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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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XLIV. Betrachtung.
schwere Verantwortung zu; du verwickelst dich in
viele Verdrießlichkeiten, die du dir ganz ersparen könn-
test, wenn du nur für deinen eigenthümlichen Beruf
lebtest. Bist du Kaufmann, Künstler, Handwerker
oder Oekonom, so widme dich ganz den Geschäften,
die dir obliegen; aber gieb dich nicht mit Erklärung
der Schrift ab, denn das ist nicht deine Sache. Bist
du Hausvater, so sorge für deine Frau und Kinder,
für ihren Unterhalt und für ihre Erziehung; aber
menge dich nicht in fremde Streitigkeiten und Pro-
ceßsachen; biete nicht Jedem deine Dienste und gu-
ten Rath hierinne an; dränge dich nicht zu Geschäf-
ten, die dich nichts angehen, und wovon du auch
wohl nichts verstehst. Bist du Hausfrau, die einer
Familie vorstehen soll, so betrachte die Besorgung
der häuslichen Angelegenheiten als deinen Hauptbe-
ruf. Wende aber deine meiste Zeit nicht dazu an, um
deinen Putz zu besorgen, um Gesellschaften und Ver-
gnügungen anzuordnen, um witzige Schriften zu le-
sen, und um alsdann mit einer weitläuftigen Belesen-
heit in Gesellschaft glänzen zu können. Thust du
das, giebst du dich blos mit diesen Nebendingen ab;
so handelst du unbillig und gewissenlos, und deine
häuslichen Angelegenheiten werden bald in die trau-
rigste Zerrüttung gerathen, und du wirst dir und den
deinigen viel empfindliche Leiden und manchen bittern
Gram zuziehen. Gieb dich also nie mit etwas ab,

das

XLIV. Betrachtung.
ſchwere Verantwortung zu; du verwickelſt dich in
viele Verdrießlichkeiten, die du dir ganz erſparen könn-
teſt, wenn du nur für deinen eigenthümlichen Beruf
lebteſt. Biſt du Kaufmann, Künſtler, Handwerker
oder Oekonom, ſo widme dich ganz den Geſchäften,
die dir obliegen; aber gieb dich nicht mit Erklärung
der Schrift ab, denn das iſt nicht deine Sache. Biſt
du Hausvater, ſo ſorge für deine Frau und Kinder,
für ihren Unterhalt und für ihre Erziehung; aber
menge dich nicht in fremde Streitigkeiten und Pro-
ceßſachen; biete nicht Jedem deine Dienſte und gu-
ten Rath hierinne an; dränge dich nicht zu Geſchäf-
ten, die dich nichts angehen, und wovon du auch
wohl nichts verſtehſt. Biſt du Hausfrau, die einer
Familie vorſtehen ſoll, ſo betrachte die Beſorgung
der häuslichen Angelegenheiten als deinen Hauptbe-
ruf. Wende aber deine meiſte Zeit nicht dazu an, um
deinen Putz zu beſorgen, um Geſellſchaften und Ver-
gnügungen anzuordnen, um witzige Schriften zu le-
ſen, und um alsdann mit einer weitläuftigen Beleſen-
heit in Geſellſchaft glänzen zu können. Thuſt du
das, giebſt du dich blos mit dieſen Nebendingen ab;
ſo handelſt du unbillig und gewiſſenlos, und deine
häuslichen Angelegenheiten werden bald in die trau-
rigſte Zerrüttung gerathen, und du wirſt dir und den
deinigen viel empfindliche Leiden und manchen bittern
Gram zuziehen. Gieb dich alſo nie mit etwas ab,

das
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[290/0316] XLIV. Betrachtung. ſchwere Verantwortung zu; du verwickelſt dich in viele Verdrießlichkeiten, die du dir ganz erſparen könn- teſt, wenn du nur für deinen eigenthümlichen Beruf lebteſt. Biſt du Kaufmann, Künſtler, Handwerker oder Oekonom, ſo widme dich ganz den Geſchäften, die dir obliegen; aber gieb dich nicht mit Erklärung der Schrift ab, denn das iſt nicht deine Sache. Biſt du Hausvater, ſo ſorge für deine Frau und Kinder, für ihren Unterhalt und für ihre Erziehung; aber menge dich nicht in fremde Streitigkeiten und Pro- ceßſachen; biete nicht Jedem deine Dienſte und gu- ten Rath hierinne an; dränge dich nicht zu Geſchäf- ten, die dich nichts angehen, und wovon du auch wohl nichts verſtehſt. Biſt du Hausfrau, die einer Familie vorſtehen ſoll, ſo betrachte die Beſorgung der häuslichen Angelegenheiten als deinen Hauptbe- ruf. Wende aber deine meiſte Zeit nicht dazu an, um deinen Putz zu beſorgen, um Geſellſchaften und Ver- gnügungen anzuordnen, um witzige Schriften zu le- ſen, und um alsdann mit einer weitläuftigen Beleſen- heit in Geſellſchaft glänzen zu können. Thuſt du das, giebſt du dich blos mit dieſen Nebendingen ab; ſo handelſt du unbillig und gewiſſenlos, und deine häuslichen Angelegenheiten werden bald in die trau- rigſte Zerrüttung gerathen, und du wirſt dir und den deinigen viel empfindliche Leiden und manchen bittern Gram zuziehen. Gieb dich alſo nie mit etwas ab, das

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/316>, abgerufen am 24.11.2024.