Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

XXXVII. Betrachtung.
Religionskenntnisse nicht erweitern und nicht berich-
tigen, sondern einen Stillestand machen, so würdest
du nach und nach wieder unwissend werden; du wür-
dest eben so thöricht handeln, als der, welcher zwar
den Grund zu einem Gebäude legt, aber alsdann den
Bau unvollendet liegen läßt. Jede Gelegenheit sey
dir daher willkommen, jede Stunde sey dir gesegnet,
wo du mehr Einsichten in diese oder jene Religions-
wahrheiten erlangen, und wo du dich im Nachden-
ken über Gott und göttliche Dinge üben kannst. Su-
che fleißig den Umgang weiser verständiger Christen,
die mehr Erkenntniß, mehr Erfahrung haben, als
du, und deren Unterredungen für dich belehrend sind.
Forsche fleißig in Gottes Wort, welches die Quelle
der christlichen Weisheit ist, und laß keinen Tag hin-
gehen, ohne etwas in diesem vortreflichen Buche ge-
lesen und darüber nachgedacht zu haben. Thust du
das, so wirst du immer einsichtsvoller werden, und
nicht nur an Alter und Jahren, sondern auch an
christlicher Erkenntniß zunehmen, mit Gott und Chri-
sto immer bekannter werden. Denn Gott und Je-
sum Christum recht kennen, ist das ewige Leben.
Drum so hilf, o Vater, daß ich dich und deinen
Sohn, meinen Heyland, immer besser kennen lerne,
gieb daß ich keine Mühe und keinen Fleiß spare, im-
mer einsichtsvoller zu werden, bis ich einst dahin kom-

me,
Q 4

XXXVII. Betrachtung.
Religionskenntniſſe nicht erweitern und nicht berich-
tigen, ſondern einen Stilleſtand machen, ſo würdeſt
du nach und nach wieder unwiſſend werden; du wür-
deſt eben ſo thöricht handeln, als der, welcher zwar
den Grund zu einem Gebäude legt, aber alsdann den
Bau unvollendet liegen läßt. Jede Gelegenheit ſey
dir daher willkommen, jede Stunde ſey dir geſegnet,
wo du mehr Einſichten in dieſe oder jene Religions-
wahrheiten erlangen, und wo du dich im Nachden-
ken über Gott und göttliche Dinge üben kannſt. Su-
che fleißig den Umgang weiſer verſtändiger Chriſten,
die mehr Erkenntniß, mehr Erfahrung haben, als
du, und deren Unterredungen für dich belehrend ſind.
Forſche fleißig in Gottes Wort, welches die Quelle
der chriſtlichen Weisheit iſt, und laß keinen Tag hin-
gehen, ohne etwas in dieſem vortreflichen Buche ge-
leſen und darüber nachgedacht zu haben. Thuſt du
das, ſo wirſt du immer einſichtsvoller werden, und
nicht nur an Alter und Jahren, ſondern auch an
chriſtlicher Erkenntniß zunehmen, mit Gott und Chri-
ſto immer bekannter werden. Denn Gott und Je-
ſum Chriſtum recht kennen, iſt das ewige Leben.
Drum ſo hilf, o Vater, daß ich dich und deinen
Sohn, meinen Heyland, immer beſſer kennen lerne,
gieb daß ich keine Mühe und keinen Fleiß ſpare, im-
mer einſichtsvoller zu werden, bis ich einſt dahin kom-

