Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.III. Betrachtung. in welcher nicht Jesus Muster seyn könnte. Sindwir vornehm und über andre erhaben: so können wir von ihm liebreiche Herablassung gegen unsre gerin- gern Mitbrüder und gütige Behandlung unserer Un- tergebenen lernen. Leben wir hingegen in einem niedrigen und geringen Stande: so wollen wir von ihm Zufriedenheit mit unserer Lage lernen, und daß wir auch im niedrigen Stande uns ehrwürdig ma- chen, und die Achtung unserer Mitbrüder erlangen können, so bald wir nur recht viel Gutes stiften, und uns um andere thätig verdient machen. Sind wir arm, und müssen wir in Dürftigkeit leben: so lehrt uns sein Beyspiel, daß wir Armuth nicht im- mer als eine Strafe, nicht als ein Zeichen des göttli- chen Mißfallens ansehn dürfen, und daß man bey aller Dürftigkeit dennoch zufrieden, ja sogar froh und heiter seyn könne. Sind wir Kinder: so er- muntert uns sein Exempel zum ehrerbietigen Gehor- sam gegen unsre Eltern, zur willigen Folgsamkeit gegen ihre Befehle, und zu derjenigen kindlichen Dankbarkeit, die wir ihnen, als unsern größten Wohlthätern, schuldig sind. Haben wir Feinde und Beleidiger, die unsre Ruhe stören, unser Glück un- tergraben: so sehen wir an seinem Muster, daß wir nicht Böses mit Bösem vergelten dürfen, daß wir angethane Beleidigungen großmüthig verzeihen, und daß wir durch Wohlthun und kluges Nachgeben sie zu
III. Betrachtung. in welcher nicht Jeſus Muſter ſeyn könnte. Sindwir vornehm und über andre erhaben: ſo können wir von ihm liebreiche Herablaſſung gegen unſre gerin- gern Mitbrüder und gütige Behandlung unſerer Un- tergebenen lernen. Leben wir hingegen in einem niedrigen und geringen Stande: ſo wollen wir von ihm Zufriedenheit mit unſerer Lage lernen, und daß wir auch im niedrigen Stande uns ehrwürdig ma- chen, und die Achtung unſerer Mitbrüder erlangen können, ſo bald wir nur recht viel Gutes ſtiften, und uns um andere thätig verdient machen. Sind wir arm, und müſſen wir in Dürftigkeit leben: ſo lehrt uns ſein Beyſpiel, daß wir Armuth nicht im- mer als eine Strafe, nicht als ein Zeichen des göttli- chen Mißfallens anſehn dürfen, und daß man bey aller Dürftigkeit dennoch zufrieden, ja ſogar froh und heiter ſeyn könne. Sind wir Kinder: ſo er- muntert uns ſein Exempel zum ehrerbietigen Gehor- ſam gegen unſre Eltern, zur willigen Folgſamkeit gegen ihre Befehle, und zu derjenigen kindlichen Dankbarkeit, die wir ihnen, als unſern größten Wohlthätern, ſchuldig ſind. Haben wir Feinde und Beleidiger, die unſre Ruhe ſtören, unſer Glück un- tergraben: ſo ſehen wir an ſeinem Muſter, daß wir nicht Böſes mit Böſem vergelten dürfen, daß wir angethane Beleidigungen großmüthig verzeihen, und daß wir durch Wohlthun und kluges Nachgeben ſie zu
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III. Betrachtung.
in welcher nicht Jeſus Muſter ſeyn könnte. Sind
wir vornehm und über andre erhaben: ſo können wir
von ihm liebreiche Herablaſſung gegen unſre gerin-
gern Mitbrüder und gütige Behandlung unſerer Un-
tergebenen lernen. Leben wir hingegen in einem
niedrigen und geringen Stande: ſo wollen wir von
ihm Zufriedenheit mit unſerer Lage lernen, und daß
wir auch im niedrigen Stande uns ehrwürdig ma-
chen, und die Achtung unſerer Mitbrüder erlangen
können, ſo bald wir nur recht viel Gutes ſtiften,
und uns um andere thätig verdient machen. Sind
wir arm, und müſſen wir in Dürftigkeit leben: ſo
lehrt uns ſein Beyſpiel, daß wir Armuth nicht im-
mer als eine Strafe, nicht als ein Zeichen des göttli-
chen Mißfallens anſehn dürfen, und daß man bey
aller Dürftigkeit dennoch zufrieden, ja ſogar froh
und heiter ſeyn könne. Sind wir Kinder: ſo er-
muntert uns ſein Exempel zum ehrerbietigen Gehor-
ſam gegen unſre Eltern, zur willigen Folgſamkeit
gegen ihre Befehle, und zu derjenigen kindlichen
Dankbarkeit, die wir ihnen, als unſern größten
Wohlthätern, ſchuldig ſind. Haben wir Feinde und
Beleidiger, die unſre Ruhe ſtören, unſer Glück un-
tergraben: ſo ſehen wir an ſeinem Muſter, daß wir
nicht Böſes mit Böſem vergelten dürfen, daß wir
angethane Beleidigungen großmüthig verzeihen, und
daß wir durch Wohlthun und kluges Nachgeben ſie
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