem Reiche die erſten Sellen, und alſo den Vorzug vor allen andern Jüngern anweiſen möchte; ſo wurden die übrigen Zehne unwillig über die zween Brüder und ihre hochgehenden Abſichten. Es verdroß ſie, daß dieſe zween allein ihnen den Vorzug und den Vorrang im Reiche des Meßias, welches ſie immer noch falſch beurtheilten, wollten ſtreitig machen. *) Vermuth- lich nahm es Petrus am meiſten übel, der wegen ſeines Eifers und wegen ſeiner Thätigkeit, es jenen beyden im- mer zuvor that, und der ſchon ſelbſt einmal im Namen der übrigen Jünger gefragt hatte: ſiehe, wir haben alles verlaſſen, und ſind dir nachgefolgt, was wird uns dafür? **) Kaum aber merkte Jeſus den Unwil- len ſeiner Jünger, den ſie gegen Jacobum und Jo- han- *) Matth. 20, 20-28. **) Matth. 19, 27.

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/236>, abgerufen am 21.11.2024.