me,
Q 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0273" n="247"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XXXVII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
Religionskenntni&#x017F;&#x017F;e nicht erweitern und nicht berich-<lb/>
tigen, &#x017F;ondern einen Stille&#x017F;tand machen, &#x017F;o würde&#x017F;t<lb/>
du nach und nach wieder unwi&#x017F;&#x017F;end werden; du wür-<lb/>
de&#x017F;t eben &#x017F;o thöricht handeln, als der, welcher zwar<lb/>
den Grund zu einem Gebäude legt, aber alsdann den<lb/>
Bau unvollendet liegen läßt. Jede Gelegenheit &#x017F;ey<lb/>
dir daher willkommen, jede Stunde &#x017F;ey dir ge&#x017F;egnet,<lb/>
wo du mehr Ein&#x017F;ichten in die&#x017F;e oder jene Religions-<lb/>
wahrheiten erlangen, und wo du dich im Nachden-<lb/>
ken über Gott und göttliche Dinge üben kann&#x017F;t. Su-<lb/>
che fleißig den Umgang wei&#x017F;er ver&#x017F;tändiger Chri&#x017F;ten,<lb/>
die mehr Erkenntniß, mehr Erfahrung haben, als<lb/>
du, und deren Unterredungen für dich belehrend &#x017F;ind.<lb/>
For&#x017F;che fleißig in Gottes Wort, welches die Quelle<lb/>
der chri&#x017F;tlichen Weisheit i&#x017F;t, und laß keinen Tag hin-<lb/>
gehen, ohne etwas in die&#x017F;em vortreflichen Buche ge-<lb/>
le&#x017F;en und darüber nachgedacht zu haben. Thu&#x017F;t du<lb/>
das, &#x017F;o wir&#x017F;t du immer ein&#x017F;ichtsvoller werden, und<lb/>
nicht nur an Alter und Jahren, &#x017F;ondern auch an<lb/>
chri&#x017F;tlicher Erkenntniß zunehmen, mit Gott und Chri-<lb/>
&#x017F;to immer bekannter werden. Denn Gott und Je-<lb/>
&#x017F;um Chri&#x017F;tum recht kennen, i&#x017F;t das ewige Leben.<lb/>
Drum &#x017F;o hilf, o Vater, daß ich dich und deinen<lb/>
Sohn, meinen Heyland, immer be&#x017F;&#x017F;er kennen lerne,<lb/>
gieb daß ich keine Mühe und keinen Fleiß &#x017F;pare, im-<lb/>
mer ein&#x017F;ichtsvoller zu werden, bis ich ein&#x017F;t dahin kom-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw><fw place="bottom" type="catch">me,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0273] XXXVII. Betrachtung. Religionskenntniſſe nicht erweitern und nicht berich- tigen, ſondern einen Stilleſtand machen, ſo würdeſt du nach und nach wieder unwiſſend werden; du wür- deſt eben ſo thöricht handeln, als der, welcher zwar den Grund zu einem Gebäude legt, aber alsdann den Bau unvollendet liegen läßt. Jede Gelegenheit ſey dir daher willkommen, jede Stunde ſey dir geſegnet, wo du mehr Einſichten in dieſe oder jene Religions- wahrheiten erlangen, und wo du dich im Nachden- ken über Gott und göttliche Dinge üben kannſt. Su- che fleißig den Umgang weiſer verſtändiger Chriſten, die mehr Erkenntniß, mehr Erfahrung haben, als du, und deren Unterredungen für dich belehrend ſind. Forſche fleißig in Gottes Wort, welches die Quelle der chriſtlichen Weisheit iſt, und laß keinen Tag hin- gehen, ohne etwas in dieſem vortreflichen Buche ge- leſen und darüber nachgedacht zu haben. Thuſt du das, ſo wirſt du immer einſichtsvoller werden, und nicht nur an Alter und Jahren, ſondern auch an chriſtlicher Erkenntniß zunehmen, mit Gott und Chri- ſto immer bekannter werden. Denn Gott und Je- ſum Chriſtum recht kennen, iſt das ewige Leben. Drum ſo hilf, o Vater, daß ich dich und deinen Sohn, meinen Heyland, immer beſſer kennen lerne, gieb daß ich keine Mühe und keinen Fleiß ſpare, im- mer einſichtsvoller zu werden, bis ich einſt dahin kom- me, Q 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/273
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/273>, abgerufen am 16.07.2024.