Dreyundfunfzigste Betrachtung. Jesu Verhalten bey den Versuchungen zum Bösen.
Matth. 26, 41.
Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.
Nicht umsonst sagt die heilige Schrift von Jesu: Er ist versucht allenthalben, gleich wie wir; nicht umsonst nennt sie ihn einen Hohenpriester, der Mitleiden haben kann mit unserer Schwachheit.*) Denn daraus sehen wir, daß seine Tugend unter mancherley Prüfungen ist geübt worden, daß aber auch seine frommen Neigungen so stark, so fest und überwiegend waren, daß der Sieg über das Böse nicht einen Augenblick zweifelhaft und unentschieden blieb. Kämpfen und Siegen war bey ihm unzer- trennlich verbunden. Man mag sich die Art und Weise, wie Jesus, nach der Erzählung Matthäi, vom Satan versucht wurde,**) vorstellen, wie man will, so liegen doch in dieser Geschichte folgende Wahrhei- ten: Jesus wurde auf mehr als eine Art zur Sün- de gereizt; diese Reizungen waren stark und gefähr- lich, er widerstand ihnen aber mit festem Muthe, und erhielt einen vollkommenen Sieg. Jesus Christus,
unser
*) Hebr. 4, 15. Cap. 2, 17. 18.
**) Matth. 4, 1. 11.
Dreyundfunfzigſte Betrachtung. Jeſu Verhalten bey den Verſuchungen zum Böſen.
Matth. 26, 41.
Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.
Nicht umſonſt ſagt die heilige Schrift von Jeſu: Er iſt verſucht allenthalben, gleich wie wir; nicht umſonſt nennt ſie ihn einen Hohenprieſter, der Mitleiden haben kann mit unſerer Schwachheit.*) Denn daraus ſehen wir, daß ſeine Tugend unter mancherley Prüfungen iſt geübt worden, daß aber auch ſeine frommen Neigungen ſo ſtark, ſo feſt und überwiegend waren, daß der Sieg über das Böſe nicht einen Augenblick zweifelhaft und unentſchieden blieb. Kämpfen und Siegen war bey ihm unzer- trennlich verbunden. Man mag ſich die Art und Weiſe, wie Jeſus, nach der Erzählung Matthäi, vom Satan verſucht wurde,**) vorſtellen, wie man will, ſo liegen doch in dieſer Geſchichte folgende Wahrhei- ten: Jeſus wurde auf mehr als eine Art zur Sün- de gereizt; dieſe Reizungen waren ſtark und gefähr- lich, er widerſtand ihnen aber mit feſtem Muthe, und erhielt einen vollkommenen Sieg. Jeſus Chriſtus,
unſer
*) Hebr. 4, 15. Cap. 2, 17. 18.
**) Matth. 4, 1. 11.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0374"n="348"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head>Dreyundfunfzigſte Betrachtung.<lb/>
Jeſu Verhalten bey den Verſuchungen zum<lb/>
Böſen.</head><lb/><p><hirendition="#c">Matth. 26, 41.</hi></p><lb/><p>Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.</p><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>icht umſonſt ſagt die heilige Schrift von Jeſu:<lb/><hirendition="#fr">Er iſt verſucht allenthalben, gleich wie wir;</hi><lb/>
nicht umſonſt nennt ſie ihn einen <hirendition="#fr">Hohenprieſter, der<lb/>
Mitleiden haben kann mit unſerer Schwachheit.</hi><noteplace="foot"n="*)">Hebr. 4, 15. Cap. 2, 17. 18.</note><lb/>
Denn daraus ſehen wir, daß ſeine Tugend unter<lb/>
mancherley Prüfungen iſt geübt worden, daß aber<lb/>
auch ſeine frommen Neigungen ſo ſtark, ſo feſt und<lb/>
überwiegend waren, daß der Sieg über das Böſe<lb/>
nicht einen Augenblick zweifelhaft und unentſchieden<lb/>
blieb. Kämpfen und Siegen war bey ihm unzer-<lb/>
trennlich verbunden. Man mag ſich die Art und<lb/>
Weiſe, wie Jeſus, nach der Erzählung Matthäi, vom<lb/>
Satan verſucht wurde,<noteplace="foot"n="**)">Matth. 4, 1. 11.</note> vorſtellen, wie man will,<lb/>ſo liegen doch in dieſer Geſchichte folgende Wahrhei-<lb/>
ten: Jeſus wurde auf mehr als eine Art zur Sün-<lb/>
de gereizt; dieſe Reizungen waren ſtark und gefähr-<lb/>
lich, er widerſtand ihnen aber mit feſtem Muthe, und<lb/>
erhielt einen vollkommenen Sieg. Jeſus Chriſtus,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">unſer</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[348/0374]
Dreyundfunfzigſte Betrachtung.
Jeſu Verhalten bey den Verſuchungen zum
Böſen.
Matth. 26, 41.
Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.
Nicht umſonſt ſagt die heilige Schrift von Jeſu:
Er iſt verſucht allenthalben, gleich wie wir;
nicht umſonſt nennt ſie ihn einen Hohenprieſter, der
Mitleiden haben kann mit unſerer Schwachheit. *)
Denn daraus ſehen wir, daß ſeine Tugend unter
mancherley Prüfungen iſt geübt worden, daß aber
auch ſeine frommen Neigungen ſo ſtark, ſo feſt und
überwiegend waren, daß der Sieg über das Böſe
nicht einen Augenblick zweifelhaft und unentſchieden
blieb. Kämpfen und Siegen war bey ihm unzer-
trennlich verbunden. Man mag ſich die Art und
Weiſe, wie Jeſus, nach der Erzählung Matthäi, vom
Satan verſucht wurde, **) vorſtellen, wie man will,
ſo liegen doch in dieſer Geſchichte folgende Wahrhei-
ten: Jeſus wurde auf mehr als eine Art zur Sün-
de gereizt; dieſe Reizungen waren ſtark und gefähr-
lich, er widerſtand ihnen aber mit feſtem Muthe, und
erhielt einen vollkommenen Sieg. Jeſus Chriſtus,
unſer
*) Hebr. 4, 15. Cap. 2, 17. 18.
**) Matth. 4, 1. 11.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/374>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.